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Gentechnik bringt Mais den Duft-Hilferuf wieder bei

Die Larven des Maiswurzelbohrers (vergrößertes Bild) verursachen große Schäden. Maisspflanzen wehren sich, indem sie Fadenwürmer anlocken, die natürlichen Feinde des Maiswurzelbohrers. Doch nicht alle Maissorten haben diesen Trick noch im Repertoire. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Die Larven des Maiswurzelbohrers (vergrößertes Bild) verursachen große Schäden. Maisspflanzen wehren sich, indem sie Fadenwürmer anlocken, die natürlichen Feinde des Maiswurzelbohrers. Doch nicht alle Maissorten haben diesen Trick noch im Repertoire. Quelle: Universität Neuchatel

04.08.2009  - 

Der Maiswurzelbohrer ist eine der größten Gefahren für den Mais. Die Larve knabbert die Wurzeln an und lässt die Pflanze verkümmern. Doch der Mais kann sich wehren. Mit Duftstoffen ruft er im Notfall Fadenwürmer zu Hilfe, die den Wurzelbohrer befallen und töten. Einige Maissorten haben den Hilferuf allerdings verlernt. Deutsche und schweizerische Forscher haben es ihnen mit einem Gen aus Oregano wieder beigebracht, den Hilferuf auszusenden. Über ihre Arbeit berichten sie im Fachmagazin PNAS (Online-Vorabveröffentlichung, 3. August 2009). In Zukunft könnten Landwirte damit den Einsatz von Insektiziden gegen den Schädling verringern, hoffen die Forscher.




Viele Pflanzen besitzen die Fähigkeit, über Duftstoffe Insekten anzulocken. Auf diese Weise werden bekanntermaßen Bienen zur Bestäubung rekrutiert. Aber auch andere Nützlinge hält sich die Pflanze auf diese Art herbei. So geben bei einem Angriff durch den Maiswurzelbohrer die Wurzeln der Maispflanzen einen Dufstoff in den Boden ab. Der lockt Fadenwürmer an. Als natürliche Feinde des Maiswurzelbohrers befallen sie den Schädling und töten ihn ab. Der Mais hat Hilfe herbeigerufen. Viele amerikansiche Maissorten haben diese Strategie im Laufe der Züchtung allerdings verlernt.

Halme bleiben mickrig

Dabei wäre es sehr hilfreich, wenn die Pflanzen um Hilfe rufen könnten. Der Maiswurzelbohrer Diabrotica virgifera ist in den USA der gefährlichste Maisschädling, sein Befall führt zu hohen Ertragseinbußen. Die Bekämpfung erfolgt durch Insektizide, Fruchtfolgen sowie durch einen gentechnisch veränderten Mais, der ein natürliches Insektizid produziert. Allerdings wirkt es nicht spezifisch gegen den Maiswurzelbohrer und ist deshalb bei einem Befall nicht so wikungsvoll.

Die Fadenwürmer oder Nematoden gehören zu den artenreichsten Stämmen des Tierreichs. Bislang wurden mehr als 20.000 Arten beschrieben. Einige davon befallen den Maiswurzelbohrer, einen gefürchteten Schädling in der Landwirtschaft.Lightbox-Link
Die Fadenwürmer oder Nematoden gehören zu den artenreichsten Stämmen des Tierreichs. Bislang wurden mehr als 20.000 Arten beschrieben. Einige davon befallen den Maiswurzelbohrer, einen gefürchteten Schädling in der Landwirtschaft.Quelle: Ralf Baumeister/ Universität Freiburg

Auch in Deutschland ist der Maiswurzelbohrer seit dem Jahr 2007 auf dem Vormarsch. Die Larven des Käfers fressen die Wurzelhaare und bohren sich in die Wurzeln der Maispflanzen. Die Folgen sind verheerend für die Landwirtschaft: Der Mais nimmt weniger Wasser und Nährstoffe auf, die Halme bleiben mickrig und knicken um. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hat aus Angst vor einer Epidemie schon Sicherheitszonen eingerichtet und den Einsatz des Insektizids Chlothianidin veordnet. Das bringt allerdings seine eigenen Probleme mit sich. Im Frühling 2008 haftete das Chlothianidin nicht ausreichend an den gebeizten Maiskörnern; Clothianidin-kontaminierter Staub setzte sich auf Blüten ab und vergiftete so rund 330 Millionen Honigbienen.

Nordamerikanischer Mais kann kein EßC mehr bilden
"Viel umweltfreundlicher als der Einsatz von Insektiziden wäre der von natürlichen Fraßfeinden des Käfers", sagt Jörg Degenhardt vom Max-Planck-Institut für Chemische Ökologie in Jena. Degenhardt, der mittlerweile an die Universität Halle gewechselt ist, hat zusammen mit seinem Kollegen Jonathan Gershenzon und Forschern der Universität Neuchatel in der Schweiz vor vier Jahren den Mechanismus des olfaktorischen Hilferufs des Mais entdeckt. Damals konnten die Forscher auch den Lockstoff identifizieren, wie sie im Fachblatt Nature (Vol. 434, 2005, S. 732-737) berichteten.  Die Maispflanzen sondern demnach das sogenannte (E)-beta-Caryophyllen (EßC) in den Boden ab, um die Fadenwürmer anzulocken. Im darauffolgenden Jahr identifizierten die Wissneschaftler das für den Duftstoff verantwortliche Gen (mehr...): die Voraussetzung für den jetzigen Erfolg.

