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Kleine Helfer für den guten Weingeschmack

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Schimmelpilze werden von Biotechnologen sehr häufig zur Produktion von Enzymen für die Lebensmittelindustrie genutzt. Quelle: Wikipedia/ Dr. David Midgley

02.06.2009  - 

Bier oder Wein? Für Hector Marcelo Fernandez-Lahore,  Professor der technischen Biochemie an der Jacobs University Bremen, keine Frage: „Natürlich mag ich Wein, das ist mein Lieblingsgetränk“, sagt der Italo-Argentinier. „Deshalb berührt meine Forschung auch meine persönlichen Interessen.“ Fernandez-Lahore forscht an Enzymen, um Wein zu einer besseren Optik und gutem Geschmack zu verhelfen. Zwei internationale Forschungsprojekte, die das Bundesforschungsministerium (BMBF) mit insgesamt über 2,3 Millionen Euro fördert.

Mikroorganismen haben im Laufe ihrer Evolution die vielfältigsten Eigenschaften entwickelt. Das macht die Biokatalysatoren so interessant für einen Einsatz als industrielle Helfer. Mit Hilfe der Biotechnologie wird dafür gesorgt, dass die Enzyme ihre Aufgabe optimal erfüllen und je nach Anwendungsgebiet gezielt designt werden. Auch in der modernen Lebensmittelindustrie ist das der Fall. Hergestellt werden Enzyme meist mit Mikroorganimsen als lebende Mini-Fabrik.

Hintergrund

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Bei der Herstellung von biotechnologischen Produkten wie Enzymen oder anderen Eiweißen unterscheiden Experten zwischen dem Up-Stream und dem Down-Stream. Beide Prozesse sind für die Qualität des Produktes entscheidend: Beim Up-Stream kommt es darauf an, ein biologisches Produktionssystem wie Mikroorganismen oder Säugetierzellen so maßzuschneidern, dass am Ende die gewünschten Eiweiße hergestellt werden – inklusive aller für sie erforderlichen Eigenschaften. Dieser Prozess muss zudem so gestaltet sein, dass er im industriellen Maßstab in Fermentern erfolgen kann, die üblicherweise ein Fassungsvermögen von 500 bis mehreren tausend Litern aufweisen.
Im Down-Stream-Prozess wiederum müssen die Produkte so aufgereinigt werden, dass sie für eine weitere Verwertung geeignet sind: Schließlich entsteht durch die Mikroorganismen oder Säugetierzellen zunächst eine Art Brühe, in der neben den gewünschten Substanzen auch eine Vielzahl anderer Beiprodukte zu finden sind. Mittels mechanischer und thermischer Techniken wie Zentrifugation und Kristallation muss hierbei eine möglichst schnelle und saubere Aufreinigung erfolgen. 

Pektinasen
Pektinasen sind Enzyme, die Pektine abbauen und umwandeln können. Pektine stabilsieren normalerweise die Zellwände pflanzlicher Zellen. Sie werden aber auch bei der Reifung von Früchten gebildet. Mehr über den Einsatz dieser Enzyme erfahren Sie auf dem Online-Portal transgen.de.

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Enzyme als industrielle Helfer

In der Lebensmittelindustrie kommen insbesondere biotechnologisch hergestellte Enzyme zum Einsatz. Dabei setzen moderne Forscher eine jahrhundertealte Tradition fort. Denn bei der Herstellung von Wein wurde schon immer auf die fermentative Kraft von Mikroorganismen (Hefen) gesetzt, die - angesiedelt auf den Beeren - Beerensaft zu Alkohol vergären. Die Wissenschaftler um Hector Marcelo Fernandez-Lahore von der Universität Bremen haben sich nun zum Ziel gesetzt, das Potential von industriell erzeugten Pilzenzymen aus der Gruppe der Glykosidasen (Pektinasen) für die Optimierung von Weinen zu erforschen. „Die Enzyme sollen sowohl bei der Klärung des Mostes als auch zur Verbesserung von Farbe und Aroma des Weines eingesetzt werden“, erläutert Fernandez-Lahore. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit insgesamt 1,7 Millionen Euro gefördert. Im Zentrum eines von der Jacobs University koordinierten EU-Verbundprojektes mit etwa 1,4 Millionen Euro Gesamtvolumen steht außerdem die Neuentwicklung einer effizienten Extraktionsmethode, mit der die empfindlichen Enzyme aus den gentechnisch veränderten Mikroorganismen gewonnen werden sollen.

