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Schimmelpilze im Visier der Wissenschaft: Genom von Aspergillus niger entschlüsselt

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Nützling und Schädling zugleich: Der Schimmelpilz Aspergillus niger unter dem Mikroskop. Quelle: Uniklinikum Jena

06.02.2007  - 

Schimmelpilze sind jedem bekannt, der sein Brot oder andere Nahrungsmittel zu lange stehen lässt: Diese winzig kleinen Mikroorganismen sind in der Lage, Lebensmittel zu zersetzen und können unter bestimmten Umständen auch Krankheiten auslösen. Auf der anderen Seite werden Schimmelpilze als hochleistungsfähige Produzenten von Eiweißen oder Säuren in der Lebensmittelindustrie eingesetzt. Mithilfe von molekularbiologischen Methoden wollen Wissenschaftler nun herausfinden, durch welche genetischen Vorraussetzungen die nützlichen und durch welche die schädlichen Eigenschaften entstehen. Wie ein internationales Team mit deutscher Beteiligung in Nature Biotechnology (Online, 28. Januar 2007) berichtet, ist es jetzt gelungen, das Erbgut des Schwarzschimmels Aspergillus niger zu entschlüsseln.

Zur Gattung der Schimmelpilze (Aspergillus) gehören rund 200 verschiedene Arten, die meisten von ihnen sind für den Menschen harmlos. Im Durchschnitt atmet jeder täglich bis zu 100 Aspergillus-Sporen ein und normalerweise sorgt das Immunsystem dafür, dass sich daraus keine Infektionen entwickeln. Eine besondere Art, Aspergillus fumigatus, kann jedoch zur Gefahr werden: Insbesondere bei Menschen, deren Immunsystem unterdrückt wird – beispielsweise bei Organ- oder Stammzelltransplantationen. Dann kann der Kontakt mit den winzigen Aspergillus-Mikroorganismen zu Infektionen der Lunge, des Bauchfells, der Haut oder des Herzen auslösen, was nicht selten zum Tod führen kann.

Aspergillus niger, auch Schwarzschimmel genannt, ist hingegen eine weitaus harmloserer Schimmelpilz-Verwandter. Seinen Namen hat der Pilz von seinen fast schwarzen Sporen und ein jedem wird er im Haushalt bereits begegnet sein: Man findet ihn häufig auf stärkehaltigen Lebensmitteln, wie Brot oder Kartoffeln, auf Pflanzen und in allen feuchten Ecken des Hauses. Er ist dafür bekannt, organische Materialien zu zersetzen und kann sogar Glas zerstören. Lebensmitteltechnologen haben für Aspergillus niger indes auch eine nützliche Anwendung gefunden: Er eignet sich zur Produktion von bestimmten Eiweißen (Enzymen), die für die industrielle Produktion gebraucht werden. So wird Aspergillus niger beispielsweise dazu genutzt, Enzyme für die Backindustrie oder Zitronensäure herzustellen. Mit den auf dem Brot wachsenden Schimmelpilzen haben diese Aspergillus-Stämme aber nur noch den Ursprung gemeinsam: Mithilfe biotechnologischer Methoden sind sie so verändert worden, dass sie möglichst viele der gewünschten Stoffe produzieren.

Woher stammen die nützlichen und schädlichen Eigenschaften?

Da die Schimmelpilze also sowohl nützliche als auch gefährliche Eigenschaften aufweisen, haben sie bereits seit geraumer Zeit das Interesse der Wissenschaft geweckt. Jetzt hat ein internationales Forscherteam, an dem unter anderem vier Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig sowie die Unternehmen Qiagen und Biomax beteiligt waren, das Genom von Aspergillus niger komplett entschlüsselt. Wie sie im Fachmagazin Nature Biotechnology (Online, 28. Januar 2007) berichten, können nun darauf aufbauend neue Ansätze für die biotechnologische Lebensmittelproduktion entwickelt werden. So haben die Wissenschaftler aus den Niederlanden, England, Dänemark, Belgien, Frankreich, Österreich, Ungarn und Deutschland beispielsweise wichtige Gene des Pilzes entziffert, die für die Eiweißausschüttung und den Stoffwechsel zuständig sind. Die nun mögliche biotechnologische Veränderung der genetischen Baupläne von Aspergillus niger gibt Lebensmitteltechnologen die Möglichkeit, die industriellen Produktionsverfahren noch zu verfeinern und effizienter zu gestalten. Auf der anderen Seite erhoffen sich die Wissenschaftler auch neue Werkzeuge gegen Aspergillus niger und Aspergillus fumigatus ausgelöste Krankheiten. „Wenn wir die Gene dieser beiden engen Verwandten systematisch vergleichen, können wir vielleicht die spannende Frage lösen: Was macht den einen so nützlich und den anderen so gefährlich für den Menschen?“ sagt an An-Ping Zeng, einer der beteiligten Braunschweiger Forscher vom HZI mit Rückblick auf das von einem internationalen Forschungsverbund Ende 2005 entzifferte Genom von  Aspergillus fumigatus(Publiziert in Nature am 22.Dezember 2005).


Mikroskopische Vergrößerung von A.fumigatus sporenenthaltenden Conidien-Köpfen Lightbox-Link
Mikroskopische Vergrößerung von A.fumigatus sporenenthaltenden Conidien-Köpfen Quelle: Dr. Ellis, University of Adelaide

Kann tödliche Infektionen auslösen: 
Aspergillus fumigatus.
Quelle: Dr. Ellis, Universität Adelaide



Neue Wege zur Diagnose und Therapie von Aspergillus-Infektionen sind auch das Thema eines anderen wissenschaftlichen Netzwerkes, an dem sich mehrere Forschergruppen aus Europa beteiligen. An dem von der Universität Würzburg koordinierten und von der Europäischen Union finanziell geförderten Projekt „Development of novel management strategies for invasive aspergillosis“ (MANASP) arbeiten insgesamt neun internationale universitäre und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen aus Irland, Italien, Frankreich und Deutschland. In Deutschland beteiligt sich darüber hinaus das Biotech-Unternehmen Miltenyi Biotech. „Wir verfolgen zwei Ziele mit unserer Arbeit“, sagt Privatdozent Jürgen Löffler von der Universität Würzburg, der gemeinsam mit Professor Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik der Universität Würzburg den Verbund leiten wird. Zum einen soll die Diagnose einer Aspergillose-Infektion verbessert werden: Sie ist im Anfangsstadium oft nur schwer zu erkennen ist und nur eine frühe Diagnose kann bei den derzeit nur bedingt wirksamen Medikamenten überhaupt eine Aussicht auf Heilung geben. Zum anderen wollen die Wissenschaftler einer genetischen Veranlagung nachgehen, die möglicherweise für eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber Schimmelpilz-Infektionen verantwortlich ist. Bei Transplantationspatienten könnte solch ein genetisches Risikoprofil Auskunft über eventuell notwendige Sicherheitsvorkehrungen geben, um so das Immunsystem im Kampf gegen Aspergillus zu unterstützen. „Wir forschen jetzt nach Wegen, die Infektion mit einer Impfung zu verhindern“, erklärt Löffler. Alternativ wollen die Mediziner Immunzellen und Antikörper entwickeln, die sie einem Patienten verabreichen können, um so dem Immunsystem ebenfalls zu helfen.

 

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