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Wochenrückblick KW 30

02.08.2010

Molekulare Schere verhindert Alzheimer-Plaques

Forscher aus München und Bonn haben im Körper einen Stoff gefunden, der auf natürlichem Wege die Bildung von Beta-Amyloids bei Alzheimer verhindern kann.

Das Eiweiß ADAM10 ist eine molekulare Schere, es zerschneidet also andere Eiweiße. Zum Beispiel AAP, aus dem die gefährlichen Beta-Amyloids entstehen können. Wird AAP von ADAM10 zerschnitten, können aus den Bruchstücken keine Beta-Amyloids mehr werden, berichten Wissenschaftler Forscher des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Bonn und der Ludwigs-Maximilians-Universität (LMU) München im EMBO Journal (30. Juli 2010, Online-Vorabveröffentlichung).

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News: Neuer Ansatz der Alzheimer-Therapie - Hemmstoff per Anhalter in die Zelle bringen

Förderbeispiel: KMU-innovativ - Neue Therapie für Alzheimer

Menschen: Dieter Edbauer - Der Alzheimer-Profiler

Im Gehirn von Alzheimer Erkrankten kommen große Ablagerungen des Stoffes Beta-Amyloid in sogenannten Plaques vor. Die Vorstufen der Plaques stehen in Verdacht, für das Absterben von Nervenzellen und damit für die Gedächtnisstörungen der Alzheimer-Erkrankung verantwortlich zu sein. Beta-Amyloid ist ein Bruchstück aus einem anderem Eiweiß, dem sogenannten APP, das auf Nervenzellen vorhanden ist und in seiner kompletten Form keinen Schaden anrichtet. Viele Alzheimer-Therapien zielen darauf ab, die Zerstückelung des APP zu verhindern, indem die entsprechenden molekularen Scheren blockiert werden.

Die deutschen Forscher schlagen nun den entgegengesetzten Weg vor. Sie wollen eine molekulare Schere gezielt nutzen, um Alzheimer einzudämmen. Denn ADAM10 zerstückelt APP zwar auch, die Bruchstücke lassen sich aber nicht zu Beta-Amyloiden umformen. „Eine Stimulierung von ADAM10 könnte deshalb ein wichtiger Mechanismus für eine Therapie sein“, sagt Stefan Lichtenthaler vom DZNE. Außerdem haben sie spezielle Antikörper entwickelt, die anzeigen, in welche Bruchstücke APP im Gehirn des Patienten bevorzugt aufgespalten wird. Das eröffnet Möglichkeiten für die Frühdiagnose. “So könnten Antikörper als Marker dienen, um eine schwache ADAM10-Aktivität und damit ein mögliches erhöhtes Alzheimer-Risiko zu messen“, so Lichtenthaler. Erste Versuchsreihen dazu sind bereits angelaufen. 

Die wichtigsten Nachrichten aus der Biotech-Branche

 

Sanofi-Aventis prüft Kauf des Biotech-Riesen Genzyme

Das Biotechnologieunternehmen Genzyme aus Massachussetts ist offenbar für einige europäische Pharmakonzerne interessant, die mit einer Übernahme ihre Stellung bei den zukunftsträchtigen Biopharmazeutika stärken wollen.

Wie das Wall Street Journal meldete, hat es mit dem französisch-deutschen Pharmagiganten Sanofi-Aventis bereits Vorgespräche gegeben. Der Konkurrent GlaxoSmithKline aus Großbritannien sei ebenfalls interessiert, zitiert das Blatt informierte Kreise.

Ein Kauf von Genzyme würtde zur Strategie von Sanofi-Chef Christian Viehbacher passen.Lightbox-Link
Ein Kauf von Genzyme würtde zur Strategie von Sanofi-Chef Christian Viehbacher passen.Quelle: Sanofi-Aventis

Genzyme ist derzeit an der US-Börse Nasdaq mit 14 Mrd. US-$ bewertet. Die Übernahme-Gerüchte trieben den Kurs bereits um annähernd 30% nach oben und das, obwohl beide Unternehmen sich weigerten, zu den Gerüchten Stellung zu nehmen.

