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Pioniertat in Heidelberg: 25 Jahre Blutstammzell-Transplantation

Knochenmark mit roten Blutzellen. Vor 25 Jahren hatten Heidelberger Mediziner erstmals mittels Medikamenten die Blutstammzellen aus dem Knochenmark geschwemmt und diese Krebspatienten transplantiert. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Knochenmark mit roten Blutzellen. Vor 25 Jahren hatten Heidelberger Mediziner erstmals mittels Medikamenten die Blutstammzellen aus dem Knochenmark geschwemmt und diese Krebspatienten transplantiert.

19.11.2010  - 

Die Stammzellforschung hat in den letzten Jahren rasante Fortschritte erzielt. Doch bisher haben es Mediziner nur in sehr wenigen Fällen geschafft, mithilfe von Stammzellen auch tatsächlich bestimmte Leiden zu kurieren. Eine echte Ausnahme und Vorreiter ist die Blutstammzell-Transplantation. Vor 25 Jahren wurde dieses Verfahren in Heidelberg erstmals bei einem Patienten mit Erfolg ausprobiert. Mittlerweile ist die Methode bei der Behandlung von akuten Leukämien nicht mehr wegzudenken. Rund 320 Patienten profitieren jährlich von der Therapie. Bei anderen Stammzelltherapien, etwa bei der Behandlung von Herzleiden oder Wundheilungsstörungen, wird nach Ansicht von Experten hingegen noch einige Zeit vergehen, bis diese reif für die Klinik sind.

Ende der 1950er Jahre sorgten die US-Mediziner Edward Donnall Thomas und  Joseph Edward Murray mit der ersten Knochenmarkstransplantation für Furore. In den frühen 1980er Jahren fasste dieser Eingriff in den europäischen Kliniken Fuß. Das Prinzip: Krebspatienten wird vor einer intensiven Chemo- oder Strahlentherapie Knochenmark entnommen. Es enthält ein Gemisch aus Stamm- und Vorläuferzellen für das Blut- und das Immunsystem. Nach der zerstörerischen Chemotherapie werden die körpereigenen Zellen dem Patienten wieder übertragen, so wird wieder ein neues Knochenmark angesät. Die Transplantations-Pioniere erhielten dafür 1990 den Medizinnobelpreis.

Blutstammzell-Transplantion

Hintergrundinfos zur Transplantation von Blutstammzellen finden Sie beim Krebsinformationsdienst des DKFZ in Heidelberg: hier klicken

Stammzellen aus dem Knochenmark ins Blut gelockt

Bei Lymphdrüsenkrebs-Patient Sebastian Gärtner kam 1985 jedoch eine Knochenmarkstransplantation nicht in Frage. Die Ärzte der Medizinischen Universitätsklinik in Heidelberg suchten in seinem Fall nach einer Alternative und  wagten sich in medizinisches Neuland vor: Sie wollten bei Gärtner erstmals Stammzellen aus dem zirkulierenden Blut gewinnen und nur diese transplantieren. Dem damaligen Heidelberger Professor Martin Körbling war es zuvor in Tierversuchen bereits gelungen, die begehrten Blutstammzellen durch eine Art Blutwäsche zu gewinnen.  „Dazu mussten wir die Stammzellen im Knochenmark mit Medikamenten mobilisieren und ins Blut locken“, erläuterte Antony Ho, heute Ärztlicher Direktor der Abteilung Hämatologie, Onkologie und Rheumatologie der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg an die damalige Zeit, kürzlich bei einer Fachtagung in Berlin. Sind die Stammzellen erst einmal ins Blut übergetreten, so können Ärzte sie wie bei einer Blutspende entnehmen und herausfiltern. Überträgt man die Zellen den Patienten nach der Chemotherapie per Bluttransfusion, nisten sie sich selbständig in sogenannten Nischen im Knochenmark ein, vermehren sich und starten die Blutbildung von Neuem.

Körpereigene oder körperfremde Zellen transplantiert

Dass Sebastian Gärtner dazu beitrug, Medizingeschichte zu schreiben, war ihm 1985 gar nicht bewusst: „Ja, ich war der Erste, der sich sozusagen mit seinen eigenen Stammzellen geheilt hat, wobei mir aber gar nicht klar war, dass die Ärzte mit mir Neuland betreten wollten“, erinnert sich der inzwischen pensionierte Fahrlehrer heute. Seine Blutbildung erholte sich innerhalb von zehn Tagen – drei bis vier Wochen hätte es nach einer Knochenmarktransplantation gedauert. Bis heute ist er wohlauf.