Schon damals fiel ihnen auf, dass die meisten nordamerikanischen Maissorten trotz Maiswurzelbohrerbefall keine Fadenwürmer mehr anlocken konnten. Nun ist es den Wissenschaftlern gelungen, nordamerikanische Maispflanzen wieder zur EßC-Produktion zu befähigen, wie sie im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Science (Online-Vorabveröffentlichung, 3. August 2009) schreiben.

Die deutschen Forscher übernahmen dabei die biotechnologische Feinarbeit. Zusammen mit Monika Frey von der Technischen Universität München schleuste Degenhardt den Maispflanzen ein Gen aus dem Oregano ein. Die Wurzeln dieser transgenen Pflanzen sondern nun kontinuierlich EßC in den Erdboden ab und locken damit Fadenwürmer an, die Fressfeinde des Maiswurzelbohrers.

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60 Prozent weniger Maiswurzelbohrer

Und tatsächlich überstehen die Pflanzen Attacken des Schädlings besser als Pflanzen, die kein EßC abgeben. Das ergaben die Freisetzungstests, die Ivan Hiltpold von der Universität Neuchatel  zusammen mit Bruce Hibbard von der Universität Missouri und dem United States Department of Agriculture im US-Bundesstaat Missouri durchführte. In Parzellen mit transgenen Maispflanzen, die EßC produzieren konnten, fand er weitaus weniger Wurzelschäden und ein um 60 Prozent vermindertes Auftreten von den Käfern des Maiswurzelbohrers im Vergleich zu Parzellen mit nicht-transgenem Mais. Dieser Wirkungsgrad entspricht der Effizienz der synthetischen, gegen den Schädling eingesetzten Insektizide.

Durch zusätzliche Untersuchungen im Labor konnten die Wissenschaftler bestätigen, dass transgene Pflanzen, verglichen mit nicht transgenen, deutlich mehr Fadenwürmer anlocken konnten. Dabei werde kein neues Pestizid in die Umwelt abgegeben, betont Degenhardt. "Es wird ja kein Gift produziert, die transformierten Pflanzen nutzen ihre natürlichen Abwehrkräfte. Wir haben nichts anderes getan, als diese zu aktivieren." Er hofft, das sich die Erkenntnisse in der Landwirtschaft einsetzen lassen. "Die Nutzung dieser indirekten Verteidigung ist eine attraktive Strategie, um die Resistenz von Pflanzen gegenüber pflanzenfressenden Insekten zu erhöhen und so weniger Pestizide ausbringen zu müssen." Die in diesen Versuchen verwendeten transgenen Maispflanzen hätten dabei aber keinen kommerziellen Wert - sie dienten zunächst nur dem "Proof of principle", also dem Nachweis, dass es tatsächlich das EßC ist, das vor Maiswurzelbohrerbefall schützt.  Um das einwandfrei zu beweisen, waren die transgenen Pflanzen unbedingt notwendig, sagt der Forscher. Hätte man eine "hilflose" nordamerikanische Maissorte und als Kontrollgruppe eine andere, europäische Sorte benutzt, wären die Ergebnisse durch die verschiedenen Sorten verfälscht worden. "Zwei Sorten unterscheiden sich nicht nur in einer, sondern in zig Eigenschaften", so Degenhardt.

Maiswurzelbohrer-Plagen könnten verhindert werden
Die Wurzelabwehr ist in den meisten europäischen Maissorten und in wilden Varianten vorhanden. Daher könnte einerseits durch konventionelle Züchtung das Merkmal wieder in wehrlose Maissorten eingekreuzt werden, sagt Degenhardt. Andererseits könnte eine gentechnische Erzeugung von EßC-fähigen Maissorten schneller gehen. Und mit dem gezielten Eingriff in das Erbgut der Pflanze sei die Gefahr geringer, dass die über die Jahrzehnte angezüchtete Leistungssteigerung unbeabsichtigterweise wieder verloren gehen. Degenhardt ist sich sicher, dass mit dem transgenen Mais in Kombination mit traditionellen Fruchtfolgen, bei denen abwechselnd Mais und Weizen angebaut werden, drohende Maiswurzelbohrerplagen verhindert oder zumindest begrenzt werden könnten. In weiteren Experimenten soll nun untersucht werden, wie diese indirekte EßC Verteidigungsstrategie am sinnvollsten und ökologisch schonend für Mais und andere Pflanzen angewendet werden kann. 

 

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