Wochenrückblick KW 24

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Göttinger Forscher haben herausgefunden, dass das Eiweiß Ubiquitin sein großes Repertoir an Passformen zufällig bildet. Quelle: Gunnar Schröder / MPIbpc

17.06.2008  - 

biotechnologie.de hat für Sie sechs aktuelle Nachrichten zur Biotech-Branche der vergangenen Tage zusammengefasst:

Aufgeklärt: Wie die süße Hilfe bei Entzündungen funktioniert +++ Göttinger Strukturbiologen decken Bindungsverhalten eines molekularen Verwandlungskünstlers auf +++ Bayer AG eröffnet Pilotanlage für Medikamentenproduktion in Tabakpflanzen +++ Neues Kompetenznetz Diabetes erhält 7,5 Millionen Euro vom BMBF +++ Allergieforschung: Listerien in Betten von Bauernhof-Kindern entdeckt +++ Wie Schimmelpilze bei Dunkelheit Sex und Giftproduktion koppeln 



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News: Viertes Glykan-Forum in Berlin - Zucker im Mittelpunkt

Broschüre zum Bestellen: "Die Zukunft ist süß - Möglichkeiten der Glykobiotechnologie"

Themendossier: Glykobiotechnologie im Aufwind

Wie die süße Hilfe bei Entzündungen funktioniert: Weiße Blutkörperchen sind ein Teil des Waffenarsenals der menschlichen Immunabwehr. Sie zirkulieren normalerweise im Blut und halten nach gefährlichen Eindringlingen Ausschau. Bei Entzündungen müssen bestimmte weiße Blutkörperchen, die neutrophilen Granulozyten, vom Blut in das verletzte Gewebe eindringen. Inzwischen ist bekannt, dass dieser Prozess maßgeblich von Zuckermolekülen beeinflusst wird: Oberflächenmoleküle der Gefäßwand (Selektine) packen die im Blut schwimmenden Granulozyten an ihren Zuckerantennen, locken die Immunzellen aus dem Blutstrom und geleiten sie durch die Wand des Blutgefäßes zum verletzten Gewebe, in das sie dann einwandern können. Welche Rolle die Zuckerantennen dabei genau spielen, war bislang jedoch noch ungeklärt. Wie Wissenschaftler um Markus Sperandio der Ludwig-Maximilians-Universität München gemeinsam mit Kollegen aus Heidelberg, Münster und Aachen im Fachmagazin Journal of Experimental Medicine (2008, Vol. 205, Nr. 6, S. 1435-1446) berichten, ist es ihnen erstmals gelungen, die Rolle der Zuckerantennen bei der festen Anhaftung der Blutkörpchen an entzündlich veränderte Gefäßwände nachzuweisen. Anhand von Mäusen konnten die Forscher klären, dass ein spezieller Rezeptor (CXCR2) an der Oberfläche der Blutkörperchen mit ganz bestimmten Zuckern (Sialinsäuren) ausgestattet sein muss, um eine feste Bindung auszulösen.  Ermöglicht hat diesen Nachweis ein spezielles Intravitalmikroskop, das die Beobachtung biologischer Prozesse in lebenden Organismen erlaubt und an der LMU im Rahmen des "BioImaging Network Munich (BIN)" einen methodischen Schwerpunkt bildet. „Unsere Ergebnisse können ein Ausgangspunkt für die Therapie von akuten und chronischen Entzündungsprozessen sein“, so LMU-Professor Markus Sperandio.

