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Die größten Entdeckungen 2010

Leipziger Paläogenetiker haben aus Neandertaler-Knochen genügend Erbinformation isoliert, um das Genom des menschlichen Vettern zu entziffern. Für das Fachmagazin Science eines der Top-Ereignisse der Forschung 2010. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Leipziger Paläogenetiker haben aus Neandertaler-Knochen genügend Erbinformation isoliert, um das Genom des menschlichen Vettern zu entziffern. Für das Fachmagazin Science eines der Top-Ereignisse der Forschung 2010. Quelle: MPI-EVA Leipzig

30.12.2010  - 

Die Redaktionen der renommierten Fachjournale Science und Nature präsentieren traditionell zum Jahresende ihre Höhepunkte der Forschung. Gekürt werden die Veröffentlichungen, die die Naturwissenschaften bedeutende Schritte nach vorne gebracht haben. Die Mehrzahl der gefeierten Entdeckungen betreffen die Lebenswissenschaften. Für Science gehören die Analyse des Neandertaler-Genoms, Bakterien mit synthetischem Erbgut und ein verbessertes Rezept für die Gewinnung von Stammzellen zu den Durchbrüchen in 2010. Nature kürte die Optogenetik zur Methode des vergangenen Jahres. Auch deutsche Forscher hatten Anteil an den Top-Resultaten.

 

Die Science-Bestenliste der zehn bedeutendsten Forschungserfolge krönt eine Glanzleistung aus der Physik, die Quantenmaschine. Unter den neun „Runner up“ sind dafür jedoch gleich acht Top-Ergebnisse aus den Lebenswissenschaften:

Neandertaler-Genom und synthetisches Erbgut

Als Meilenstein der Biotechnologie würdigt Science das erste synthetisch zusammengebaute Erbgut. Ein Team um den Genforscher Craig Venter hatte aus im Labor hergestellten Erbgutschnipseln ein komplettes Bakteriengenom zusammengesetzt. In einem zweiten Schritt hatte Venters Team das synthetische Genom erfolgreich in ein Bakterium verpflanzt (mehr...). Zwar hat Venter nach Meinung von Experten damit zwar kein künstliches Leben geschaffen.

Im Auge des Fortschritts: Die Kultur der Bakterien mit dem von Craig Venter und seinem Team erschaffenen künstlichen Genom von M. mycoides erscheint blau. Lightbox-Link
Im Auge des Fortschritts: Die Kultur der Bakterien mit dem von Craig Venter und seinem Team erschaffenen künstlichen Genom von M. mycoides erscheint blau. Quelle: JVCI
Unbestritten zählt Venters 40 Millionen Dollar schweres Forschungsergebnis aber zu einer der Pionierleistungen der Synthetischen Biologie. Der Erfolg soll helfen, die Produktion von Biotreibstoffen und maßgeschneiderten Medikamenten voranzutreiben. Auch deutsche Labors hatten Anteil an Venters halbkünstlicher Mikrobe: Die deutsche DNA-Synthese-Firma Geneart lieferte den US-Forschern Erbgut-Abschnitte für ihre Bastelarbeiten.

Die Entzifferung von Erbgutsequenzen ist dank technischer Fortschritte zur Routine geworden. Ultraschnelle Sequenziergeräte spuckten in diesem Jahr enorme Mengen an bedeutenden Erbinformationen aus.

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Für Science besonders spektakulär waren dabei die Arbeiten aus den Paläogenetik-Labors des Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig. Forscher um Svante Pääbo hatten aus den verwitterten Knochen von drei weiblichen Neandertalern Erbgut isoliert und entziffert (mehr...). So gelang es, zwei Drittel des Neandertaler-Genoms zu rekonstruieren. Ergebnis: Europäer und Asiaten haben ein bis vier Prozent ihrer Gene vom Neandertaler geerbt.

Genomanalysen fördern wertvolle Informationen zutage

Zu weiteren Meilensteinen der modernen Genomforschung zählen die Science-Autoren die ersten Ergebnisse aus dem 1000-Genome-Projekt, die im Herbst veröffentlicht wurden. Humangenom-Experten in Berlin, Heidelberg und Kiel sind an dem Mammut-Vorhaben, der kompletten Entschlüsselung von 2500 humanen Genomen, beteiligt (mehr...).

