Wochenrückblick KW 47
Rückblick auf Kalenderwoche 47
Für den Zeitraum vom 17. bis 24. November 2014 hat biotechnologie.de für Sie die wichtigsten Nachrichten aus der Biotech-Branche zusammengestellt.
Sperma unterläuft Wirkung von HIV-Schutzgelen
Ulmer Forscher haben untersucht, warum bestimmte Vaginalgele nicht genügend vor einer HIV-Ansteckung schützen. Ein Grund sind Eiweißschnipsel im Sperma.
2012 lebten in Deutschland etwas 78 000 Menschen mit einer HIV-Infektion. Trotz antiviraler Therapien ist die Zahl der Neuinfektionen gestiegen. Nach Angaben des Robert-Koch-Institutes stieg die Zahl im Jahr 2013 im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozent von 2 976 auf 3 263 an. Laut RKI sind Männer weiterhin deutlich häufiger betroffen als Frauen. Experten schätzen, dass etwa 70 Prozent aller HIV-Neuinfektionen durch Geschlechtsverkehr entstehen. Die Samenflüssigkeit gilt hier als Hauptüberträger. Wissenschaftler der Universität Ulm sind der Frage nachgegangen, warum bestimmte antivirale Mikrobizide – also virenabtötende chemische Substanzen – in der Praxis versagten, obwohl sie in präklinischen Tests erfolgreich waren. Dabei fand das Team um Jan Münch heraus: bestimmte Verbindungen aus Spermapeptid-Fragmenten verstärken nicht nur die Infektiosität des HI-Virus, sondern senken zugleich drastisch die antivirale Wirkung von speziellen Vaginalgelen.
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In ihrer im Fachjournal Science Translational Medicine (2014; Bd.6; S.262) veröffentlichten Studie konnten die Ulmer Forscher gemeinsam mit US-amerikanischen Kollegen beweisen, dass nicht die Samenflüssigkeit allein die Mikrobizide hemmt, sondern bestimmte Spermapeptid-Aggregate den Virenschutz blockieren. Der Studie zufolge konnten sie die antivirale Wirkung des HIV-Schutzstoffes ebenfalls mit synthetischen Amyloiden hemmen, wogegen die Samenflüssigkeit ohne Fibrillen den Mikrobiziden nicht schaden konnte und der Virenschutz so erhalten blieb. „Es handelt sich dabei um Amyloidfibrillen, die Virus-Partikel binden und so besonders infektiöse Cluster bilden. Diese Klebestäbchen sind wohl auch für die Hemmung der antiviralen Wirkstoffe in den Vaginalgelen verantwortlich“, erklärt Jan Münch. Er und sein Team stellen auch fest, dass bestimmte antivirale Wirkstoffe wie Marovirac den klebrigen Amyloid-Stäbchen nicht schaden. Der Grund: Die Substanz bindet an den Oberflächenrezeptoren der Wirtszellen und verhindert so, dass Viren anhaften. Mit ihrer Studie liefern die Ulmer-Wissenschaftler nicht nur die Erklärung für das Versagen der Mikrobiziden. Sie legen damit auch den Grundstein für die Entwicklung neuer Wirkstoffen zum Schutz vor der Übertragung von HIV beim Sex.
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Die wichtigsten Nachrichten aus der Biotech-Branche
- Merck: Milliardendeal zur Krebsmedizin
- Konsortium sucht MS-Biomarker
- Vogelgrippevirus H5N8 auf dem Vormarsch
Merck: Milliardendeal zur Krebsmedizin
Die Merck KGaA hat mit dem US-Konzern Pfizer ein Milliardengeschäft zur gemeinsamen Entwicklung eines Krebswirkstoffs abgeschlossen.
680 Millionen Euro – eine so hohe Vorabzahlung hat es in der Biotechnologie bisher nicht gegeben. Genau diese Summe überweist der US-Konzern Pfizer nun jedoch der deutschen Merck KGaA, um sich an der Entwicklung und Vermarktung der Krebsarznei MSB0010718C, einem PD-L1-Antikörper, zu beteiligen. Dem Darmstädter Konzern winken zudem Prämien in Höhe von 1,6 Milliarden Euro. Forschungs- und Entwicklungskosten wollen die beiden Partner ebenso wie künftige Umsätze teilen.