Mehr Informationen bei der LMU München: hier klicken



Verwandlungskünstler im Visier von Strukturbiologen: Ubiquitin ist ein wahrer Verwandlungskünstler unter den Eiweißen (Proteinen) und Teil eines ausgeklügelten Recycling-Systems, das beschädigte oder ausgediente Proteine in ihre Bestandteile zerlegt und wiederverwertet. Ubiquitin ändert dabei nicht nur sein Äußeres sehr häufig, sondern auch seine molekularen Partner. Bereits 46 verschiedene Strukturen von Ubiquitin sind bekannt, in 21 dieser Strukturen bindet Ubiquitin an jeweils andere Partner. Unklar war bisher, wie das Protein diese Bindungen einnimmt, denn normalerweise passen Proteine selten wie Schlüssel und Schloss perfekt zusammen. Vielmehr gilt: Was nicht passt, wird passend gemacht. Oft wird das Protein vom Partner regelrecht in Form gebogen. Damit sich die Form eines Proteins ändert, müssen sich seine molekularen "Zahnräder", Molekülgruppen und Aminosäuren, entsprechend bewegen. Diese laufen im Bereich zwischen Nano- und Mikrosekunden ab, der bisher mit keiner Methode beobachtbar war. Wie die Forscher um Bert de Groot, Christian Griesinger und Helmut Grubmüller vom Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen im Fachmagazin Science (2008, Vol. 320, Nr. 5882, S. 1471-1475) berichten, konnten sie die Bewegungen einzelner Zahnräder von Ubiquitin in diesem bisher unzugänglichen Zeitfenster sichtbar machen. Zugleich haben die Forscher anhand von Kernspinresonanzspektroskopie-Experimenten mit Molekulardynamik-Simulationen herausgefunden, dass Ubiquitin – anders als die bisherige Lehrbuchmeinung - ständig selbst seine Form ändert und dadurch zufällig das benötigte Repertoire an Passformen erzeugt.

Mehr Informationen beim MPI für biophysikalische Chemie: hier klicken


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News: Erstes entschlüsseltes Moos-Genom -Vom Landeroberer zum Arzneiproduzenten

Broschüre zum Bestellen: Pflanzen als Rohstoffe für die Zukunft

Bayer eröffnet Pilotanlage für Medikamentenproduktion in Pflanzen: Bereits heute sind 15 Prozent aller Medikamente biotechnologisch hergestellt – und sogar jedes vierte neue Medikament besteht aus einem Wirkstoff, der in Bioreaktoren produziert wurde: zum Beispiel in Bakterien, Bierhefen, Insekten- oder Hamsterzellen. Auch Pflanzen bieten sich als Arzneimittelproduzenten für Biotech-Medikamente an – insbesondere das Verunreinigungsrisiko ist hier deutlich geringer als bei bisherigen Verfahren, da Pflanzenerreger für Menschen nicht gefährlich sind. Noch ist allerdings kein „Plant made“-Wirkstoff für Menschen auf dem Markt. Dennoch wird weltweit daran gearbeitet. Bereits seit 1999 widmet sich die in Halle ansässige Biotech-Firma Icon Genetics Tabakpflanzen, um in ihren Blättern eiweißbasierte Medikamente herzustellen. Im 2006 wurde das Unternehmen von der Leverkusener Bayer AG gekauft. Seitdem sind zehn Millionen Euro nach Halle geflossen. Nun wurde am 16. Juni eine erste Pilotanlage zur Herstellung von Klinikmustern eröffnet. „Dieses Projekt soll unsere Chancen verbessern, mit biotechnologisch hergestellten Medikamenten neue Therapien für lebensbedrohliche Krankheiten zu finden“, erläutert Bayer-Vorstandsmitlgied Wolfgang Plischke. Die Produktion von Proteinen in der Tabakpflanze eröffne – durch ihre Schnelligkeit und hohe Ausbeute – neue Chancen für Therapien, die bislang aufgrund von Faktoren wie Produktionsschnelligkeit oder auch Wirtschaftlichkeit nicht in Frage kamen, so Plischke. Die Anlage in Halle soll zunächst ein Krebsmedikament zur Behandlung des Non-Hodgkin-Lymphoms (NHL) herstellen, das Anfang 2009 zum ersten Mal an Menschen getestet wird. Die dafür nötigen Wirkstoffkontingente sollen bei Icon Genetics hergestellt werden. „Die Tabakpflanze kann mit unserer Methode große Mengen an komplexen Wirkstoffen für Medikamente produzieren – und zwar besonders schnell, einfach, sicher und preisgünstig“, so Icon Genetics-Gründer Yuri Gleba.

Mehr Informationen bei Bayer: hier klicken



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News: Diabetes Typ 2 - Neuen Risikogenen auf der Spur

Neues Kompetenznetz Diabetes erhält 7,5 Millionen Euro vom BMBF: Im Deutschen Gesundheitsbericht Diabetes 2008 der Deutschen Diabetes-Union und des Nationalen Aktionsforums Diabetes mellitus wird die Anzahl der an Diabetes-Patienten in Deutschland auf zirka acht Millionen Menschen geschätzt. Um die Behandlung der Betroffenen künftig besser zu vernetzen und die Erforschung neuer Therapien gezielter als bisher voranzutreiben, hat sich nun ein erstmals ein Kompetenznetz Diabetes unter Koordination der Technischen Universität München gebildet. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt das krankheitsbezogene Netzwerk im Rahmen des Förderprogramms „Gesundheitsforschung“ für zwölf Jahre. In den ersten drei Jahren werden dafür zunächst 7,5 Millionen bereitgestellt. Das Geld fließt in sieben Forschungskonsortien mit jeweils unterschiedlichen wissenschaftlichen Schwerpunkten.

