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André Fischer: Hilft dem Gedächtnis auf die Sprünge

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Will den positiven Effekt von Gehirnjogging gezielt durch Therapie auslösen: Axel Fischer. Quelle: Fischer

27.09.2011  - 

André Fischer ist Experte für die neurodegenerative Erkrankung Alzheimer. Vom US-aemerikanischen Massachusetts Institute for Technology wechselte er 2007 nach Niedersachsen, wo er heute am Göttinger Standort des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) arbeitet. Das DZNE ist eines der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, die vom BMBF initiiert wurden. Fischer ergründet die Mechansimen der Gedächtnisleistung anhand von Mäusen. So fand er schon 2007 heraus, dass gezieltes Training auch bereits beschädigte Gehirne wieder leistungsfähig machen kann. Vor kurzem hat er nun die zentrale Rolle einer microRNA bei der Alzheimer-Erkrankung nachgewiesen. Das kleine Protein könnte ein Ansatzpunkt für Medikamente sein.


 

"Eine mikro-RNA reguliert die Produktion von schätzungsweise 300-400 Proteinen. Wir sehen diese Molekülklasse als eine Art Schalter, um die Zellen koordiniert von einem Zustand in einen anderen zu bringen", sagt Fischer. In Maus-Modellen der Alzheimer-Erkrankung, so zeigten die Forscher im EMBO Journal (Online-Vorabveröffentlichung, 23. September 2011), liegt zu viel der micro-RNA "miRNA 34c" vor, während eine Herabsenkung der RNA die Lernfähigkeit der Mäuse wieder steigern kann. Fischer arbeitete mit früheren Kollegen aus dem European Neuroscience Institute Göttingen zusammen, aber auch mit Forschern des DZNE-Standorts München sowie aus der Schweiz, den USA und Brasilien."Wir vermuten, dass Mikro-RNA 34c gebraucht wird, um viele Genprodukte, die beim Lernen eingeschaltet werden, wieder abzuschalten", so Fischer.

Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkankungen

Das DZNE nahm als eines der ersten Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung schon 2009 seine Arbeit auf. 2011 waren dann die Standorte für alle sechs Zentren festgelegt.

Mehr Informationen zu den Zentren der Gesundheitsforschung: hier klicken

Zu viel miRNA 34c würde dann zu einer Lernblockade führen – und genau dies zeigte sich in Experimenten. Wird der miRNA 34c-Pegel in normalen Mäusen künstlich angehoben, führt dies zu Gedächtnisstörungen bei den Tieren. Zum anderen, so zeigten Fischer und seine Kollegen, lässt sich durch ein Herabsetzen des miRNA 34c-Pegels die Lernfähigkeit in den Mausmodellen der Alzheimer-Erkrankung und in alten Mäusen wieder normalisieren. "Neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer gehen mit vielen Faktoren einher. Wir hoffen, mit miRNA 34c einen der wichtigen Vermittler der Pathogenese getroffen zu haben", sagt Fischer, "Micro-RNA 34c wäre damit ein guter Kandidat für die Entwicklung von Medikamenten gegen Alzheimer".

Als Andre Fischer 2007 aus den USA nach Deutschland zurückkam, hatte der damals 33-jährige Alzheimer-Experte schon für Aufsehen in der Fachwelt gesorgt. Ihm war es gelungen, einen epigenetischen Mechanismus für die positive Wirkung von Gehirnjogging zu identifizieren und ihn bei Mäusen gezielt zu aktivieren. Bald nach der Ankunft wurde er dafür mit dem European Young Investigator Award (EURYI) ausgezeichnet, der ihm 5 Millionen Euro für den Ausbau seiner Arbeitsgruppe bescherte.