Sollte ein Geschäft zustande kommen, wäre das der nächste große Paukenschlag für die internationale Biotechnologiebranche nach der Übernahme von Genentech durch den schweizerischen Pharmakonzern Roche für 44 Milliarden US-$ im Jahr 2009. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete Genzyme einen Umsatz von 4,5 Mrd. US-$. Mit einem EBITDA von 1,1 Mrd. US-$ ist das Unternehmen hoch profitabel und könnte Sanofi-Aventis helfen, Umsatzausfälle durch Patentabläufe zu kompensieren. Gerade hat das Unternehmen, das unter anderem aus der Fusion mit der deutschen Hoechst AG entstanden ist, seine Gewinnprognose für 2010 gesenkt. Ende Juli ist ein biologisches Nachahmer-Präparat für den Sanofi-Bestseller Lovenox in den USA zugelassen worden.

 Unternehmenschef Chris Viehbacher hatte zudem angekündigt, dass er Übernahmen in der Größenordnung von 5 Mrd. US-$ bis 15 Mrd. US-$ befürworte, sofern diese augenblicklich einen Beitrag zu Gewinn und Umsatz leisteten. Der Zeitpunkt für eine Übernahme ist günstig, da Genzyme angeschlagen und damit relativ günstig zu haben ist. In den vergangenen Monaten musste sich das Unternehmen mit Produktionsproblemen herumplagen, die letztlich zu einem Kurssturz, Zulassungsverzögerungen und einem Umsatzeinbruch führten.

Die wichtigsten Nachrichten aus der Biotech-Branche

 

Bionik-Suchmaschine für Verknüpfung von Technik und Natur

Am Fraunhofer-Institut IAO in Stuttgart wird eine Suchmaschine entwickelt, die für Probleme aus der Technik Lösungen aus der Natur findet.

Dass Ingenieure bei technischen Herausforderungen auch einen Blick auf die Natur werfen, ist spätestens seit der Entdeckung des berühmten Lotus-Effekts nicht mehr ungewöhnlich.

Für viele Probleme hat die Natur schon Lösungen gefunden. Das BIOPS-System des Stuttgarter Fraunhofer-Instituts soll die Verknüpfung von Natur und Technik vereinfachen.Lightbox-Link
Für viele Probleme hat die Natur schon Lösungen gefunden. Das BIOPS-System des Stuttgarter Fraunhofer-Instituts soll die Verknüpfung von Natur und Technik vereinfachen.Quelle: Fraunhofer IAO

Die Bionik hat mittlerweile bewiesen, dass sie Lösungen zu so unterschiedlichen Gebieten wie Verpackungen oder Oberflächenbeschichtungen bieten kann. Nur ist es für Nicht-Biologen nicht immer einfach, aus dem überwältigenden Angebot der Evolution diejenige Lösung herauszufinden, die für das eigene Problem passt. Um Wissenschaftlern und Ingenieuren den Zugang zum enormen Lösungspotenzial der Natur zu erleichtern, hat das Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation in Stuttgart deshalb „BIOPS“ entwickelt. BIOPS ist eine Datenbank und steht für „BIOlogy inspired Problem Solving“, also Biologie-inspiriertes Problemlösen.

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biotechnologie.tv: 45. Folge

News: Radspinne mit Turboantrieb - Die Düne hinauf gerollt

Menschen: Wilhelm Barthlott - Bionik-Pionier verpasst Schiffen ein Luftpolster

Kern dieses Werkzeugs ist ein umfangreiches Technik-Biologie-Wörterbuch mit bislang rund neun Millionen Einträgen. Mithilfe dieses Wörterbuchs kann der Nutzer Suchbegriffe aus dem Bereich der Technik eingeben. Das Programm ermittelt daraus relevante Begriffe der Biologie. Über eine Verlinkung mit einer gängigen Suchmaschine kann der Nutzer dann nach weiterführenden Literaturquellen recherchieren. Ab dem 1. Oktober 2010 haben Interessierte die Möglichkeit, die Grundfunktionen von BIOPS unter www.nature4innovation.com selbst zu testen.

Derzeit wird das Programm noch am Institut und von einigen Unternehmen getestet. Guido Müller, Gruppenleiter am Fraunhofer-Institut für Produktion und Automatisierungstechnik IPA, berichtet von ersten Erfolgserlebnissen. „Wir kamen auf gänzlich neue Ideen bei unserem aktuellen Projekt, bei dem es darum geht, das Mikrowellenaushärtungsverfahren effizienter zu gestalten.“ Für Interessierte veranstaltet das Fraunhofer IAO am 14. Oktober 2010 einen Kaminabend in Stuttgart mit dem Titel „Entwicklungszeiten verkürzen mit Vorbildern aus der Natur“.