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Zwei weitere Absprachen wurden getroffen: Zum einen wird eine gemeinsame Phase-1-Studie für einen PD-1-Antikörper von Pfizer vorbereitet, zum anderen darf Merck künftig die Lungenkrebsarznei Xalkori von Pfizer in den USA und anderen Märkten mitvermarkten. „Unser strategischer Fokus auf die Immunonkologie wird durch die weltweite Allianz ganz wesentlich gestärkt“, erklärte Mercks Pharma-Chef Stefan Oschmann. Nächstes Jahr sollen dazu bis zu 20 klinische Entwicklungsprogramme angeschoben werden. Der PD-L1-Antikörper soll dabei sowohl eigenständig als auch in verschiedenen Kombinationen mit zugelassenen und in der Entwicklung befindlichen Arzneimittelkandidaten der beiden Unternehmen getestet werden. Erst Ende Juli hatten die Darmstädter eine Phase-II-Studie mit MSB0010718C zur Behandlung einer seltenen Form von Hautkrebs angekündigt. Der Antikörper soll die Tarnung von Krebszellen vor der körpereigenen Abwehr aufheben und so dafür sorgen, dass T-Zellen den Tumor angreifen und sein Wachstum hemmen. An der Börse katapultierte die Nachricht über die neue Allianz die Merck-Aktie auf ein neues Allzeithoch. Die Aktien stiegen um bis zu 4,5 Prozent auf 77,66 Euro und waren damit Spitzenreiter im Dax. Analysten beurteilten den Deal durchweg positiv. So sagte Ulrich Huwald von Warburg Research, wegen der Teilung der Entwicklungskosten sei der Deal eindeutig wertsteigernd. Odile Rundquist von der Baader Bank sprach ebenfalls von „sehr guten Nachrichten“ für Merck. Die Allianz beschleunige die Entwicklungsarbeit der Darmstädter und verleihe ihr erhebliche Glaubwürdigkeit. Die Deutschen dürften von der Stärke und den Ressourcen von Pfizer profitieren.
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Die wichtigsten Nachrichten aus der Biotech-Branche
- Sperma unterläuft Wirkung von HIV-Schutzgelen
- Konsortium sucht MS-Biomarker
- Vogelgrippevirus H5N8 auf dem Vormarsch
Konsortium sucht MS-Biomarker
Die Potsdamer Metabolomics Discoveries GmbH sucht als Teil eines Forschungskonsortiums nach Biomarkern, die charakteristisch für Multiple Sklerose sind.
Neben Metabolomics arbeiten auch die Evotec AG, die Screeningport-Einheit des Fraunhofer Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie (IME) und das Institut für Neuroimmunologie und Multiple Sklerose (INIMS) des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf an dem Projekt. Gemeinsam suchen die Projektpartner in Stoffwechselprodukten und regulatorischen RNA-Molekülen gezielt nach Biomarker-Kandidaten. „Bisher wurden keine Biomarker entdeckt, der das Ausmaß und den Verlauf der Neurodegeneration bei Multipler Sklerose zuverlässig vorhersagen“, so Projektleiter Ole Pless vom Fraunhofer IME Screeningport.
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Zusammen mit der Biomarker-Suche werden auch drei kürzlich gestartete Projekte zur Wirkstoffentwicklung mit insgesamt 4 Millionen Euro gefördert. So wird INIMS zusammen mit der Evotec AG und Screeningport nach funktionellen Inhibitoren des Ionenkanals TRPM4 suchen. In Tierversuchen hatte sich gezeigt, dass die Blockade des Moleküls zu einem verringerten Absterben von Nervenzellen führt. In Kooperation mit der Klinik für Allgemeine Neurologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster werden von Screeningport zudem Substanzen gesucht, die den Kalium-Ionenkanal TREK1 pharmakologisch beeinflussen. Ihm wird eine wichtige Funktion bei der Einwanderung von Immunzellen ins Zentralnervensystem und beim Schutz von Gehirnzellen vor Schädigung zugeschrieben. Schließlich entwickelt die Fraunhofer-Projektgruppe Translationale Medizin und Pharmakologie TMP in Frankfurt/Main in Kooperation mit der dortigen Goethe-Universität sowie dem Hertie-Institut für klinische Hirnforschung der Eberhard-Karls-Universität Tübingen den Wirkstoffkandidaten TMP-001. Er soll als orales Therapeutikum den MS-Verlauf modifizieren. Alle vier Projekte sind unter dem Dach des Neu2-Konsortiums angesiedelt. Es gehört zu den drei Gewinnern des bundesweiten Biopharma-Wettbewerbs des BMBF und entwickelt neue Medikamente und diagnostische Konzepte zur Behandlung von Multipler Sklerose und anderen neurodegenerativen Erkrankungen. Erst im Frühjahr dieses Jahres hatte Evotec die Bionamics GmbH übernommen, welche das Neu2-Konsortium koordiniert und dafür noch bis Ende kommenden Jahres durch das Bundesforschungsministerium gefördert wird. Im Juli wurde die European Screeningport GmbH, ein Public-Private-Partnership der Hansestadt Hamburg und der Evotec AG, dem Fraunhofer IME angegliedert.