So auch bei der Herstellung von Weinen. „Das Weinmachen ist eine uralte Kunst“, sagt Fernandez-Lahore. Die Eigenschaften des edlen Getränks werden bestimmt durch die Art der Gärung. Um hier möglichst wenig dem Zufall zu überlassen, arbeiten die Winzer heute mit eigens gezüchteten Hefen, die sie dem Traubensaft zugeben. Die Hefepilze produzieren Enzyme, die schließlich Farbe und Geschmack des Weins bestimmen.

Fernandez-Lahore und sein Team bestrahlen also die Hefekulturen gezielt mit UV-Licht und führen so Mutationen herbei – eine Art beschleunigte Evolution. An der Jacobs University arbeiten die Forscher vor allem mit dem Hefepilz Aspergillus sojae, wie der Name vermuten lässt, ein Agent in der Produktion von Sojasoße. „Wir haben festgestellt, dass dieser Pilz die gewünschten Enzyme produziert“, sagt Fernandez-Lahore. Diese sollen später auf Festkörper aufgebracht werden, über die man den Wein laufen lässt – so lässt sich die Gärung genau kontrollieren. In dem Projekt kooperiert die Jacobs University mit den Biotech-Unternehmen Antibioticos und Guserbiot aus Spanien, Bioreact aus Deutschland und dem türkischen Lebensmitteltechnologiespezialisten Iztech aus Izmir. Dass Izmir und Bremen darüber hinaus Partnerstädte seien, gebe dem Projekt eine politische Dimension, schmunzelt Lahore.

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Herausforderung der Biosynthese

Sind die Enzyme gefunden, kommt das zweite Projekt ins Spiel. Mit der neuen Extraktionsmethode wollen die Wissenschaftler dann die Enzyme sauber vom Hefepilz trennen und genau die herausfiltern, die für einen bestimmten Wein geeignet sind. „Nach wie vor eine der größten Herausforderungen in der industriellen Biosynthese“, wie Fernandez-Lahore erklärt. „Wenn man die Zellen zerstört, um an die in ihrem Inneren angereicherten Enzyme zu gelangen, ist deren Rückgewinnung aus diesem Gemisch sehr aufwändig. Darunter leiden Qualität und Ausbeute.“

Die Lösung lsieht Fernandez-Lahore in einer Art Elektroschockbehandlung für die Zellen. „In einem ersten Verfahrensschritt werden die Zellwände der Hefen, die wir als Minifabriken für die Enzyme verwenden, für große Biomoleküle durchlässig gemacht,“ beschreibt Fernandez-Lahore. „Um die Biosyntheseprodukte sofort bei ihrem Austritt aus den Zellen dingfest zu machen, werden den Zellkulturen außerdem spezielle Verbundstoff-Mikrofasern zugesetzt, deren Oberflächen das gewünschte Molekül erkennen und festhalten." Mit dieser operativ einfachen Methode, so der Forscher, werde nicht nur die Produktausbeute und -qualität verbessert, sondern auch die Verfahrenskosten drastisch gesenkt.

Auch dieses Projekt ist international, und vereinigt Biotechnologen und Weinexperten aus ganz Europa: das französische Institut de Pharmacologie et de Biologie Structurale, sowie die Biotechnologiefirmen Organobalance (Deutschland), Biomedal (Spanien), Romb an der Universität Sofia (Bulgarien) und die französische IT-Firma Beta Tech.  Angelegt ist die Förderung zunächst für fünf Jahre. Bis dahin hofft Fernandez-Lahore, einen gestesteten Prototyp fertigzustellen, mit dem er in die Produktionsphase einsteigen kann.


Autorin: Cornelia Kästner

 

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