Blutstammzellen gewinnen

Blutstammzellen lassen sich auf zwei Wegen gewinnen. Entweder wird Knochenmark entnommen und die darin befindlichen Blutstammzellen herausgefiltert. Oder man lockt die Blutstammzellen mit Hilfe von Wachstumsfaktoren ins Blut und kann sie wie bei einer Blutspende "abzapfen".

Mit dreihundert Blutstammzell-Transplantationen jährlich hat sich Heidelberg zu einem der größten Transplantationszentren für Blutstammzellen in Deutschland entwickelt. Es werden jedoch nicht nur körpereigene Stammzellen transplantiert (autologe Transplantation). Seit 1997 werden in jedem dritten Fall auch Blutstammzellen geeigneter Geschwister- oder Fremdspender (allogene Transplantation) übertragen. Für Patienten mit Leukämien, Lymphdrüsenkrebs, Knochenmarkkrebs und anderen Krebsarten ist diese Therapie häufig die einzige Chance auf Heilung. Um die Suche nach Stammzellspendern zu beschleunigen, wurde vor knapp zehn Jahren der Heidelberger Stammzellspender Register (HSR) aufgebaut. Mittlerweile sind mehr als 50.000 potentielle Spender darin verzeichnet.

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Behandlung birgt immer noch viele Risiken

Warum die Therapie bisher nicht noch breiter eingesetzt wird, liegt an der immer noch heiklen Folgen. „Die Behandlung birgt immer noch viele Risiken“, sagt Ho. So dauert es einige Zeit, bis sich das Immunsystem nach der Transplantation aufbaut. Bei Fremdspendern müssen die Transplanteure zudem das entstehende Immunsystem abdämpfen, um gefürchtete Abstoßungen zu verhindern. „Ein medizinischer Drahtseilakt“, fasst Ho zusammen.

Auch wenn es die Blutstammzelltransplantation bereits in die Klinik geschafft hat, so gibt es für Biomediziner noch viele Rätsel zu lösen. „Wir wollen das Verhalten von Blutstammzellen besser verstehen“, sagt Ho. In seiner Heidelberger Arbeitsgruppe untersuchen die Mitarbeiter etwa die vielfältigen Wege, über die adulten Blutstammzellen mit ihrer Umgebung im Knochenmark kommunizieren. „Nischenzellen im Knochenmark sind so etwas wie die Geburtshelfer für die Selbsterneuerung der Stammzellen“, erläutert Ho. Die Forscher untersuchen deshalb genau, welche Rolle etwa Zell-Zell-Kontakte bei der Kommunikation in der Blutstammzellnische spielen. Diese Erkenntnisse sollen künftig dabei helfen, Blutstammzellen auch gezielt im Labor zu vermehren.

Weitere Stammzelltherapien noch weit weg vom klinischen Alltag

Von den Fortschritten in der Blutstammzelltherapie sind andere Stammzellforscher noch weit entfernt. Bei anderen Leiden steckt die Kur mit Stammzellen noch mitten in der klinischen Forschungsphase. Wissenschaftler und Ärzte und warnen deshalb vor unseriösen Angeboten für Stammzelltherapien, die nur all zu oft auch zu Todensfällen führen, wie erst jüngst in Düsseldorf wieder geschehen (mehr...). In der Wissenschaft wird derweil fieberhaft an klinisch validierten Therapien gearbeitet. Eine erste klinische Studie mit embryonalen Stammzellen zur Behandlung von Querschnittslähmung läuft derzeit unter Federführung der US-amerikanischen Firma Geron. Fortgeschrittener sind indes Therapieansätze mit adulten Stammzellen. Bei der Behandlung von Herzinfarkt-Patienten mithilfe von adulten Stammzellen aus dem Knochenmark sind Studien-Ergebnisse aus deutschen Kliniken ermutigend (mehr...). "Die Stammzellen wirken hier aber wohl eher anregend auf die Selbstheilungskräfte des Körpers. Sie ersetzen das Gewebe nicht", fasste  Stammzellexperte  Jürgen Hescheler von der Universität Köln kürzlich bei der Tagung der Gesellschaft für Regenerative Medizin in Berlin zusammen. Der Neurophysiologe sieht in embryonalen und insbesondere den derzeit vielbeachteten induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) großes Potenzial für die Zellersatztherapie. Auch Anthony Ho betont die Bedeutung von pluripotenten Zellen für die Regenerative Medizin.  Die Forschung der letzten zehn Jahre habe gezeigt, dass adulte Stammzellen nicht - wie einst erhofft - eine gleichwertige Alternative zu den embryonalen Stammzellen seien. Eine parallele Forschung mit beiden Zelltypen sei deshalb weiterhin nötig. "Der Weg zum Krankenhaus ist hier aber noch sehr lang", betont Ho.

 

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