European Young Investigator Award (EURYI)
In vier Runden wurde der EURYI bisher von der European Science Foundation und den European Heads of Research Councils gemeinsam an herausragende europäische Nachwuchswissenschaftler vergeben. 2007 ging der Preis an insgesamt zwanzig Forscher und wurde damit zum letzten Mal verliehen. Mehr Informationen

Dem Gehirnjogging auf der Spur

Als Leiter der Nachwuchsforschergruppe für "Alterungsprozesse und Kognitive Erkrankungen" am European Institute for Neuroscience (ENI) konnte Fischer an Mäusen zeigen, dass bereits verlorene Erinnerungen wieder zugänglich werden, wenn man den Tieren die Möglichkeit der geistigen und körperlichen Betätigung gibt – sie also kurz gesagt „Gehirnjogging“ machen lässt. Fischer beschrieb im Fachblatt Nature  (Vol. 447, P. 178-82), dass hier die Epigenetik und der mit ihr verknüpfte Prozess der Histon-Acetylierung verantwortlich ist. Offenbar werden viele Gene, die für neuronale Funktionen wichtig sind, durch Histon-Acetylierung aktivieren. Histone sind eine Stützstruktur für das Erbgut. Bei einer Acetylierung werden wiederum an diese Histone Essigsäurereste angehängt und dieser Mechanismus hat offenbar eine Auswirkung auf die Genaktivität. Ein Enzym namens Histondeacetylase (HDAC) hebt diese aktivierende Wirkung wieder auf, beobachtete Fischer. Die Injektion von Substanzen, die HDAC blockieren, hat in der Maus offenbar die gleiche Wirkung wie „Gehirnjogging“. „Mit unserem Ansatz hat man eventuell erstmals wirklich etwas in der Hand“ hoffte Fischer noch 2007. Aus den klinischen Studien, die ermit zwei bereits auf dem Markt befindlichen HDAC-Blockern plante, ist allerdings nicht geworden.

European Neuroscience Institute
Das ENI in Göttingen ist ein im Jahr 2000 gestartetes Kooperationsprojekt zwischen der Universität Göttingen und der Max-Planck-Gesellschaft, das eng mit dem Pharmakonzern Schering zusammenarbeitet. 2006 wurde  das 18-Millionen-Euro-teure Neubaugebäude eingeweiht. Inzwischen ist das ENI-G Teil eines europäischen Netzwerks und Teil des Göttinger vom BMBF-geförderten Bernstein-Zentrums für Computational Neurosciences. Mehr Informationen

Rückkehr nach Deutschland positiv bewertet

Seine Rückkehr nach Deutschland bedauert der Ehemann und Vater nicht. Als er 2003 als Postdoc von Göttingen nach Harvard ging, „gab es noch keine Perspektive hier. Es gab keine Nachwuchsförderung in dem Sinne. Das hat sich jetzt aber geändert“, erzählt Fischer. Das Angebot, am Pilotprojekt ENI in Göttingen zu arbeiten, war ein wichtiger Anreiz. „Die Arbeitsbedingungen sind mit Harvard vergleichbar, und es gab keinen Professor, der uns sagt, was wir machen sollen“. Für ihn ist es auch eine politische Entscheidung: „Ich finde es einfach unfair, wenn die besten nach Amerika gehen und bleiben, und Deutschland blutet aus.“ Trotzdem war es eine „einigermaßen schwierige Entscheidung“ erinnert sich Fischer. Familiäre Gründe, z.B. in Form einer sechsjährigen Tochter, hat es auch, dass für „irgendwelche Hobbies“ wie Klavier- oder Gitarrespielen, eigentlich nicht mehr viel Zeit bleibt. Forschung und Familie weiß Fischer aber durchaus zu verbinden: „Als Kleinkind war meine Tochter auf jeder SfN (Society for Neuroscience)-Konferenz dabei, die stattfand“, erzählt er stolz.


Autoren des Textes: Miriam Ruhenstroth/Christoph Mayerl

 

Epigenetik

Das europäische Epigenetik-Exzellenz-Netzwerk

Seit 2004 existiert das europäische Epigenetik-Exzellenznetzwerk, in dem sich eine Vielzahl von Experten auf diesem Gebiet zusammengeschlossen haben. Auf einem Webportal berichten sie in verschiedenen Sprachen leicht verständlich über die Hintergründe dieser Forschungsrichtung.
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