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Gentechnik-Mais: Forscher bemängeln Rattenstudie

Diese Nager sorgen im Streit um Genmais für Wirbel: Durch Fütterung mit Genmais entwickelten die sogenannten Sprague-Dawley-Ratten auffällig viele Tumore und Organschäden. Nicht berücksichtigt wurde allerdings, dass der Rattenstamm besonders anfällig für Krebs ist. Rund die Hälfte des Stammes entwickelt Tumore auch ohne negative Einflüsse. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Diese Nager sorgen im Streit um gentechnisch veränderten Mais für Wirbel: Die gefütterten Sprague-Dawley-Ratten entwickelten häufiger Tumore und Organschäden. Nicht an der Studie beteiligte Forscher kritisieren, der Rattenstamm sei besonders anfällig für Krebs. Sie halten obendrein die Datenanalyse für lückenhaft. Quelle: jepoirrier/flickr

25.09.2012  - 

Immer mehr Wissenschaftler reagieren äußerst skeptisch auf die Daten zu einer von französischen Forschern veröffentlichten Fütterungsstudie mit gentechnisch verändertem Mais. Ein Team um Gilles-Eric Séralini hatte Ratten mit Monsanto-Mais NK 603 gefüttert und zusätzlich einem Herbizid ausgesetzt. Im Vergleich zu normal ernährten Tieren entwickelten die Nager häufiger Gesundheitsschäden oder starben. Doch an der Relevanz und der Aussagekraft der Studie regen sich zunehmend Zweifel. Die in der Fachzeitschrift Food and Chemical Toxicology  (2012, Online-Vorabveröffentlichung) veröffentlichten Daten seien wahrscheinlich nichts anderes als die Messung statistischer Schwankungen, kommentierte der Biologenverband vbio. Die Ergebnisse der Studie müssten zunächst überprüft werden und dürften auf keinen Fall die Grundlage vorschneller politischer Entscheidungen bilden.

Was die Forscher vom Committee for Research and Independent Information on Genetic Engineering (CRIIGEN) bereits vor Erscheinen des Fachartikels in der Wochenzeitschrift Le Novel Observateur berichteten, wirkt verstörend: Mit gentechnisch verändertem Mais der Sorte NK603 gefütterte Laborratten entwickelten riesige Tumore und starben doppelt so häufig wie Nager, die normales Futter erhielten. Männliche Tiere zeigten im Vergleich zu normal gefütterten Ratten bis zu fünfmal häufiger Leber- und doppelt so häufig Nierenschäden. „Die Ergebnisse dieser ersten Langzeitfütterungsstudie über zwei Jahre bestätigen die gesundheitsschädigenden Wirkungen dieser gentechnisch veränderten Organismen sowie des Unkrautvertilgungsmittels Glyphosat“, so die Forscher, die die Studie im Auftrag der Stiftung Ceres angefertigt hatten.

Besonders krebsanfälliger Rattenstamm

Nicht nur die Firma Monsanto, der von CRIIGEN schon häufiger kritisierte Hersteller der in der Studie untersuchten Maissorte, kritisierte indes, die Untersuchungen entsprächen nicht den wissenschaftlichen Standards und die Daten stützten in keiner Weise die Schlussfolgerungen der Forscher. Auch zahlreiche Wissenschaftler sparten nicht mit der Kritik: Die medienwirksam gezeigten Tumore seien typisch für die in der Studie eingesetzten Ratten vom Typ Sprague-Dawley, so der Biologenverband VBIO. Etwa die Hälfte der Tiere des Inzuchtstammes entwickele während seiner Lebenszeit ohnehin Krebs. Angesichts sehr großer statistischer Schwankungen hinsichtlich der Sterberaten und Häufigkeit von Tumoren im Alter bei diesen Ratten sei die Zahl der untersuchten Kontrolltiere mit 10 viel zu gering, um statistisch gesicherte Aussagen zu machen. Die Biologen haben ausgerechnet, dass die Ergebnisse nichts anderes sind als die zu erwartetenden statistischen Schwankungen. Die Ergebnisse seien statistisch nicht signifikant. Andere Experten sind indes der Ansicht, dass die beobachteten Auswirkungen auf die Gesundheit gar nicht dem Biotech-Mais zuzuschreiben seien, sondern dem ebenfalls in der Studie untersuchten Totalherbizid Glyphosat. Von diesem ist eine leber- und nierenschädigende Wirkung seit langem bekannt: „Diese Arbeit hat nur sehr wenig mit gentechnisch veränderten Pflanzen zu tun“, sagte die Pflanzenforscherin Ottoline Leyser von der Universität Cambridge. „Stattdessen beschreiben die Autoren die Wirkungen des Totalherbizids Roundup.“