Die wichtigsten Nachrichten aus der Biotech-Branche

 

Mit springenden Genen den Vorfahren aller Beuteltiere Australiens bestimmt

Alle Beuteltiere Australiens scheinen entgegen bisheriger Annahmen doch von einem einzigen Vorfahren abzustammen.

Forscher um Jürgen Schmitz von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster haben mit genetischen Methoden die Evolution der Beuteltiere Australiens lückenlos nachgezeichnet. Die genaue Gestalt des Stammbaums konnte anhand von „springenden Genen“ rekonstruiert werden, berichtet die Forschungsgruppe aus dem Institut für Experimentelle Pathologie an der Medizinischen Fakultät der Universität Münster im Wissenschaftsjournal PLoS Biology (Online-Veröffentlichung, 27. Juli 2010).

Springende Gene offenbaren, von welchen südamerikanischen Vorfahren die Beuteltiere in Australien abstammen.Lightbox-Link
Springende Gene offenbaren, von welchen südamerikanischen Vorfahren die Beuteltiere in Australien abstammen.Quelle: Schmitz / Blakey

Australien ist bekannt für seine Vielfalt an Beuteltieren wie Kängurus, Koalas, Beutelteufel oder Schnabeltiere. Wie Australien von den Vorfahren dieser Tiere besiedelt wurde, darüber diskutieren Forscher allerdings seit langem. Einigkeit besteht darin, dass die Vorfahren der Beuteltiere von Südostasien aus nach Nord- und später Südamerika wanderten, um von dort nach Australien überzusetzen. Da einige südamerikanische Tiere aber mit ihren australischen Verwandten näher verwandt zu sein scheinen als mit ihren nordamerikanischen Vettern, gab es immer wieder Theorien über mehrfache Rückwanderungen australischer Populationen nach Südamerika. Die Münsteraner Forscher machen derlei Spekulationen nun ein Ende.

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Menschen: Alexander Schenk und Kang Lan Tee - Lenker der Enzym-Evolution

News: Schrott-DNA als Geburtsort für Poldi-Gen

Im Erbgut von südamerikanischen Haus-Spitzmausbeutelratten und australischen Derby-Wallabys wählten die Forscher aus hunderttausenden Genen rund 230 springende Gene aus. Diese DNA-Abschnitte können auf dem Genom wandern. Wenn ein Gen an andere Stelle des Erbgutes „gesprungen“ ist, bleibt es dort auch bei den Nachkommen – damit lassen sich Verwandtschaftsverhältnisse rekonstruieren: Kommt ein springendes Gen bei verschiedenen Arten an gleicher Stelle vor, ist von einem gemeinsamen Ursprung auszugehen.

Die Forscher konnten nun vier Gene ausmachen, die bei allen australischen Beuteltieren vorkommen und damit auf einen gemeinsamen Urahnen hinweisen. „Wahrscheinlich ist vor rund 50 Millionen Jahren ein Vorfahr im Aussehen ähnlich der Chiloé-Beutelratte über die Antarktis nach Australien gekommen“, so Schmitz. Ohne Konkurrenz konnte sich das Tier auf dem ganzen Kontinent durchsetzen, da zu dieser Zeit noch keine höheren Säugetiere vorhanden waren.

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Pflanzen steuern Mikroben-Truppen zur Krankheitsbekämpfung

Wissenschaftler am Helmholtz Zentrum München haben herausgefunden, dass Pflanzen in der Lage sind, sich gegen Krankheitserreger zu schützen, indem sie schützende Mikroben in ihrem Wurzelwerk fördern.

Das Team um Karin Schreiner und Michael Schloter von der Abteilung Terrestrische Ökogenetik untersuchte dazu mit Kollegen der Universität Lyon Gerstenpflanzen, die von der Schwarzbeinigkeit befallen waren.

Gerstenpflanzen befördern das Wachstum von Mikroben, um sich gegen den Schadpilz "Gaeumannomyces graminis" zu wehren, der die Schwarzbeinigkeit hervorruft. Lightbox-Link
Gerstenpflanzen befördern das Wachstum von Mikroben, um sich gegen den Schadpilz "Gaeumannomyces graminis" zu wehren, der die Schwarzbeinigkeit hervorruft. Quelle: Schloter / Helmholtz Zentrum München

Die Wissenschaftler berichten im Fachblatt Applied and Environmental Microbiology (Online-Vorabveröffentlichung, 4. Juni 2010), dass der Anbau von Gerste als Monokultur zu einer spezifischen Zusammensetzung der Mikroflora im Wurzelraum führt, die einen besonders wirksamen Schutz gegen den Auslöser der Schwarzbeinigkeit bietet, den Pilz Gaeumannomyces graminis.

