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Wochenrückblick KW 21

25.05.2009

Wie Mikroorganismen Rohstoffe in Tiefsee züchten

Der Kampf um die Rohstoffe der Tiefsee hat bereits begonnen. Forscher der Universität Mainz haben jetzt einen Weg gefunden, wie sich diese Tiefseekrusten gezielt heranzüchten ließen – mit Mikroorganismen.

In der Tiefsee liegen noch andere Schätze als versunkene Schiffe: In 4000 bis 5000 Metern Tiefe lagern sich dort Mangan, Eisen, Kobalt, Kupfer, Zink und Nickel in Knollen und so genannten Tiefseekrusten an. Forscher schätzen die Menge auf 300 Milliarden Tonnen Mangan, die dort in kartoffelähnlichen Knollen verbunden mit anderen Buntmetallen lagern. Manganknollen wachsen extrem langsam – in einer Million Jahre etwa fünf Millimeter. Das heutige Vorkommen ist über zehn Millionen Jahre alt. Auf der anderen Seite ist der Rohstoff vor allem in den Industrieländern heiß begehrt, die sich bereits die Regionen mit den höchsten Rohstoffvorkommen gesichert haben.

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„Das birgt internationalen Konfliktstoff“, meint Werner Müller, Professor am Institut für Physiologische Chemie und Pathobiochemie an der Universität Mainz. „Weiß man aber erstmal, wie diese Tiefseeknollen und Tiefseekrusten genau entstanden sind, können vielleicht in nicht allzu ferner Zukunft Mikroorganismen gezüchtet werden, um gezielt wichtige Rohstoffe anzubauen.“ Müller ist Tiefseeexperte und gilt als Pionier der Schwammforschung in Deutschland. Seit 30 Jahren erforscht er die Unterwasserwelt, und die Funktionen von Silikaten, bioaktiven Substanzen, Algen und Bakterien.

 

Aus diesen Coccolithophoriden, einzelligen Algen mit einem Außenskelett, entstehen Tiefseekrusten.Lightbox-Link
Aus diesen Coccolithophoriden, einzelligen Algen mit einem Außenskelett, entstehen Tiefseekrusten.Quelle: Prof. Dr. Werner Müller, Institut für Physiologische Chemie

Der Prozess des Anlagerns in Tiefseeknollen wird als Biomineralisation bezeichnet. Ist einmal ein Stück einer solchen Anlagerung vorhanden, zieht sie automatisch weitere Metallionen an (Autokatalyse). Die Frage war bisher, wie die „Initialzündung“ für dieses erste Stück passiert. Genau das hat Müller jetzt in Kooperation mit chinesischen Forschern herausgefunden. Wie sie im Fachmagazin Trends in Biotechnology(2009, Vol. 27, Ausgabe 6, S. 375-383) berichten, fungieren demnach Bakterien als Bio-Keime, an deren Außenhaut eine besondere Proteinschicht sitzt: sogenannte S-Layer. „Eine ideale organische Matrix“, erklärt Müller. Die Schicht schütze das Bakterium nicht nur vor schädlichen Umwelteinflüssen, sondern erlaube auch das Ablagern von Mineralien. „Ist aber erst einmal die erste Schicht vorhanden, vervollständigt sich das Material selbst“, sagt Müller. In den Manganknollen hätten er und seine Forschungspartner ganze Ketten dieser Bakterien gefunden.

Ähnlich funktioniere auch die Entstehung von Tiefseekrusten. Nur kommt die Initialzündung hier nicht von Bakterien, sondern von einzelligen, gepanzerten Algen (Coccolithophoriden), die in einer Tiefe von ungefähr 100 Metern leben. Wenn sie absterben, fällt ihr Panzer in tiefere Schichten. Durch chemische Umwandlung kommt es dann in 800 bis 2400 Metern zur Bindung von Mangan. Mit Hilfe dieser Algen und Bakterien könnte man in Zukunft auch in künstlicher Umgebung Rohstoffe aus Meerwasser gewinnen. „Dies könnte Verteilungskämpfe entschärfen und zu einer nachhaltigen Produktion beitragen, ohne die Tiefsee zu schädigen“, hofft Müller.

