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Pharmaindustrie im Umbruch: Von Produkten zu Lösungen

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Wie umgehen mit stetig sinkenden Börsenkursen? Darüber diskutierten die Branchenexperten Anfang Oktober in Berlin. Quelle: biotechnologie.de

07.10.2011  - 

Der Börsenwert der globalen Pharma- und Biotech-Unternehmen hat sich in den vergangenen zehn Jahren halbiert. Seit dem Jahr 2001 haben sich damit 700 Mrd. US-$ an Marktkapitalisierung in Luft aufgelöst. Diese Entwicklung wurde nun mit rund 100 Experten aus der Wirtschaft auf dem Jahrestreffen der Alumni der Insead Business School Anfang Oktober in Berlin diskutiert. Fazit: Die Branche ist bescheidener geworden, sucht nach neuen Strategien und setzt sich neue Ziele. Dabei geht es vor allem um eines: überhaupt noch kontinuierliches Wachstum zu erzielen. Das soll mit ganzheitlichen Lösungen statt mit isolierten Produkten geschehen.

David-Alexandre Gros, beim französischen Pharmariesen Sanofi für die Strategieentwicklung zuständig, ist sich sicher: In Zukunft werde es nicht mehr darum gehen, mit Spitzenraten zu glänzen, sondern stetiges Wachstum zu erzielen. „Die Art, wie wir unser Geschäft betreiben, wird sich ändern“, so der Pharmaexperte.

Bedingt wird das zum einen durch die stagnierenden Märkte in entwickelten Ländern. Die traditionellen Absatzgebiete der Pharmaindustrie schöpfen zunehmend das Einsparpotential im Gesundheitssektor aus. Gleichzeitig verschiebt sich der globale Wohlstand auf der Welt. Durch steigende Vermögen in Schwellenländern wie Brasilien, Russland, Indien und China verlieren die Märkte in Europa, Nordamerika und Japan global gesehen an Bedeutung.

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Herausforderung: Neue Kunden in Schwellenländern

Auf die Pharmakonzerne warten neue Herausforderungen. Innovation könnte zukünftig bedeuten, preiswertere Produkte für neuen Kunden in den Schwellenländern zu entwickeln. „Einen neuen Impfstoff zum Preis von 1 US-$ pro Dosis auf den Markt zu bringen, ist eine Herausforderung“, sagte Gros. Die meisten Pharmavertreter gehen daher davon aus, dass sich in den neuen Märkten nicht die gleichen Gewinnmargen erwirtschaften lassen wie in den traditionellen Märkten. Aber auch hier will die Industrie nicht so weitermachen wie bisher. In Japan sowie den Ländern in Europa und Nordamerika gelte es vor allem, ganzheitliche Lösungen anstelle von isolierten Produkten auf den Markt zu bringen. Pharmazie, Biotechnologie, Medizintechnik und Elemente der modernen Kommunikation wachsen zusammen. Als Beispiel nannte Gros ein von Sanofi entwickeltes Blutzuckermessgerät. Das ist in der Lage, nach der Messung die Werte direkt an den Injektionspen weiterzugeben. Die richtige Dosis kann dann ohne aufwendige Berechnung gespritzt werden. Hilfe leistet zudem das iPhone. Über eine Schnittstelle werden die Daten mithilfe einer speziell entwickelten Applikation gespeichert. So ist eine Verlaufskontrolle möglich. „Es geht nicht darum, neue Produkte zu entwickeln, sondern wirkliche Lösungen zu bieten“, resümierte Gros in Berlin. 

Kontinuierliches Wachstum statt Jagd nach Spitzenumsätzen. Diesen Strategiewechsel wollen Experten ausgemacht haben.Lightbox-Link
Kontinuierliches Wachstum statt Jagd nach Spitzenumsätzen. Diesen Strategiewechsel wollen Experten ausgemacht haben.Quelle: biotechnologie.de

Mega-Merger rechnen sich nicht

Seine Ansicht teilen viele Branchenvertreter – das wurde in Berlin deutlich. Und sie sehen sogar Einsparpotential. Derzeit gibt die Pharmabranche rund 2,5mal so viel für das Marketing eines Präparates aus wie für dessen Entwicklung. „Wirklich überzeugende Produkte haben das gar nicht nötig“, findet Harald Stock, Chef der deutschen Grünenthal-Gruppe. Als Aufsichtsrat der Biotech-Firmen Immatics GmbH oder der Paion AG kennt er auch die Sichtweise der Biotechnologie-Unternehmen. Sie müssten sich nach neuen Partnerschaftsmodellen umsehen. Den einfachen Deal „Produkt gegen Geld“ gebe es auch heute kaum noch. Zukünftig würden komplexere Modelle dominieren, in denen sich Pharmakonzerne zunächst ein Vorkaufsrecht sicherten oder nachgelagert Prämien für erreichte Ziele bezahlten. Das Ende des Übernahme-Hypes der Pharmaindustrie prophezeit auch Andreas Krebs, Aufsichtsratschef des deutschen Familienunternehmens Merz in Frankfurt. So habe Pfizer in seiner Geschichte mehr als 200 Mrd. US-$ für den Kauf von Konkurrenten ausgegeben. Die aktuelle Marktkapitalisierung des Konzerns liegt bei 142 Mrd. US-$. Für Krebs ein klarer Beweis dafür, dass sich „Mega-Merger“ heute nicht mehr rechnen.

Die Zukunft der Industrie liegt für ihn in der personalisierten Medizin, also der zielgerichteten Verabreichung von speziell auf den Patienten zugeschnittenen Medikamenten. Laut einer Statistik wirkten Krebspräparate heute nur bei durchschnittlich 22% der Patienten. Im Einsatzgebiet Alzheimer sieht es mit 28% wenig besser aus. Hier gebe es Nachholbedarf und Raum für wirklich neue Produkte, die aber auch sicher sein müssen. Am besten schnitten in der Erhebung sogenannte COX-2-Inhibitoren ab, die als Entzündungshemmer verwendet werden. Sie wirken – gänzlich unpersonalisiert – bei annähernd 80% aller Patienten. Nachdem jedoch bei einigen Präparaten starke Nebenwirkungen aufgetreten waren, wurde der Einsatz des einstigen Wundermittels stark eingeschränkt,. Das wiederum hat die Gewinne einiger Pharmakonzerne wie Merck & Co stark einbrechen lassen. "Profitabilität ist ohnehin der falsche Ansatz. In Zukunft werden die langfritistigen Firmenwerte immer stärker zählen", bilanzierte Krebs.

© biotechnologie.de/pd
 

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