Altersschwache Eiweißstützen sorgen für Chromsomendefekte
10.09.2010 -
Forscher der Technischen Universität Dresden haben eine Hauptursache für viele embryonale Chromosomendefekte ermittelt. Die Molekularbiologen um Rolf Jessberger am Institut für Physiologische Chemie der Medizinischen Fakultät untersuchten Eiweiße, die im Zellkern eine wichtige Aufgabe erfüllen. Sie halten die Chromosomen am richtigen Platz. Je älter die Zelle ist, desto häufiger kommt es offenbar zu Ausfällen bei diesen Proteinen. Bei Eizellen von Frauen ist das besonders fatal. Sie entstehen ganz zu Beginn des Lebens und werden nicht mehr erneuert. Damit erklärt sich das mit dem Alter der Mütter dramatisch steigende Risiko embryonaler Chromosomendefekte, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt Current Biology (Online-Veröffentlichung, 2. September 2010).
Ein neues menschliches Leben entsteht, wenn sich die Keimzellen des Mannes und der Frau vereinigen. Während bei Männern im Laufe des Lebens ständig neue Spermien entstehen, ist das bei Frauen anders. Ihre Eizellen werden sämtlich noch im embryonalen Stadium gebildet, nach der Geburt kommen keine neuen hinzu. Das heißt, Eizellen sind schon recht betagt, wenn sie einmal befruchtet werden. Normalerweise ist das kein Problem. Doch ab einem gewissen Alter funktionieren viele Zellen nicht mehr richtig.
Durchschnittsalter in der Schwangerschaft steigt
Mit zunehmendem Alter der Frau und damit der Eizellen steigt das Risiko von Erbkrankheiten wie dem Down-Syndrom sprunghaft an: Im Alter von 40 Jahren liegen bei mehr als einem Drittel aller Schwangerschaften embryonale Chromosomendefekte vor. Insbesondere Aneuploidien – also die fehlerhafte Verteilung von Chromosomen bei der Eizellbildung und daher falsche Anzahl von Chromosomen in den Eizellen – sind sehr häufig. Hierzu zählt auch die Trisomie 21. Da das Durchschnittsalter in der Schwangerschaft seit Jahrzehnten kontinuierlich steigt, häufen sich derartige Defekte.
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Woran das liegt, haben die Dresdner Wissenschaftler um Rolf Jessberger nun herausgefunden. Entscheidend sind Bindeproteine, sogenannte Cohesine, die im Kern der Eizelle vorkommen. Die Cohesine halten die Chromosomenpaare in der richtigen Position – und das über Jahrzehnte. Die richtige Position der Chromosomenpaare ist bedeutend. Ein Durcheinander kann schwere Schäden verursachen. Vor wenigen Jahren konnten die Dresdner Forscher bereits nachweisen, dass bei einem Mangel an Cohesin in Mäusen ein dem Menschen sehr ähnlicher Anstieg an Chromosomenfehlverteilungen auftritt.
Verhindern, dass die Chromosomen auseinanderfallen
Mit zunehmendem Alter wird nun die Wirkung des Cohesins schwächer, wie die Wissenschaftler feststellten. Beispielsweise verschwinden Cohesinschutzproteine, wie in Kooperation mit einer Arbeitsgruppe der University of Newcastle, England, gezeigt wurde. Das seinerseits ungeschützte Cohesin wird nach und nach abgebaut und kann dann nicht mehr verhindern, dass die Chromosomenpaare auseinanderfallen. Gleichzeitig haben sich die Forscher gefragt, wie man den Zerfall verhindern kann. Ob etwa ein kontinuierliches Nachtanken mit Cohesin-Proteinen hilft, ist derzeit noch fraglich. In der Natur ist das eigentlich nicht vorgesehen. Bei Mäusen jedenfalls reichen die während der Emryonalentwicklung entstandenen Cohesine problemlos aus, um die Eizellen ein Mäuseleben lang in Form zu halten. Sie werden im Gegensatz zum Menschen allerdings auch selten älter als drei Jahre.