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Genzentren in Deutschland: Keimzellen der Biotech-Forschung

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In modernen Genomanalysezentren wird nicht per Hand, sondern mithilfe eines Roboters pipettiert. Quelle: GSF/ Bernd Müller

28.05.2008  - 

Während in den 80er Jahren die ersten Biotechnologie-Firmen ihren Siegeszug in den USA antreten, wird in Deutschland um die Gentechnik gestritten. Schließlich investiert der Hoechst-Konzern 70 Millionen Dollar in die molekularbiologische Forschung in den USA – und nicht in Deutschland. Damit wird ein Dilemma immer deutlicher: Hierzulande herrscht nicht nur Nachwuchsmangel in der Industrie, sondern auch in der biotechnologischen Grundlagenforschung. Um dem entgegenzutreten, unterstützt das Bundesforschungsministerium erstmals den gezielten Ausbau gen- und biotechnologischer Forschungscluster: Zwischen 1982 und 1995 erhalten vier Genzentren in Heidelberg, Köln, München und Berlin eine millionenschwere Anschubfinanzierung, die weitere Millionenbeträge von anderen Geldgebern mobilisiert.

Nach der Entdeckung der DNA als Erbmolekül und den Möglichkeiten, Erbanlagen (Gene) gezielt zu verändern, erwachsen Wissenschaft und Forschung in den 70er Jahren ungeahnte Möglichkeiten: Die neuen Techniken erlauben nicht nur ein besseres Verständnis biologischer Systeme vom Einzeller bis zum Menschen. Sie ermöglichen beispielsweise auch, biologische Systeme wie Bakterien zur Produktion menschlicher  Eiweiße wie Insulin zu nutzen.

Genzentrum München

Das Genzentrum München wurde 1984 von der Ludwig-Maximilians-Universität und dem Max-Planck-Institut für Biotechmie in Martinsried gegründet und vom späteren Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft Ernst-Ludwig Winnacker geleitet. Seit 2004 ist der Proteomforscher Patrick Cramer Direktor des Genzentrums.

Zum Genzentrum: www.lmb.uni-muenchen.de

Forscherprofil Patrick Cramer: hier klicken

Insbesondere in der Medizin zeichnen sich große Potenziale ab: Auf einmal sind gänzlich neue Herstellungs- und Behandlungsmethoden denkbar. Die USA nehmen hierbei eine Vorreiterrolle ein - wissenschaftlich und wirtschaftlich. In Deutschland hingegen beschäftigen sich in den 80er Jahren nur einige Forschungszentren wie die Gesellschaft für Biotechnologische Forschung (GBF, heute Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung) sowie einzelne Institute an Universitäten oder der Max-Planck-Gesellschaft mit gen- und biotechnologischen Fragestellungen.

Die breite Etablierung der interdisziplinären Fachrichtung Biotechnologie – ein Forschungsgebiet, das die Zusammenarbeit von Chemikern, Biologen, Medizinern und Ingenieuren erfordert – wird allerdings durch die fachliche und organisatorische Trennung der universitären Fakultäten erschwert. Für die internationale Konkurrenzfähigkeit fehlt in Deutschland die kritische Masse an Wissenschaftlern.

Genzentrum Heidelberg

Das Genzentrum in Heidelberg wurde 1982 als Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg (ZMBH) an der Universität Heidelberg gegründet und umfasste außerdem einzelne Arbeitsgruppen des Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg.

Zum ZMBH: www.zmbh.uni-heidelberg.de

Wer in den neuen Technologien forschen will, findet in den USA ein viel weiter entwickeltes Umfeld – eine Tendenz, die sich in den 80er Jahren in Deutschland auch in einem Fachkräftemangel der Pharma- und Chemieindustrie niederschlägt. Die baut mit Blick auf den Erfolg amerikanischer Biotech -Unternehmen ihre Aktivitäten in der Biotechnologie auf – vor allem aber in den USA. So löst das 70-Millionen-Dollar-Engagement der Firma Hoechst am Massachusetts General Hospital in Boston heftige Diskussionen aus.

In dieser Situation will das Bundesforschungsministerium nicht tatenlos zusehen, sondern biotechnologische Forschung in Deutschland stärken. Dazu soll Interdisziplinarität und die systematische Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses gefördert werden: Durch den Ausbau von biotechnologischen Forschungsclustern, den Genzentren.