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Die wichtigsten Nachrichten aus der Biotech-Branche
- Sperma unterläuft Wirkung von HIV-Schutzgelen
- Merck: Milliardendeal zur Krebsmedizin
- Vogelgrippevirus H5N8 auf dem Vormarsch
Vogelgrippevirus H5N8 auf dem Vormarsch
Der hochpathogene Vogelgrippevirus H5N8 breitet sich weiter aus. Nach Deutschland und den Niederlanden wurde der Erreger nun auch in Großbritannien festgestellt.
In einem Putenmastbetrieb in Heinrichswalde im Landkreis Vorpommern-Greifswald nahm die Vogelgrippe-Welle vor knapp drei Wochen ihren Lauf. Alle 31 000 Tiere mussten damals getötet werden. Für den Umkreis von 50 Kilometern wurde die Stallpflicht angeordnet. Als Erreger wurde der als hochpathogen geltende aviäre Influenzavirus (HPAI) vom Subtyp H5N8 festgestellt. In den Niederlanden Nahe Gouda mussten elf Tage später 150 000 Legehennen getötet werden, die mit dem Virus H5H8 infiziert waren. Nun ist der Erreger auch in Großbritannien nachgewiesen worden. Davon betroffen ist ein Betrieb mit etwa 6 000 Zuchtenten in der Region Nord-Yorkshire. Auch hier wurden alle Tiere getötet.
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News: Hochsicherheitslabor auf Riems eingeweiht |
Mit diesem Virus verwandte Erreger der Geflügelpest wurden zuletzt in Südkorea, Japan und im Osten Chinas nachgewiesen. Wie sich das Virus in Europa verbreiten konnte, untersuchen seit dem Ausbruch auf Rügen Forscher vom FLI – dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit auf der Insel Riems in Mecklenburg-Vorpommern. Wie das Institut in einer Pressemitteilung am 22. November mitteilte (mehr ...), wurde der Erreger nun erstmals in Europa auch bei einem Wildvogel festgestellt. Die Krickente wurde nahe der Ausbruchsstelle in Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen einer Wildvogel-Überwachung entdeckt. Die FLI-Forscher sehen darin ihren Vedacht bestätigt, dass der hochpathogene H5N8-Erreger nicht nur durch Personen, Waren, Futter oder Wasser eingeschleppt, sondern auch durch bereits infizierte Wildvögel verbreitet werden kann. Nach Einschätzung des FLI und des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft ist für den jetzt festgestellten Virustyp eine Krankheitsübertragung auf den Menschen bisher nicht nachgewiesen, kann aber auch nicht ausgeschlossen werden. Nach den bisherigen Erkenntnissen gebe es keine Anhaltspunkte, dass Menschen durch den aktuellen Ausbruch gefährdet sind, teilt das BMEL auf seiner Internetseite mit (mehr ...). Die Forscher vom FLI appellieren allerdings an alle Geflügelhalter, verstärkt auf die Biosicherheit im Betrieb und auf Anzeichen von Krankheiten bei den Tieren zu achten. Nach dem Auffinden der infizierten Krickente auf der Insel Rügen ordnete der Agrarminister vom Mecklenburg-Vorpommern die sofortige Stallpflicht für alle Hühner, Puten, Enten und anderes Nutzgeflügel an. Im Umkreis von drei Kilometern stehen die Gehöfte seither unter verschärfter Beobachtung durch Polizei und Veterinäramt.
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