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Sekt in Maßen

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Mit Kohlendioxid beladene Bläschen lassen Sekt und Champagner so schön auf der Zunge prickeln. Quelle: Klicker/pixelio.de

30.12.2009  - 

Wie entsteht Sekt, warum perlt Champagner im Glas, was sorgt für den beliebten Zungenkitzel? Passend zum Jahreswechsel hat der Berliner Chemieprofessor Klaus Roth allerlei wissenschaftliche Details über die Schaumweine zusammengetragen. In einem Aufsatz im Fachmagazin Chemie in unserer Zeit (Bd. 43, Ausg. 6, S. 418) berichtet er über biologische und chemische Aspekte, die dafür sorgen, dass Sekt so schön prickelt und so rasch zu Kopfe steigt.  Und er räumt mit einigen Aufbewahrungs-Traditionen auf.


Die Herstellung von Sekt basiert auf einem biotechnologischen Prozess, den die Menschen schon seit Jahrtausenden nutzen: Der alkoholischen Gärung. Hefezellen bauen Zucker bei Sauerstoffabschluss zu Ethanol und dem Gas Kohlendioxid ab. Das Besondere bei der Schaumweinherstellung: Die Gärung läuft in zwei getrennten Stufen ab, sonst würden die Flaschen den Kellermeistern wegen des gewaltigen Gasdrucks um die Ohren fliegen. Ausgangspunkt eines Sektes ist ein leichter Grundwein, der nach der ersten Vergärung einen Alkoholgehalt von 9-10 Volumenprozent aufweist. Hierfür ist eine Mischung verschiedener Traubensorten durchaus üblich: Meist werde aus bis zu 80 Weinen unterschiedlicher Sorten, Jahrgänge und Lagen ein sogenannter Cuvée komponiert, schreibt Klaus Roth vom Institut für Chemie und Biochemie der Freien Universität (FU) Berlin. Erst in einem zweiten Gärungs-Schritt wird Druck aufgebaut: Dann wird der Grundwein mit Zucker und Hefe versetzt und in einen Tank oder- aufwendiger- in einzelnen Flaschen gefüllt. So erhöht sich der Alkoholgehalt um weitere 1-1,5 Prozent und der Gasdruck auf 4 bis 6 Atmosphären. Desweiteren sorgt die Hefe für typische Aromen.

Sektblasen entstehen in winzigen  Kratzern oder Zellulosefasern an der Innenwand des Glases. Die CO2-Gasperlen steigen in konstanten Zeitabständen empor.Lightbox-Link
Sektblasen entstehen in winzigen Kratzern oder Zellulosefasern an der Innenwand des Glases. Die CO2-Gasperlen steigen in konstanten Zeitabständen empor.Quelle: Deutsches Weininstitut
Um die Mikroorganismen nach mehrmonatiger Reifung wieder los zu werden, wird die Hefe mittels einer behutsamen Rütteltechnik  „kopfüber“ aus den Flaschen entfernt. Danach stimmen die Winzer noch die Süße des Schaumweins fein ab - Korken drauf und fertig ist der Sekt.

Geburt, Aufstieg und Ende einer Sektperle

Gießt man Sekt ins Glas, dann entweicht unbemerkt ein Teil des im Getränk bis zur Übersättigung gelösten Kohlendioxid-Gases direkt in die Luft. Der andere Teil strebt in Form von Bläschen an die Sektoberfläche: Der Radius einer aufsteigenden Sektblase nehme dabei etwa 350 bis 400 Mikrometer pro Sekunde zu, so Roth. Das liegt daran, da während der Reise immer mehr gelöstes CO2 in das Bläschen hineindiffundiert. Offenbar können Sektperlen aber nicht spontan im Sekt entstehen. Dazu braucht es eine geeignete Oberfläche: Meist sind das kleine Kratzer in der Glasinnenwand. Vielfach entspringen Perlschnüre auch an winzigen Cellulose-Fasern, die vom Geschirrhandtuch stammen.

Der erste Schaumwein
Umstritten ist, wer die Flaschengärung der Schaumweine erfand. Die Engländer verweisen auf Christopher Merret, der 1662 vor Royal Society über das Verfahren berichtet habe. Für die Franzosen ist der Benediktinermönch Dom Pierre Pérignon (1638-1715) der Erfinder. Er verfeinerte den in der Champagne-Region produzierten Schaumwein zum  Spitzenprodukt. Als bester Champagner gilt heute vielen Experten der 1928er Krug Collection. Am 28. März 2009 wurde eine Flasche davon mit dem Rekordpreis von 15.900 Euro versteigert.

Die an der Sekt-Oberfläche zerplatzenden Bläschen sprühen Aromen und andere Verbindungen in die Nase des Trinkers - was einen großen Teil des sinnlichen Genusses ausmacht. Außerdem wird aus dem Kohlendioxid der Bläschen auf der Zunge Kohlensäure gebildet - das Kribbeln im Mund geht also auf winzige Verätzungen zurück. Die Bildung der Kohlensäure wird auf der Zunge noch durch das körpereigene Enzym namens Carboanhydrase enorm beschleunigt. Experimente belegen, dass selbst ein hochwertiger Champagner ohne eine funktionierende Carboanhydrase einfach nur fade und schal schmeckt. Die Gasperlen sind auch die Ursache dafür, dass Sekt und Champagner rasch zu Kopf steigen, schreibt der Berliner Chemie-Professor. Die platzenden Bläschen reizen die Magenwände, die dadurch stärker durchblutet werden - und in der Folge den Alkohol schneller aufnehmen.

Keine Frage des Alters

Anders als bei Wein steige der Wert von Schaumweinen nicht mit dem Alter, so der Chemiker Roth. „Sekte verlassen die Kellerei ausgereift, ihre Qualität verbessert sich also nicht mit der Lagerzeit, da der CO2-Druck unweigerlich abnehmen muss.“

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Hingegen gibt es sehr wohl eine empfohlene Grenze bei der Aufbewahrungszeit: Flaschen mit Naturkorken können liegend bis zu zehn Jahre, mit Kunststoffkorken etwa zwei Jahre stehend zwischen 10 bis 15 Grad Celsius und unbedingt dunkel aufbewahrt werden.Ein wundervolles Schauspiel sei - jedenfalls bei ganz naher Betrachtung - das Öffnen einer Sektflasche. Dabei dehnt sich das gasförmige Kohlendioxid im Flaschenhals schlagartig, der Druck sackt von fünf Atmosphären auf eine ab. Dies führt zur Abkühlung des ausströmenden Gases, die Feuchtigkeit in der Umgebungsluft gefriert zu einem weißen Rauch aus Eiskristallen.

Der Flop mit dem Silberlöffel

Zum Schluss ein Tipp für alle, die angebrochene Sektflaschen lagern wollen: die Flaschen offen in den Kühlschrank stellen - ohne Silberlöffel im Hals. Der bringe ausgiebigen Studien zufolge überhaupt nichts, schreibt Roth, denn er verzögere die Abgabe von Kohlendioxid aus dem Sekt in die Luft keineswegs. „Die sicherste Methode, um den Sekt schal und weniger schmackhaft zu machen“ sei das Wiederverkorken. Dabei fielen kleine Korkteilchen in den Sekt, um die herum sich kontinuierlich Bläschen bildeten - alles Prickelnde geht verloren. Der einzige und alternativlose Vorschlag könne deshalb nur sein: Austrinken und Genießen.

 

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