Mehr Informationen zum Kompetenznetz Diabetes: hier klicken


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Förderportrait:Krankheitsauslösende Mikroorganismen im Visier

News: Neuen Übeltäter bei der Entstehung von Allergien gefunden

News: Ungewohnt helfende Rolle von Mastzellen entdeckt

Listerien in Betten von Bauerhof-Kindern gefunden: Bereits seit einigen Jahren vermuten Wissenschaftler, dass Mikroorganismen vor der Entstehung von Asthma und Allergien schützen. So wurden hitzeabgetötete Listerien bereits erfolgreich in der Immuntherapie von Mäusen zur Regulierung von Atemwegshyperreaktivität und Entzündungen eingesetzt. Vor diesem Hintergrund hat ein Forscherteam um Johann Bauer vom Wissenschaftszentrums Weihenstephan der Technischen Universität München (TUM) auf Bauernhöfen gezielt nach Listerien gefahndet. Die Vermutung: Möglicherweise trainieren Landkinder ihr Immunsystem gerade durch diese Bakterien, denn Listerien treten sowohl im Ackerboden als auch im Viehstall immer wieder auf. Im Zusammenhang von Bauernhof-Lebensstil und der Vorbeugung von Kinderallergien haben die TUM-Forscher deshalb Staubproben von insgesamt 26 Bauernhöfen in Südbayern untersucht – zum Einen aus den Kuh- und/oder Schweineställen, zum Anderen von den Matratzen der Kinder. Wie die Wissenschaftler im Fachmagazin Environmental Research (2008, Vol. 107, S. 299-304) berichten, fand sich der Keim in 28 Prozent der Tierstall-Proben, und sogar in 60 Prozent der Proben aus Matratzenstaub. In welche Richtung diese Ergebnisse zu deuten sind, ist allerdings noch unklar. Zum einen könnten die Mikroorganismen tatsächlich dem Allergieschutz dienen, zum anderen könnten sie aber auch eine bislang verborgene Infektionsquelle für die so genannte Listeriose sein. Beide Thesen müssen mit weiteren Studien überprüft werden.

Mehr Informationen beim Wissenschaftszentrum Weihenstephan: hier klicken


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News: Schimmelpilze im Visier der Wissenschaft

Wie Schimmelpilze bei Dunkelheit Sex und Giftproduktion koppeln: Lebensrettende Antibiotika oder krebserregende Giftstoffe – Schimmelpilze produzieren Freunde und Feinde für die Gesundheit des Menschen. Ein Forscherteam um Gerhard Braus von der Universität Göttingen hat sich nun gemeinsam mit amerikanischen Kollegen den genetisch besonders gut analysierbaren Pilz Aspergillus nidulans genauer angesehen: Unter Ausschluß von Licht vermehrt er einen stark krebserregenden Giftstoff (Sterigmatocystin). Für den Pilz selbst dient die Dunkelheit der Fortpflanzung, weil sich ohne Licht Fruchtkörper bilden. Bislang war jedoch noch unklar, wie Giftproduktion und Pilzentwicklung auf molekularer Ebene miteinander gekoppelt sind. Da Pilze eine Vielzahl biologischer Wirkstoffe produzieren, ist das Verständnis dieser Zusammenhänge eine wichtige Voraussetzung, um diese für Anwendungen in Medizin und Pharmazie nutzbar zu machen. Wie die Forscher jetzt im Fachmagazin Science (2008, Vol. 320. Nr. 5882, S. 1504-1506) berichten, haben sie die unterschiedlichen, durch Licht synchronisierten zellulären Prozesse aufgeklärt. Sie konnten zeigen, dass ein bestimmter Proteinkomplex (Velvet) dabei eine wesentliche Rolle spielt.

Mehr Informationen bei der Universität Göttingen: hier klicken

Wochenrückblick

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