Genzentrum Köln

Das Genzentrum in Köln wird im Jahr 1982 als gemeinsame Einrichtung des  Instituts für Genetik an der Universität Köln und des Max-Planck-Instituts für Züchtungsforschung gegründet. Inzwischen wurde die medizinische Forschung des Genzentrums in das Zentrum für molekulare Medizin Köln (ZMMK) an der Universität Köln eingebracht.

Zum ZMMK: www.zmmk.uni-koeln.de

Mit Unterstützung des Bundesforschungsministeriums entstehen diese im Jahr 1982 in Heidelberg und Köln, im Jahr 1984 in München und im Jahr 1987 in Berlin. Als Träger fungieren die Sitzländer bzw. die Universitäten sowie die Max-Planck-Gesellschaft. In den folgenden zwölf bis fünfzehn Jahren entwickeln sich hier erste wissenschaftliche Kompetenz-Cluster der Biotechnologie, die weit über die vier Genzentren hinaus einen prägendenden Einfluss auf die deutsche Forschungslandschaft haben. Vor allem dem wissenschaftlichen Nachwuchs wird hohe Priorität eingeräumt.  Insgesamt über 50 Nachwuchsgruppenleiter bearbeiten mit molekularbiologischen Methoden ein breites Spektrum an Themen, das von den Vorgängen in Krebs- oder Nervenzellen oder im Immunsystem bis hin zur Untersuchung von Pflanzenkrankheiten reicht. Die Arbeiten werden dabei interdisziplinär verfolgt, wie etwa die Gründung des Zentrums für Molekulare Biologie der Universität (ZMBH) in Heidelberg unter Beweis stellt, das als zentrale Einrichtung der Universität keiner Einzelfakultät zugeordnet ist.

Genzentrum Berlin

Das Genzentrum Berlin wird im Jahr 1987 als Institut für Genbiologische Forschung vom Berliner Senat und der Schering AG gegründet. Angesiedelt ist es auf dem Campus des Max-Planck-Instituts für molekulare Genetik. 1994 wurde es unter seinem Direktor Lothar Willmitzer als Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie nach Golm bei Potsdam verlegt.

Zum MPI-MP:www.mpimp-golm.mpg.de

Für den Aufbau der Genzentren geht das Bundesforschungsministerium einen neuen Weg: Die Genzentren werden für einen befristeten Zeitraum mit Projektmitteln in Höhe von insgesamt 275 Millionen DM unterstützt. Durch diese Anschubfinanzierung werden rund 585 Millionen DM über andere Geldgeber wie die Bundesländer, die zum Beispiel zahlreiche Professuren einrichten, die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) und die Europäische Gemeinschaft mobilisiert. Erstmals gelingt es zudem, in Deutschland eine Forschungsinfrastruktur mit Beteiligung der chemisch-pharmazeutischen Industrie aufzubauen: Eine Reihe deutscher Großunternehmen beteiligt sich mit projektbezogenen, größtenteils aber mit zweckfreien Mitteln am Aufbau der Genzentren. So teilen sich beispielsweise beim Genzentrum Berlin, das als Institut für Genbiologische Forschung GmbH gegründet wird, der Senat und die Schering AG die Trägerschaft. Beim Aufbau des ZMBH in Heidelberg sind wiederum die Merck KGaA und die BASF AG beteiligt.

Als 1995 die Förderung der Genzentren endet, ist die neue Biotechnologie in Deutschland wissenschaftlich etabliert und die nachhaltige Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses sichergestellt. Die Finanzierung der Forschung in den Genzentren oder deren Nachfolgeorganisationen erfolgt heute durch die Länder und durch Drittmittel, die auf Basis der wissenschaftlichen Erfolge eingeworben werden.

 

Nachwuchsförderung

Wege in die Biotechnologie - 25 Jahre Nachwuchsförderung

In den Genzentren hatte die Förderung von Nachwuchsforschern in der Biotechnologie eine hohe Priorität. Einen Einblick in die gesamte biotechnologie-bezogene Nachwuchsförderung des BMBF der letzten 25 Jahren bietet die Broschüre "Wege in die Biotechnologie". Sie kann im Bestellservice geordert oder als PDF heruntergeladen werden.


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Sie wollen sich einen Einblick in die Welt der medizinischen Biotechnologie verschaffen? Dann schauen Sie in unserer Video-Galerie vorbei. Unter dem Stichwort Medizin finden Sie eine ganze Reihe von kurzen Filmen, die in das Thema einführen.


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