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Multiple Sklerose beginnt in der Lunge

Wandernde T-Zellen durchlaufen eine Reihe von Veränderungen, ehe sie in der Lage sind in das Hirn zu gelangen. Sie stellen vorübergehend die Zellteilung ein, stoppen die Anregung von Entzündungen und lernen sich eigenständig zu bewegen. <ic:message key='Bild vergrößern' />
T-Zellen durchlaufen eine Reihe von Veränderungen, ehe sie in der Lage sind in das Hirn zu gelangen und dort Multiple Sklerose auszulösen. Sie stellen vorübergehend die Zellteilung ein, stoppen die Anregung von Entzündungen und lernen sich eigenständig zu bewegen. Quelle: Bild: National Insitute of Allergy and Infectious Diseases

12.09.2012  - 

Immunzellen können scheinbar in der Lunge umprogrammiert werden. Das fanden Wissenschaftler der Universitätsmedizin Göttingen heraus. Die Zellen erreichen in der Lunge die Fähigkeit, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden und somit die Nervenerkrankung Multiple Sklerose auszulösen. Die Forscher veröffentlichten ihre Ergebnisse kürzlich in der Fachzeitschrift Nature (2012, Bd. 488, S. 675–679).

Das menschliche Gehirn ist normalerweise praktisch frei von Immunzellen. Bei der Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose (MS) werden aber Hirn und Rückenmark von körpereigenen, spezialisierten Immunzellen befallen. Sogenannte T-Zellen bilden entzündungsfördernde Proteine und leiten damit eine Immunreaktion am Nervengewebe ein. Die dabei entstehenden Entzündungsherde und Knoten zeigen sich beim Menschen schließlich durch Lähmungen, Sehstörungen oder Koordinations- und Gedächtnisschwierigkeiten. Wie aber die T-Zellen, auch T-Lymphozyten genannt, in das Hirn gelangen, war bisher weitestgehend unklar. Denn das empfindliche Gehirn schützt sich gegen Erreger, toxische Substanzen und teils sogar gegen Botenstoffe mit Hilfe der Blut-Hirn-Schranke. Die hochselektiven Eigenschaften dieses Filters machen häufig auch die Behandlung von neurologischen Erkrankungen knifflig.

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Immunzellen auf Bewegung getrimmt

Ein Team aus Wissenschaftlern der Universitätsmedizin Göttingen unter Leitung von Alexander Flügel, Direktor der Abteilung Neuroimmunologie, lieferte nun neue Erkenntnisse über den Befall des zentralen Nervensystems durch Immunzellen. Als ersten Schritt fanden sie heraus, dass T-Zellen nicht direkt nach Aktivierung in das Hirn einwandern. Vielmehr müssen sie die Fähigkeiten für diesen Schritt noch lernen. Die Wissenschaftler zeigten, dass die Abwehrzellen aus dem Blutkreislauf direkt in die Lunge immigrieren können und sich dort tiefgehend verändern. Die Produktion von entzündungsfördernden Substanzen wird gedrosselt und die Zellteilung eingestellt. Dafür werden spezialisierte Rezeptoren an der Zelloberfläche ausgebildet, die eine Fortbewegung der Immunzellen ermöglichen. So werden die T-Abwehrzellen während ihres Lungenaufenthaltes stetig schneller und aufs Wandern getrimmt.

Mit den neuen Eigenschafen ausgestattet, klettern die Immunzellen nicht nur durch Blutgefäße und Lymphknoten. In der Lunge krabbeln sie sogar unbeschadet durch die luftleitenden Teile der Bronchien. Die Immunzellen sind dadurch in der Lage sich noch schneller zu bewegen und die Luftwege als eine Art „Autobahn“ zu nutzen. Zudem verbessert sich auch die Widerstandsfähigkeit. Die Forscher fanden heraus, dass die T-Zellen nach der Umbauphase so resistent sind, dass sie, auch direkt in die Atemwege injiziert, noch Entzündungen hervorrufen können.

MS-Schübe vermutlich durch T-Gedächtniszellen in der Lunge ausgelöst

Diese Resultate lassen die Wissenschaftler vermuten, dass MS durch äußere Einflüsse wie Infektionen des Atemtrakts oder Rauchen ausgelöst wird. Der Fund von Immun-Gedächtniszellen, die mehrere Jahre inaktiv in der Lunge verweilen können, stützt die These und ist eine mögliche Erklärung für das schubweise Auftreten der Krankheit. Durch lokale Reizung der T-Gedächtniszellen in der Lunge werden die aggressiven Zellen aktiv und wandern in das Gehirn ein, was einen weiteren MS-Schub auslöst. In der 22. Folge zeigen Forscher wie Immunzellen bei MS ins Gehirn eindringen und wie sich Darmkrebs durch ein Bluttest erkennen lässt.Quelle: biotechnologie.tv

Bei den Untersuchungen konnte ein bislang unbekannter Rezeptor namens Ninjurin-1 entdeckt werden. Durch ihn wird das Anheften der T-Zellen an die Hirngefäße gesteuert. Haben sich die Zellen einmal im Hirn eingenistet, entwickeln sie sich zurück und beginnen Entzündungen zu fördern. Durch künftige Studien könnte die Inaktivierung  des Ninjurin-1 Rezeptors erforscht und damit die Anheftung der Immunzellen verhindert werden. Kürzlich konnten bei MS-Patienten verschiedene Gene identifiziert werden, die für die Anfälligkeit der Menschen verantwortlich sind. Ihre Entdeckung lieferte dem Forscherteam zusätzliche Informationen für eine mögliche Krankheitsbekämpfung: „Interessanterweise stimmte eine beträchtliche Anzahl der Patientengene mit denen überein, die wir bei der Wander-Programmierung der T-Zellen gefunden haben“, so Flügel. Mit Hilfe dieser Erkenntnisse können Wissenschaftler in künftigen Studien nach Genen suchen, die den Wanderimpuls auslösen oder regeln. Diese könnten in Zukunft wichtige Angriffspunkte für neue Therapien sein.

© biotechnologie.de/ks

 

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