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Dirk Linke: Wand an Wand mit dem Feind

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Linke fand heraus, dass der Cholera-Impfstoff in gewissem Umfang auch gegen Bakterienstämme des Escherichia-coli (ETEC) wirkt. Quelle: J. Abendroth / Max-Planck Institut für Entwicklungsbiologie Tübingen

16.08.2011  - 

Der Erstkontakt erfolgt über die Zellwand: Oberflächenproteine von Bakterien sind entscheidend dafür, dass sich die Prokaryonten an ihre potenziellen Wirte anheften können. Am Tübinger Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie erforscht Dirk Linke deswegen die Zellwand von Enterobakterien, eine Bakterien-Familie, zu welcher viele Krankheitserreger wie Salmonella oder Escherichia coli gehören. Der Biochemiker will wissen, wie die Proteine die Bakterien einerseits schützen und sie ihnen gleichzeitig Zugang zu Wirtszellen verschaffen. Dieses Wissen soll helfen, pathogene Bakterien gezielter bekämpfen zu können.

„Die Zellwand dient nicht nur als äußeres Schutzschild, sondern auch als Mittler mit der Umwelt“, erklärt Dirk Linke. Sie besteht aus verschiedenen Kohlenhydraten, Lipiden und Proteinen - Biochemiker Linke interessiert sich vor allem für die Eiweiße. „Unter den Proteinen sind die Adhäsine eine Art Klebstoff, die es dem Bakterium ermöglichen, an einen Wirt anzuhaften“, so Linke. Alternativ dazu können sie auch aneinander haften und so einen Biofilm bilden, der zum Beispiel für das Immunsystem des Wirtes nur schwer zu durchdringen ist.

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Oberflächenproteine als Erkennungszeichen

„Oberflächenproteine sind das Erste, was andere Organismen von einem Bakterium wahrnehmen“, so Linke. Das mache sie zu idealen Kandidaten, um neue Impfstoffe zu entwickeln, denn diese müssen die Bakterien ja auch irgendwie erkennen. Die Idee für sein prominentestes Projekt in diesem Bereich verdankt Dirk Linke einer Reise nach Indien: Er wollte einen alten Studienkollegen besuchen und ließ sich vor seiner Abreise wie empfohlen gegen diverse Krankheiten impfen. Allein auf die Impfung gegen Cholera verzichtete er, das Risiko sei nicht besonders groß, hatte ihm der Arzt erklärt. Erst als er auf seiner Reise mit heftigem Reisedurchfall darnieder lag, erinnerte er sich an einen Nebensatz des Arztes: Der Impfstoff wirke nicht nur gegen Cholera, sondern auch gegen Reisediarrhoe. Im Krankenbett ärgerte sich Linke, auf die Impfung verzichtet zu haben, und beschloss, der Doppelwirkung des Impfstoffes nachzugehen.

Linke kennt sich mit vielen analytischen Methoden aus. Lightbox-Link
Linke kennt sich mit vielen analytischen Methoden aus. Quelle: J. Abendroth / MPI für Entwicklungsbiologie/biologische Kybernetik
 

Kreuzreaktionen gezielt suchen

Linke fand heraus, dass der Cholera-Impfstoff in gewissem Umfang auch gegen Bakterienstämme des Escherichia-coli (ETEC) wirkt, die zu den häufigsten Erregern eines akuten Reisedurchfalls gehören. „Dass der Cholera-Impfstoff dieses breite Wirkspektrum hat, wurde aber praktisch nur per Zufall entdeckt“, so Linke. Der Grund liegt in der strukturellen Verwandtschaft des Cholera-Toxins mit einem der ETEC-Toxine. Diese zufällige Kreuzreaktion brachte den Wissenschaftler auf die Idee, den Spieß einfach umzudrehen: „Wir suchen nun nach Strukturen, die verwandte Bakterien auf ihrer Oberfläche gemeinsam haben“, so Linke. So ließen sich gezielt neue Impfstoffe suchen.

Wissen, wen man fragen muss

Proteine in Zellwänden und Membranen ziehen sich wie ein roter Faden durch die Forschungskarriere von Dirk Linke, dabei verschob sich sein Fokus mit der Zeit von der Biologie hin zur Medizin: Während seiner Promotion an der Technischen Universität Berlin untersuchte er zunächst die Oberflächenmoleküle in den Zellen von Pflanzen, erst mit dem Wechsel ans Tübinger Max-Planck-Institut spezialisierte er sich auf Bakterien.

Analyse der Oberflächenproteine von Bakterien.Lightbox-Link
Analyse der Oberflächenproteine von Bakterien.Quelle: J. Abendroth; MPI für Entwicklungsbiologie/biologische Kybernetik
„Meine Stärke besteht darin, dass ich zwar mit den Membranproteinen auf ein Thema spezialisiert bin, mich aber gleichzeitig mit vielen Methoden auskenne.“ Manchmal reicht das Methodenwissen seiner Arbeitsgruppe nicht aus, aber dann kann er auf die Hilfe seiner Kooperationspartner zurückgreifen. Der Tübinger Standort biete dafür ein ideales wissenschaftliches Umfeld, betont der Forscher. So ist Linkes Arbeitsgruppe zum Beispiel eingebunden in den Tübinger Sonderforschungsbereich SFB 766, ein interdisziplinäres Netzwerk zur Erforschung der Zellwände von Bakterien. „Es herrscht eine sehr kooperative Atmosphäre unter den Wissenschaftlern hier.“

Tübinger Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie

Die Wissenschaftler erforschen die Entwicklung des Lebens, von den ersten einfachen Proteinen bis zur heutigen Artenvielfalt.

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Der Methodenmix macht's

So nutzt der habilitierte Biochemiker die Bioinformatik, um die Sequenzen von Bakterien zu vergleichen und auf diese Weise mögliche Verwandtschaften herauszufinden. Biotechnologische Methoden ermöglichen es ihm, die Adhäsine der Bakterien nach bestimmten Vorgaben zu manipulieren, um dann im Reagenzglas deren unterschiedliche Wirkung zu testen. Sein Wissen aus der Strukturbiologie und biophysikalische Methoden nutzt er schließlich dafür, der Struktur der Proteine genauer auf die Spur zu kommen. Am Ende steht dann idealer Weise ein komplettes Bild: Studien über die funktionale Wirkung der Proteine und strukturelle Informationen über ihren Aufbau. „Ziel ist es, die Proteine so zu zerlegen, dass wir sie dann komplett verstehen.“ Um diesem Ziel auch bei der verbesserten Suche nach Impfstoffen näherzukommen, braucht es noch Zeit und Geld: Derzeit bemüht sich Linke, um weitere Forschungsgelder für diesen Bereich.

Autorin: Ute Zauft

 

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