Nach Ansicht von Science hat die sogenannte Exom-Sequenzierung den Humangenetikern ein vielversprechendes Verfahren an die Hand geliefert, mit dem sich die genetischen Ursachen von seltenen, erblichen Krankheiten aufspüren lassen.

Mit Hilfe synthetischer RNA-Moleküle ist es US-Forschern gelungen, Hautzellen in den Alleskönner-Zustand zurückzuprogrammieren. Damit bringen sie die iPS-Technik einen entscheidenden Schritt voran. Lightbox-Link
Mit Hilfe synthetischer RNA-Moleküle ist es US-Forschern gelungen, Hautzellen in den Alleskönner-Zustand zurückzuprogrammieren. Daraus ließen sich Muskelzellen züchten (Bild). Quelle: Derrick Rossi/Cell Stem Cell
Dabei wird nur der Teil der Erbinformation entziffert, der im Genom tatsächlich die Bauanleitung für Proteine enthält. Das Exom umfasst ein Prozent des Erbguts. Drei weitere Durchbrüche hat es 2010 in der Biomedizin gegeben. Zum Beispiel Stammzellforschung: US-Wissenschaftlern gelang es, die Rezeptur für die Reprogrammierung von Körperzellen in vielseitige Stammzellen entscheidend zu verbessern. Für diese Prozedur hatten sie erstmals künstliche RNA-Moleküle eingesetzt (mehr...). Diese machen die Gewinnung von induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) offenbar schonender und sicherer.

Ratte als genetisches Modelltier

Aus Forschersicht war 2010 auch das Jahr der Ratte. Molekularbiologen ist es nämlich erstmals gelungen, bei den Nagern einzelne Gene gezielt stillzulegen. Bislang wird die „knock-out“-Technologie nur bei Mäusen erfolgreich angewandt, um zum Beispiel Krankheitsmodelle herzustellen. Doch Ratten ähneln in ihrer Physiologie mehr dem Menschen als Mäuse. Nach viel Vorarbeit haben unter anderem auch Forscher in Deutschland zuverlässige Techniken entwickelt, um k.o.-Ratten zu erzeugen (mehr...). Nach Ansicht von Science wird damit die Ratte künftig als  bevorzugter Modellorganismus Einzug in die Labors halten. Einen medizinischen Hoffnungsschimmer gibt es bei der Vorbeugung gegen Infektionen mit dem Aidserreger HIV. Ein prophylaktisches Vaginal-Gel (mehr...) und eine allerdings noch sehr teure Pille namens Truvada verringern klinischen Studien zufolge das Infektionsrisiko um ein Drittel bis fast auf die Hälfte.

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Lichtgesteuerte Schalter für Zellbiologen

Das Fachjournal Nature hat sich für 2010 auf die Auswahl der wichtigsten Wissenschaftsnachrichten und der beliebtesten eigenen Artikel beschränkt. Die Schwesterzeitschrift Nature Methods kürte indes die „Optogenetik“ zur Methode des Jahres 2010. Dieses Verfahren macht sich lichtempfindliche Schalter-Proteine zunutze, um mit deren Hilfe das Verhalten von Zellen präzise von außen zu steuern. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die noch junge Optogenetik die Neurowissenschaften und die Zellbiologie revolutionieren wird. Die Disziplin ist innerhalb weniger Jahre zu einem boomenden Forschungszweig geworden, an dem auch deutsche Molekularbiologen wie Peter Hegemann und Andreas Möglich teilhaben (mehr auf biotechnologie.tv: hier klicken). Die Nature-Redakteure sind sich sicher: Der Optogenetik steht eine leuchtende Zukunft bevor. Auch 2011 wird die Methode weiter für Schlagzeilen sorgen.

 

Mit diesem Rückblick verabschiedet sich die Redaktion von biotechnologie.de für dieses Jahr. Am 3. Januar 2011 melden wir uns wieder zurück mit allerlei Wissenswertem über die Biotechnologie in Deutschland. Bis dahin: Kommen Sie gut ins Neue Jahr!

 

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