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Herbizid ins Trinkwasser gemischt

Anders als öffentlich wahrgenommen, hatten die Professoren der Universität Caen nicht nur die Wirkungen des Biotech-Mais untersucht, sondern auch jene des Herbizids, das die Sorte NK603 dank eines eingefügten Resistenzgens tolerieren kann. Im Rahmen der Langzeitfütterungsstudie hatten sie den tumoranfälligen Ratten über zwei Jahre eine spezielle Diät verordnet und deren Folgen für die Gesundheit beobachtet. Jeweils 20 Tiere erhielten dabei Futter, das 11 Prozent, 22 Prozent oder 33 Prozent der gentechnisch veränderten Maissorte NK603 enthielt. Drei weitere Gruppen bekamen zusätzlich Trinkwasser mit dem Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat. Weitere drei Zwanzigergruppen erhielten verschiedene Konzentrationen des Unkrautvertilgers, aber keinen Biotech-Mais. Verglichen wurde mit 10 Kontrolltieren, die eine nicht näher beschriebene Normaldiät erhielten.

Experten sehen erhebliche Daten-Lücken

Wie Seralinis Studie den Gutachterprozess eines Fachjournals überstehen konnte, ist für Maurice Moloney ein Rätsel. Der Direktor des britischen Agrarforschungsinstituts Rothamsted bemängelt neben der dem Fehlen wichtiger Daten, dass nach OECD-Standards mindestens 50 Tiere pro Testgruppe hätten untersucht werden müssen, um eine wissenschaftlich fundierte Aussage machen zu können. Auch Forscher, die Fütterungsstudien an anderen Tieren durchgeführt haben, zeigen sich irritiert. Bei entsprechenden Versuchen mit Kühen hätte gentechnisch veränderter Mais sich nicht als Risiko erwiesen, so Dr. Michael Pfaffl vom Wissenschaftszentrum Weihenstephan. Deutlicher wird Mark Tester von der Universität in Adelaide: „Wenn der Effekt wirklich so ernst ist wie behauptet, warum sterben dann die Nordamerikaner dann nicht wie Fliegen?“ In den USA ist NK603 bereits seit mehr als zehn Jahren zugelassen, seit 2005 wird er als Futtermittel in der EU vermarktet. „Es sieht nicht so aus, als ob es da irgendeinen Effekt gibt“, so Toxikologie-Fachmann Alan Bobis vom Imperial College in London.

Seralini verweist auf Monsanto-Studien

Die Kritik an der kleinen Zahl der Versuchstiere pariert Seralini mit dem Hinweis, das Monsanto in den bisherigen Dreimonatsstudien auch nicht mehr Tiere eingesetzt habe. Zudem hätten dazu die finanziellen Mittel nicht ausgereicht. Klärung soll jetzt ausgerechnet eine wissenschaftliche Begutachtung der Versuchsdaten durch die europäische Lebensmittelbehörde EFSA bringen, deren Evaluierungskriterien für GVO und Pestizide Criigen bereits in mehreren Studien als unzureichend kritisiert hat. Obgleich Criigen sich durch Auftragsforschung oft gentechnikskeptischer Organisationen finanziert, lassen sich die streitbaren Forscher nicht vorwerfen, dass sie sich ihre Ergebnisse von ihren Auftraggebern vorgeben lassen. Erst im Januar 2011 gewann Séralini vor der 17. Kammer des Tribunal Correctionnel de Paris ein Verfahren wegen übler Nachrede gegen Marc Fellous, Präsident der Association Française des Biotechnologies Végétales. Dieser hatte Seralinis Neutralität im Zusammenhang mit einer Studie zu gesundheitlichen Auswirkungen genetisch veränderter Maissorten angezweifelt, da Greenpeace die Studie mitfinanziert hatte.

© biotechnologie.de/tg

 

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