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Herzrettung am seidenen Faden

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Die Tussa-Seidenspinner sind in Indien verbreitet. Quelle: wildsilkbase/dfd.org.in

26.01.2012  - 

Die Zeit heilt alle Wunden, heißt es. Doch ganz stimmt das nicht: Bestimmte Körperzellen, können sich, einmal geschädigt, nicht regenerieren. Bei Nervenzellen ist das so, aber auch bei Herzmuskelzellen. Kommt es beispielsweise bei einem Herzinfarkt zum Absterben von Herzmuskelzellen, so erholt sich der Muskel davon nicht mehr. An die Stelle der Muskelzellen tritt Narbengewebe. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim versuchen, die volle Herzfunktion wiederherstellen, indem sie künstliches Herzgewebe herstellen. Wichtigstes Hilfsmittel dabei ist ein dreidimensionales Gerüst aus Raupenseide.

Wie kaum ein anderes Organ ist das menschliche Herz auf Leistung und Effizienz getrimmt. Schließlich muss es ein Leben lang ohne Unterbrechung funktionieren. Bis zu 4 Milliarden mal schlägt das Herz im Leben eines Menschen. Doch der Preis für diese Leistungsoptimierung ist hoch: Im Laufe der Evolution wurden fast alle körpereigenen Regenerationsmechanismen am Herz abgeschaltet. Ein Herzinfarkt wird dadurch zu einem einschneidenden Ereignis für Patienten. Abgestorbene Herzzellen gelten als unwiederbringlich verloren (mehr…). Vor einiger Zeit wurden zwar Herz-Stammzellen entdeckt, es ist aber umstritten, ob diese für die Herzreparatur überhaupt eine Rolle spielen. Es kommt also in jedem Fall zu einer dauerhaften Funktionseinschränkung und Einbußen in der Lebensqualität.

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Gesucht: Die perfekte Gerüstsubstanz

In aller Welt suchen Forscher nach einer Methode Ersatzgewebe für das Herz herzustellen. Als Herausforderung stellt sich dabei die Rekonstruktion einer dreidimensionalen Struktur dar. In der Vergangenheit wurde mit einer Vielzahl von Materialien experimentiert, die als Gerüstsubstanz für die Ansiedlung von Herzmuskelzellen dienen sollten.

„Alle getesteten Fasern, gleich ob natürlichen oder künstlichen Ursprungs, hatten gravierende Nachteile“, sagt Felix Engel, Leiter einer Forschergruppe am Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim. „Entweder waren sie zu spröde, sie wurden vom Immunsystem attackiert oder die Herzmuskelzellen wollten sich nicht recht auf den Fasern ansiedeln.“ Im indischen Kharagpur sei man nun fündig geworden.

Aus dem Kokon der Tussaseidenraupe geschnittene Scheiben dienen als Gerüstgrundlage für Herzmuskelzellen. Die Scheiben besitzen in etwa die Größe von Centstücken.Lightbox-Link
Aus dem Kokon der Tussaseidenraupe geschnittene Scheiben dienen als Gerüstgrundlage für Herzmuskelzellen. Die Scheiben besitzen in etwa die Größe von Centstücken.Quelle: MPI für Herz- und Lungenforschung

Gefunden: Der Tussaseidenspinner

Dort kommen die wenige Zentimeter großen Tussaseidenspinner (Antheraea mylitta) vor. Aus den Kokons der Tiere werden an der dortigen Universität münzgroße Scheiben aus Seide hergestellt. Chinmoy Patra, ein indischstämmiger Mitarbeiter in Engels Labor, konstruiert daraus kleine Gerüste, auf denen Herzmuskelzellen anwachsen können. Dafür ist die Seide bestens geeignet. „Die Oberfläche besitzt Proteinstrukturen, die eine Anheftung von Herzmuskelzellen erleichtert. Sie ist auch rauer als andere Seidenfasern“, so Patra. Das sei der Grund, weshalb die Muskelzellen gut anwachsen und einen dreidimensionalen Gewebeverband bilden konnten. „Die Kommunikation der Zellen war intakt, sodass sie über einen Zeitraum von 20 Tagen synchron schlugen, ganz wie im echten Herzmuskel“, ergänzt Laborleiter Engel.

Trotz der vielversprechenden Ergebnisse steht eine klinische Anwendung aber derzeit nicht auf der Agenda. „Anders als in unserer Studie, die wir mit Rattenzellen durchgeführt haben, ist das Problem, ausreichend menschliche Herzzellen als Ausgangsmaterial zu erhalten, noch nicht gelöst“, sagt Engel.

© biotechnologie.de/bk
 

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