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News: Gentechnik bringt Mais den Duft-Hilferuf wieder bei

News: Pflanzen locken bei Gefahr die Feinde ihrer Feinde an

Dieses Phänomen wurde unabhängig vom Auftreten der Krankheit beobachtet - die Veränderungen in der Zusammensetzung der Mikroflora in der Rhizosphäre werden also von der Pflanze selber hervorgerufen. Bisher ist man davon ausgegangen, dass nur das Auftreten des Pilzes die entsprechenden Mikroben auf den Plan ruft.

Alternativen zum klassischen chemischen Pflanzenschutz sind ein aktuelles Thema der modernen Landwirtschaft, nicht nur, um die Umwelt zu schützen, sondern auch, weil viele Erreger von Pflanzenkrankheiten gegen Pestizide resistent geworden sind. Daher könnten die Ergebnisse für die landwirtschaftliche Praxis von großer Bedeutung sein: „Wenn sich die Daten für andere Pflanzenkrankheiten bestätigen, könnten Biokontrollpopulationen durch geeignete Fruchtfolgen gesteuert und so der Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitten reduziert werden“, so Schloter. 

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Selbstorganisierende Nanokristalle durch Mikroben-Trick

Indem sie einen Trick von Bakterien nachahmen, hat es ein Team von deutschen und spanischen Nanoforschern geschafft, kleinste Teilchen zu einer elektrisch leitfähigen Struktur anzuordnen.

Dabei organisieren sich die Nanoteilchen von ganz alleine, berichten die Wissenschaftler um Horst Weller und Christian Klinke von der Universität Hamburg sowie Beatriz H. Juarez vom spanischen Forschungszentrum IMDEA Nanoscience im Fachmagazin Science (Bd. 329. Ausg. 5991, S. 550 - 553).

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News: DNA-Konstrukteure - Das Rad neu erfunden

News: Nano-Lego mit DNA-Bausteinen

Vorbild für die neue Methode sind Mechanismen der Kristallisation und Organisation von Materie in der Natur: Vor einigen Jahren hatten Wissenschaftler Erstaunliches bei Mikroorganismen beobachtet. Diese speichern Eisen, indem es sich in Form von Nanopartikeln zu stäbchenförmigen Strukturen zusammenfügt. Der damals entdeckte Mechanismus der orientierten Zusammenlagerung („oriented attachment“) ist eine wichtige Grundlage für die aktuellen Erkenntnisse des deutsch-spanischen Wissenschaftlerteams zur Selbstorganisation von Materie.

Schema von einzelnen Nanokristallen die durch Selbstorganisation in zweidimensionale Strukturen verschmelzen (links); elektronenmikroskopische Aufnahme von synthetisierten Bleisulfid-Lagen (rechts).Lightbox-Link
Schema von einzelnen Nanokristallen die durch Selbstorganisation in zweidimensionale Strukturen verschmelzen (links); elektronenmikroskopische Aufnahme von synthetisierten Bleisulfid-Lagen (rechts).Quelle: Universität Hamburg

Christian Klinke erklärt: „Anfangs liegen punktförmige individuelle Nanopartikel vor. Wir machen uns organische Moleküle auf der Oberfläche der Kristalle zunutze. Sie rufen die Nanopartikel zur Ordnung und bringen sie in die gewünschte Schichtstruktur.“

Das Besondere daran ist, dass Nanostoffe in der organisierten Form deutlich leitfähiger werden als bisher. Das ist bei einem Einsatz von Nanostrukturen in elektrischen Bauelementen nützlich, so werden effizientere Leuchtdioden, Solarzellen, neuartige Sensoren, Photodetektoren oder flexible Transistoren denkbar. „Wir können jetzt flächige Nanostrukturen erzeugen, in denen sich Elektronen frei bewegen können“ ergänzt Horst Weller vom Institut für Physikalische Chemie der Universität Hamburg. „Das ist ein großer Fortschritt im Vergleich zu den bislang eingesetzten punktförmigen Nanostrukturen.“

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