Genome von Weizen und Apfel geknackt
02.09.2010 -
Dank moderner Turbo-Sequenzierverfahren knacken Forscher immer mehr Genome wichtiger Nutzpflanzen. Nun ist es britischen Wissenschaftlern gelungen, das gigantische Erbgut von Weizen nahezu vollständig zu entschlüsseln. Ihr Wissen um die ungefähre Abfolge der einzelnen Erbgutbausteine des Getreides wollen die Forscher nun Züchtern zugänglich machen. So sollen noch leistungsfähigere Weizensorten entstehen. Ein italienisch-amerikanisches Team hat das Genom der Apfel-Sorte „Golden Delicious“ entziffert. Wie sie im Fachjournal Nature Genetics (29. August 2010, Online Veröffentlichung) berichten, sollen die gewonnenen Details künftig in krankheitsresistenten und schmackhaften neuen Sorten münden.
Weizen ist neben Reis und Mais die bedeutendste Nutzpflanze der Welt. 550 Millionen Tonnen Weizen werden jährlich geerntet. So wichtig Weizen für die Welternährung ist, für Pflanzengenetiker ist das Getreide eine harte Nuß, denn das Erbgut hat gigantische Ausmaße und ist recht komplex aufgebaut. Mit 16 Milliarden DNA-Bausteinen (16 Mbp) ist die Erbinformation etwa fünfmal so groß wie das menschliche Genom. Wegen seines sperrigen Erbguts ist die Züchtungsforschung bei Weizen deshalb noch lange nicht soweit wie bei anderen Nutzpflanzen. Doch dank moderner Sequenziermethoden der neuen Generation (next generation sequencing) ist es nun einem britischen Forscherteam gelungen, das Mega-Genom von Weizen zu entziffern. Damit knüpfen die Forscher an die Entschlüsselung des Süßgrases namens Zwenke an, die so etwas wie die kleine Verwandte von Weizen ist (mehr...).
Rohentwurf des Weizengenoms ist öffentlich
Das UK-Weizengenomprojekt wurden vom britischen Biotechnology and Biological Sciences Research Council (BBSRC) finanziert. Beteiligt waren Forscher um Neil Hall von der University of Liverpool sowie Pflanzenforscher der Universitäten Bristol und vom John-Innes-Centre in Norwich. Zwar haben die Forscher nun einen Rohentwurf mit etwa 95 Prozent des Weizengenoms öffentlich zugänglich gemacht, allerdings wurde noch keine vollständige Analyse in einer Fachzeitschrift publiziert. Nach Angaben der Forscher wird es auch noch einige Zeit dauern, bis aus den vorliegenden Daten verwertbare Rückschlüsse möglich werden. Stellvertretend für alle Weizenarten hatten die Wissenschaftler den Saat-Weizen (Triticum aestivum), und hier die Sorte Chinese Spring Line 42 für ihre Forschungen gewählt. Diese zählt zu den am häufigsten angebauten Sorten. Die ermittelten Daten werden inbesondere Pflanzenzüchter interessieren, glaubt Neil Hall: „Die nun zusammengetragenen Informationen werden von unschätzbarem Wert sein, um den weltweiten Nahrungsmangel zu bekämpfen“, so der Forscher. Die Wissenschaftler haben zudem bereits mit der Suche nach genetischen Variationen zwischen den verschiedenen Weizenarten und -sorten begonnen.
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Auf diese Weise wollen sie letztlich die Gene finden, die für die entscheidenden Eigenschaften des Getreides verantwortlich sind. Dazu zählt nach Aussagen der Forscher in erster Linie der Ertrag, eine wichtige Rolle spielt aber auch die Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten und Schädlingen. In Zeiten des Klimawandels gehöre zudem ein möglichst geringer Wasserbedarf zu den Zuchtzielen, damit die Erträge auch in Dürreperioden nicht einbrechen. Die Genomdaten können Pflanzenzüchter in Zukunft nutzen, um entweder mithilfe gentechnischer Methoden oder aber mithilfe von Verfahren der Präzisionszüchtung schneller neue Sorten zu entwickeln.
Apfelgenom verdoppelte sich
Ein weiteres internationales Konsortium mit Forschern aus Italien, Frankreich, Belgien, USA und Neuseeland hatte sich an die Sequenzierung des Apfelgenoms gemacht. Dazu hatte das Team um Riccardo Velasco die Erbinformationen eines "Golden Delicious" ausgewählt.
Ergebnis: Das Genom des uns bekannten Kulturapfels (Malus × domestica), wie er erstmals vor etwa 4.000 Jahren im Nahen Osten auftauchte, ist etwa 742 Millionen Basenpaare lang, umfasst also ein Viertel der Länge der menschlichen DNA, die aus rund drei Milliarden genetischen Buchstaben besteht. Rund vier Fünftel des Apfelerbguts haben die Forscher entziffert, wie sie in der Fachzeitschrift Nature Genetics (29. August 2010, Online-Vorabveröffentlichung) berichten.
Insgesamt ist das Apfelerbgut aus 17 Chromosomen aufgebaut, ähnlich wie bei der Birne als nächste Verwandte. Andere Vertreter der Familie der Rosengewächse, wie Erdbeeren oder Pfirsiche besitzen allerdings ein Erbgut aus lediglich sieben oder neun Chromosomen.
Aus vergleichenden Genomanalysen schließen die Forscher, dass bei den Äpfeln vor mehr als 50 Millionen Jahren eine Genomduplikation stattfand, die dem Obst ganz neue Eigenschaften verliehen hat. Ähnlich wie beim Weizen erwarten die Apfel-Forscher, "dass die Genom- Daten eine nützliche Quelle für das Züchten besserer Apfelsorten sein könnten". Sie hoffen etwa, so weniger krankheitsanfällige Äpfel züchten zu können oder trockenresistentere. Vielleicht auch schmackhaftere: So arbeiten die Wissenschafter nach eigenen Angaben bereits daran, Bitterstellen in bestimmten Apfelsorten wegzuzüchten.