Neue Allianz: Evotec will Sanofi-Standort übernehmen
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- Seit zwei Jahren versucht Sanofi seine Niederlassung in Toulouse umzubauen: Dagegen gab es in der Vergangenheit massive Proteste von Seiten der Gewerkschaft. Diese muss nun auch den neuen Plänen zustimmen. Quelle: flickr.com/lesamisdevercoquin
04.12.2014 -
Noch sind die Verträge nicht unterzeichnet, aber für das Hamburger Biotech-Unternehmen wäre die Übernahme ein weitreichender Schritt: Nach den Plänen soll die Evotec AG den Standort Toulouse des französischen Pharmakonzerns Sanofi übernehmen. Die Hamburger würden um rund 200 Mitarbeiter wachsen und garantierte Zahlungen von 250 Mio. Euro in den kommenden fünf Jahren erhalten. In der ersten Jahreshälfte 2015 sollen die Pläne offiziell besiegelt werden – sofern die lokalen Gewerkschaften zustimmen. Vor Ort werden die Pläne als erneute Kehrtwende des französischen Pharmakonzerns wahrgenommen und vor allem unter den Mitarbeitern mit Skepsis betrachtet. Die Evotec-Aktien wurden durch die Nachricht indes beflügelt.
Für die Evotec AG wäre es eine der größten strategischen Kooperationen mit einem Pharmakonzern. Neben den Zahlungen und den neuen Mitarbeitern winken je nach Projektfortschritt weitere Meilensteinzahlungen sowie Umsatzbeteiligungen. „Diese Allianz stellt einen wichtigen Meilenstein in der Wirkstoffforschung dar“, sagte Evotec-Chef Werner Lanthaler am 3. Dezember im Rahmen einer Telefonkonferenz mit Analysten. Das Biotech-Unternehmen mit Hauptsitz in Hamburg könnte mit einem Schlag auf einen vollständig ausgestatteten Pharmastandort zugreifen und ihre Belegschaft auf insgesamt 850 Personen erhöhen. „An unseren bisherigen Standorten stoßen wir langsam an Kapazitätsgrenzen“, berichtet Lanthaler. Rund die Hälfte der neuen Mitarbeiter in Toulouse könnten für Evotec-Projekte genutzt werden, heißt es. Geplant ist, am französischen Standort ein europäisches Kompetenzzentrum für Substanzverwaltung und Wirkstoffforschungsleistungen aufzubauen. Bislang wurde dort vor allem an niedermolekularen Wirkstoffen geforscht. Sanofi will den Deutschen nun die globale Verwaltung der Substanzbibliotheken übergeben. Im Zuge der Vereinbarung wollen beide Firmen ihre Substanzbibliotheken kombinieren. Statt 400.000 Substanzen könnte Evotec so künftig rund 1,7 Millionen Stoffe screenen. Die Vereinbarung sieht vor, dass Sanofi bestimmte Beteiligungen erhält, wenn ein Produkt auf Basis eines Treffers in der Bibliothek entwickelt wird. Darüber hinaus wollen die Partner in der Krebsforschung zusammenarbeiten. Evotec ist dabei für die präklinische und Sanofi für die weitere Entwicklung sowie Vermarktung zuständig.
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Gewerkschaften müssen noch zustimmen
Noch müssen die französischen Gewerkschaften den neuen Plänen zustimmen. Sollte die endgültige Vereinbarung wie geplant im ersten Halbjahr 2015 abgeschlossen werden, würden wohl beide Partner davon profitieren. „Unsere Allianz wird die Zukunft unserer Mitarbeiter in Toulouse sichern und auch die Produktivität unserer Pipeline steigern“, sagt Elias Zerhouni, Präsident Global R&D von Sanofi. In jedem Fall wäre endlich eine Lösung für den Problem-Standort Toulouse gefunden. Zuletzt war der frühere Sanofi-Chef Christopher Viehbacher unter anderem über Differenzen bezüglich dieses Standortes gescheitert. Er hatte im Jahr 2012 Pläne vorangetrieben, um die Niederlassung in Toulouse auf unabhängige Beine zu stellen und die Mitarbeiterzahl deutlich zu reduzieren. Bisher jedoch waren alle Umbauvorschläge am Widerstand der Gewerkschaften gescheitert. Von den ursprünglich rund 600 Mitarbeitern sollen nun noch 250 am Standort verbleiben, zwei der Plattformen vor Ort würden an Evotec übergeben. Im Rahmen der Verhandlungen soll diesen bis zum Jahr 2019 eine Bestandsgarantie durch Evotec zugesichert werden. 42 Mitarbeiter in Toulouse sollen indes bei Sanofi verbleiben und dort den Aufbau eines Biotech-Parks vorantreiben. Dieser soll als Inkubator für Start-ups dienen, fünf Firmen stünden bereit, heißt es in französischen Medien.
Mit Blick auf die Substanzbibliotheken gab es bereits in den vergangenen Monaten etliche Umbauten – sowohl bei Sanofi als auch bei Evotec. So haben beide Firmen im Jahr 2014 mit dem Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie (IME) in Aachen eine Allianz geschlossen. Während Sanofi mit den Fraunhofer-Forschern ein Exzellenzzentrum für Wirkstoffforschung im Bereich Antibiotika-Entwicklung in Gießen aufbauen will (mehr...), hatten die Hamburger im Juli den European Screening Port an das IME abgegeben (mehr...). Ob das IME in den aktuellen Verhandlungen ebenfalls eine Rolle spielt, wurde nicht bekannt. In der Pressemitteilung heißt es lediglich, dass Sanofi über die geplante Allianz mit Evotec weiteren Zugang zu Projekten erhält, die die Hamburger mit diversen europäischen akademischen Partnern vorantreibt.
Finanzmarkt befürwortet Pläne
Am Finanzmarkt kam der Start der Verhandlungen mit Sanofi gut an, die Evotec-Aktien verzeichneten schon kurz nach Veröffentlichung der Pressemeldung ein deutliches Plus. Zuletzt war Evotec im September durch den Diapep-Skandal unter Druck geraten (mehr...). Der Fortgang der Verhandlungen wird nun maßgeblich daran hängen, inwiefern die Gewerkschaften vor Ort den Umbauplänen zustimmen. Es seien die dritten Umbaupläne innerhalb von 28 Monaten für den Standort, heißt es von Seiten der CFDT. In lokalen Medien vor Ort sprachen betroffene Mitarbeiter von einem Schock und erneuten Unsicherheiten.Die lokale Politik scheint den Plänen jedoch offener gegenüberzustehen als den vorherigen. Aus ihrer Sicht sei die Allianz mit Evotec nach vorn gerichtet und könnte dem Forschungsstandort Toulouse neuen Schwung verleihen.