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Die wichtigsten Nachrichten aus der Biotech-Branche

 

Mit Veilchenduft gegen Prostatakrebs

Bochumer Biologen haben vielleicht die Grundlage für eine neue Prostatakrebs-Therapie entdeckt: Ein Eiweiß, das auf Veilchenduft reagiert und daraufhin das Wachstum der Tumorzellen stoppt.

Veilchenduft kommt in der Prostata nicht vor. Dafür aber ein sehr ähnlich aufgebautes Molekül, ein Stoffwechselprodukt des männlichen Sexualhormons Testosteron. Bisher wusste man nur, dass dieses Eiweiß massenhaft in den Prostatakrebszellen gebildet wird, aber nicht wozu es nützt. Biologen um Hanns Hatt von der Ruhr-Universität Bochum haben herausgefunden, dass das Steroidhormon den Riechrezeptor der Krebszellen aktiveren und ihr auf einem neu entdeckten Signalweg das Kommando geben kann, die Zellteilung zu stoppen. Die Ergebnisse sind im Journal of Biological Chemistry (Online-Publikation 23. April 2009) veröffentlicht.

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„Praktisch heißt das, dass man mit Veilchenduft das Prostatakrebswachstum anhalten kann“, fasst Hanns Hatt, Professor am Lehrstuhl für Zellphysiologie, die Ergebnisse zusammen. Die Bochumer Forscher hatten bereits Riechrezeptoren für Maiglöckchenduft in menschlichen Spermien nachgewiesen. Danach entdeckten sie den Riechrezeptor in den Prostatazellen. Um herauszufinden, worauf er reagiert, statteten die Wissenschaftler zuerst Nierenzellen mit dessen genetischem Bauplan aus und konfrontierten sie mit verschiedenen Duftstoffen. Bei Veilchenduft (Beta-Ionon) und Steroidhormonen (Dihydro-Testosteron) registrierten sie eine vermehrte Ausschüttung von Calcium – der Stoff hatte offensichtlich an die Zelle angedockt und sie aktiviert. Kontrolltests mit gesunden Prostatazellen und solchen, in denen die entsprechende Gensequenz blockiert war, bestätigten das Ergebnis.

Der Duft von Veilchen soll Prostatakrebs-Zellen am Wachstum hindern.Lightbox-Link
Der Duft von Veilchen soll Prostatakrebs-Zellen am Wachstum hindern.Quelle: Hajothu/Wikipedia

„Die Frage war natürlich: Welche Funktion hat der Rezeptor in der Prostatazelle, und welchen Signalweg löst er aus?“, beschreibt Hatt das weitere Vorgehen. In ihren Recherchen seien die Forscher auf eine ältere Studie gestoßen, die ein unbekanntes Eiweiß beschrieben – bei richtigem Hinsehen genau der eben entdeckte Veilchenduftrezeptor hOR 51 E2. Daraufhin besorgten sich die Forscher Tumorzellen von Prostatakrebserkrankungen. Erwartungsgemäß reagierten die Zellen stark auf Veilchenduft. Unerwartet war für die Forscher jedoch dessen Wirkung auf die Krebszellen: Das Zellwachstum habe signifikant abgenommen und sei gegen Null tendiert, so die Wissenschaftler. Der Signalweg des Veilchenduftes sei offenbar ein völlig anderer als bei Riechzellen, so die Forscher. Er führe direkt in den Zellkern, wo er die weitere Zellvermehrung stoppt. Untersuchungen an Mäusen sollen jetzt zeigen, ob das an Zellen beobachtete Ergebnis auch in einem komplexen Organismus funktioniert. Hatt hofft, dass die Forschungsergebnisse langfristig zu einer neuen Therapie führen könnten.

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Wirkstoff aus Tränen als Werkzeug für Krebstherapie

Tränen und Blut schützen vor Krankheitskeimen. Nun haben Forscher einen Weg gefunden, den darin enthaltenen Wirkstoff gezielt für die Krebstherapie einzusetzen.

Lipocaline sind die Transporter im Organismus. Als Bestandteil von Blut und Tränenflüssigkeit binden die kelchförmigen Eiweiße empfindliche Hormone, schwerlösliche Vitamine oder Eisenmoleküle, die für Organismen und Krankheitserreger gleichermaßen lebenswichtig sind. Auf der Basis dieser Erkenntnisse hatten Forscher um Arne Skerra von der Technischen Universität München bereits im Jahr 2001 das Biotech-Unternehmen ausgegründet. Wie die TUM-Forscher gemeinsam mit der Pieris AG sowie britischen Kollegen im Fachmagazin Proceedings of the National Adademy of Sciences (PNAS, 2009, Vol. 106, Nr. 20, S. 8198-8203) sowie im Journal of the American Chemical Society (2009, Vol 131 (10), S. 3565–3576) berichten, haben sie diese Eiweiße nun so verändert, das sie als Werzeug in der Krebstherapie dienen könnten.

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News im Wochrückblick: Pieris wirbt 25 Millionen Euro ein 

Die veränderten Lipocaline sind in der Lage, das Molekül CTLA-4 zu binden. Im Körper ist dieses Molekül dafür zuständig, eine Abwehrreaktion gegen Krankheitserreger zu beenden. Es wird meist nach einigen Tagen ausgeschüttet, wenn der Körper die Krankheit besiegt hat. Bei einer Behandlung von Krebs ist das Hemmer-Molekül CTLA-4 allerdings fehl am Platz. Denn die vom Körper gegen die Krebszellen mobilisierten Antikörper sollen wirken, bis alle zerstört sind.

Die nun von den Forschern mit gentechnischen Methoden veränderten Lipocaline binden eben dieses CTLA-4-Molekül, damit die Abwehrzellen in Ruhe ihre Arbeit machen können. Weil sich die modifizierten Lipocaline  wie Antikörper verhalten, werden sie auch als „Anticaline“ bezeichnet. Allerdings sind sie  achtmal kleiner, passen daher besser in Gewebezwischenräume, und ihre Herstellung ist einfacher. Vor allem aber lassen sich Anticaline gut mit anderen Eiweißen zusammenfügen und können diese so mit zusätzlichen biochemischen Funktionen ausstatten.„Wir waren selbst überrascht, welche unterschiedlichen Funktionen Lipocaline durch Protein-Design erfüllen können“, sagt Skerra, Professor am Wissenschaftszentrum Weihenstephan der TUM. „Diese bislang wenig beachtete Proteinfamilie hat daher großes Potenzial für die Zukunft.“ Vor einem Jahr hatte Pieris 25 Millionen Euro in einer Serie B Finanzierung eingesammelt, um die Anticaline gezielt zur Krebstherapie weiter zu entwickeln. Derzeit befinden sich mehrere Kandidaten in der präklinischen Prüfung.


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Neuer Bluttest zur Alzheimer-Diagnose

Erkrankt ein Mensch an Alzheimer, verändert sich auch die Mikrozirkulation in seinem Blut. Wissenschaftler der Brahms AG haben nun einen Test entwickelt, der diese Veränderung misst.

In Deutschland leiden derzeit rund 1,1 Millionen Menschen an einer Demenzerkrankung, die Hälfte von ihnen an Alzheimer. Bisher war der eindeutige Nachweis der Alzheimer-Demenz an komplizierte Diagnoseverfahren geknüpft: Üblich dafür sind bisher ein Test des Rückenmarks (Cerebrospinalflüssigkeit, CSF) oder bildgebende Verfahren wie MRT oder PET. Die in Brandenburg angesiedelte Brahms AG hat nun ein Verfahren entwickelt, das auf einem einfachen Bluttest basiert – und offenbar in vier von fünf Fällen richtig liegt, wie Forscher des Unternehmens jetzt in der Fachzeitschrift Biological Psychiatry berichten.

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Im Profil: Tobias Hartmann - Alzheimer aufhalten

Der Test basiert dabei auf bestimmten Biomarkern (MR-proADM, CT-proET-1, MR-proANP), die im Blut nachgewiesen werden können. Im Rahmen einer klinischen Studie, die das Diagnostikunternehmen in Kooperation mit der Ludwig-Maximilians-Universität München und dem Trinity College Dublin, durchgeführt hatte, wurde nun nachgewiesen, dass die Messung dieser drei Parameter frühzeitig Alzheimer-Erkrankungen diagnostizieren kann: So konnte der Text mit einer einer 81-prozentigen Genauigkeit eindeutig diagnostizierte Alzheimer-Patienten von gesunden Probanden unterscheiden. 

Die Biomarker konzentrieren sich auf Faktoren, die die Dilatation und Konstriktion des zerebralen Mikrogefäßsystems und somit die Hirndurchblutung steuern. Dies ist entscheidend, um das Gehirn mit ausreichend Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen sowie toxische Substanzen aus dem Gehirn zu entfernen.Biomarkertests auf der Basis von Blutuntersuchungen befinden sich noch in einem frühen Stadium der Entwicklung, werden jedoch in einem Routinescreening zur Demenzprävention bereits als unverzichtbar angesehen. Das neue Verfahren wird nun in einer großen klinischen Studie zu leichten kognitiven Beeinträchtigungen (MCI) getestet.

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Neue DFG-Sonderforschungsbereiche für Biowissenschaften eingerichtet

Krebserkennung und –therapie, Impfstoffe gegen HIV und Forschungen zu Transplantationen und Implantaten sind die Schwerpunkte neuer Sonderforschungsbereiche (SFB) der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).

Insgesamt stehen 73,6 Millionen Euro für neun neue SFBs bereit, die die DFG in den kommenden vier Jahren investieren wird. Vier dieser Forschungsbereiche beschäftigen sich mit Themen aus den Biowissenschaften. So will der SFB 832 „Molekulare Basis und Modulation der zellulären Interaktionen im Tumormikromilieu“ Schlüsselmechanismen aufklären, die die Wechselwirkungen von Krebszellen und ihrem Mikromilieu bestimmen. Am  SFB sind die Universität Köln, die Universität Bonn sowie das Max-Planck-Institut für neurologische Forschung in Köln beteiligt. Langfristig wollen die Forscher um Miachel Hallek von der Universität Köln neue Zielstrukturen aufklären, die als Basis für therapeutische und diagnostische Verfahren dienen können.

Krebstherapien sind auch das Thema des SFB 824 „Bildgebung zur Selektion, Überwachung und Individualisierung der Krebstherapie“. Beteiligt sind die Technische Universität München, die Ludwig-Maximilians-Universität, das Helmholtz-Zentrum München und das Bundesamt für Strahlenschutz. Die Forscher um Markus Schwaiger wollen neue Verfahren molekularer Bildgebung ermitteln, um dadurch die Effekte von Krebstherapien besser verfolgen zu können und damit auch Therapieerfolge zu erhöhen.

Ein deutsch-chinesisches Ko-Projekt ist der SFB/Transregio 60 „Interaktion von Viren mit Zellen des Immunsystems bei persistierenden Virusinfektionen: Grundlagen für Immuntherapie und Impfungen“. Der Schwerpunkt liegt hier auf Viruserkrankungen wie HIV und Hepatitis. Die Wissenschaftler um Michael Roggendorf von der Universität Duisburg-Essen wollen herausfinden, wie es von der Infektion zur chronischen Krankheit kommt, und wie die Viren den Abwehrmechanismen des Körpers entgehen. Dabei sollen langfri stig neue virusspezifische Immuntherapien und Schutzimpfungen entstehen.

Beim vierten SFB mit Schwerpunkt Biowissenschaften kooperieren Wissenschaftler um Jan-Christoph Simons von der Universtität Leipzig unter dem Dach des SFB Transregio 67 „Funktionelle Biomaterialien zur Steuerung von Heilungsprozessen in Knochen und Hautgewebe – vom Material zur Klinik“. Gemeinsam wollen sie das Einheilen von Transplantaten und Implantaten sowie deren Stabilität verbessern. Dies soll mit gezielt veränderbaren Biomaterialien geschehen, die selbstorganisierend in Heilungsprozesse eingreifen können. Beteiligt sind die Universität Leipzig, die Techische Universität Dresden, das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipuig, das Leibniz-Institut für Polymerforschung in Dresden sowie die Innovent Technologieentwicklung in Jena.

Die Sonderforschungsbereiche werden ihre Arbeit zum 1. Juli 2009 aufnehmen. Zusätzlich dazu stimmte die Gesellschaft für die Verlängerung von 31 weiteren SFBs, und fördert damit derzeit 243 Sonderforschungsbereiche.

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