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Braunes Fett lässt Pfunde schmelzen

Braunes Fettgewebe ist die Notheizung des Körpers für besonders sensible Bereiche, bei Kälte wird es zugeschaltet und leuchtet in dieser Aufnahme durch die Positronen-Emissionstomographie. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Braunes Fettgewebe ist die Notheizung des Körpers für besonders sensible Bereiche, bei Kälte wird es zugeschaltet und leuchtet in dieser Aufnahme durch die Positronen-Emissionstomographie. Quelle: Turku PET Centre

28.12.2011  - 

Nicht nur die Weihnachtsgans ist schuld: Jeder sechste Deutsche gilt laut Statistischem Bundesamt mittlerweile als fettleibig. In Europa sind zehnmal mehr Kinder adipös als noch 1970. Mit Adipositas in Zusammenhang gebracht werden zahlreiche Erkrankungen, am schwerwiegendsten darunter sind Typ 2-Diabetes, das metabolische Syndrom, Herzkreislauf-Krankheiten und Krebs. Ein europäisches Forscherkonsortium untersucht nun eine Strategie, die auf den ersten Blick paradox erscheint. Durch eine besondere Art von Fett sollen Menschen abnehmen. Koordiniert vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg wollen die Wissenschaftler die Rätsel des sogenannten "braunen" Fetts zusammen mit 18 Partnerinstitutionen aus zwölf europäischen Ländern lösen. Die Europäische Union fördert "DIABAT" mit insgesamt sechs Millionen Euro.

Fett ist nicht gleich Fett. Das meiste Fett im Körper gehört zur "weißen" Variante. In diesem Gewebe speichert der Körper Energie für schlechte Zeiten, und zwar in Form von Fettmolekülen. Zum Leidwesen vieler Menschen befinden sich große Depots davon an Bauch, Hüften und Gesäß. Neben den weißen Fettzellen existiert jedoch eine zweite Art von Körperfett, das "braune" Fettgewebe. Im Gegensatz zum weißen Fettgewebe, das Energie speichert, verbraucht das braune Fettgewebe Energie, indem es sie in Wärme umwandelt.

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Viele Tiere, die Winterschlaf halten, aber auch menschliche Neugeborene besitzen es. Das vor allem zwischen den Schulterblättern und nahe dem Brustbein liegende Gewebe sorgt dafür, dass der Organismus auch bei niedrigeren Außentemperaturen die gewünschte Körpertemperatur aufrechterhalten kann. Die Besonderheit des braunen Fettgewebes ist der hohe Gehalt an Mitochondrien. Diese sorgen auch für die braune Färbung. Mitochondrien gelten als Kraftwerke der Zelle, normalerweise sie stellen sie das energiereiche ATP her, das als Treibstoff für verschiedene Vorgänge in der Zelle verwandt wird. Im braunen Fettgewebe sind die Mitochondrien so geschaltet, dass sie die Energie nicht in den Aufbau von ATP, sondern in die Freisetzung von Wärme stecken und so als eingebaute Heizung funktionieren.

Braunes Fett sorgt für höheren Energieverbrauch

Bis vor kurzem gingen Wissenschaftler davon aus, dass bei Menschen tatsächlich nur Säuglinge aktives braunes Fettgewebe besitzen. Erst 2007 wiesen mehrere Forschergruppen diesen Gewebetyp auch bei Erwachsenen nach, allerdings nur in geringen Mengen. Weniger als hundert Gramm verteilt sich auf mehrere Regionen im Körper und findet sich auch im Brustraum zwischen den Lungen und in der Halsregion oberhalb der Schlüsselbeine. Zudem stellten Wissenschaftler fest, dass braunes Fettgewebe bei Übergewichtigen seltener vorkommt als bei schlanken Menschen. Das führte zu der Idee, dass ein höherer Anteil von braunem Fettgewebe auch einen höheren Energieverbrauch des Körpers und damit eine geringere Einlagerung an weißem Fett bedeutet.

Wie eine Erhöhung des braunen Fettanteils bewerkstelligt werden könnte, haben Wissenschaftler um Stephan Herzig im DKFZ 2010 aufgezeigt. Sie entdeckten, dass das körpereigene Enzym COX-2 und das daraus entstehende Entzündungshormon Prostaglandin innerhalb des weißen Fettgewebes die Entstehung von Zellen anregt, die viele Charakteristika der braunen Fettzellen haben. „Schätzungen gehen davon aus, dass 50 Gramm mehr braunes Fettgewebe ausreichen würden, um den Energieverbrauch eines Erwachsenen um 20 Prozent zu steigern“, sagt Herzig, der vor kurzem einen wichtigen Mechanismus der Entstehung einer Fettleber entdeckte (mehr...). „Uns geht es dabei nicht darum, Menschen zu einer vermeintlichen Traumfigur zu verhelfen. Unser Ziel ist vielmehr, bei schwer übergewichtigen Personen eine gestörte Glukosetoleranz zu beheben, also die Wirkung von Insulin zu verbessern und damit einem Typ 2-Diabetes entgegenzuwirken.“

DIABAT

Das DIABAT-Konsortium wird innerhalb des siebten Forschungsrahmenprogramms der EU mit insgesamt vier Millionen Euro von 2011 bis 2013 gefördert. Beteiligt sind 19 Partner aus 12 europäischen Ländern.

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Vorläuferzellen von braunem Fettgewewebe vermehren

Zu diesem Zweck haben sich die Forscher um Herzig mit 19 Partnerinstitutionen aus 12 europäischen Ländern zusammengeschlossen. Die Europäische Union fördert das Forschungsvorhaben über die nächsten vier Jahre mit insgesamt sechs Millionen Euro. Das Konsortium hat sich den Namen „DIABAT“ gegeben, ein Kunstwort, das „Diabetes“ und die Abkürzung für „brown adipose tissue“, braunes Fettgewebe, vereint. Die Partner, zu denen auch die Technische Universität München sowie das Biotechnologieunternehmen Miltenyi Biotec aus Bergisch Gladbach zählen, werden innerhalb des Projekts unter anderem die Stamm- beziehungsweise Vorläuferzellen von braunen Fettzellen identifizieren und ihr molekulares Profil  aufklären. Einige Forschungsgruppen wollen Methoden entwickeln, um diese Vorläuferzellen aus dem Körper zu entnehmen und in der Kulturschale zu vermehren. An Mäusen soll untersucht werden, ob die so gewonnenen braunen Fettzellen Diabetes verhindern oder verzögern können. Außerdem planen DIABAT-Teams, geeignete bildgebende Verfahren zu verbessern und Biomarker zu identifizieren, mit denen sich auch geringfügige Veränderungen der Menge von braunem Fettgewebe nachverfolgen lassen. Ein wichtiges Ziel bis zum Projektende 2014 ist auch, nach Wirkstoffen zu suchen, die braune Fettzellen aktivieren oder ihre Entstehung im weißen Fettgewebe anregen.

Bei dieser Suche sind in der Vergangenheit schon Forscher aus Bonn, Heidelberg, Köln, Martinsried erfolgreich gewesen. In Tierversuchen fanden sie heraus, dass ein Enzym namens Proteinkinase G (PKG) die Stammzellen des Fettgewebes dazu anregt, sich in braunen Fettzellen zu verwandeln. Könnte man bei Übergewichtigen das braune Fettgewebe auf diese Weise wieder anschalten, könnte der unerwünschte Rettungsring schnell in sich zusammenschnurren: "Bei gleicher Ernährung und Aktivität würden die Fettreserven um fünf Kilogramm pro Jahr abschmelzen", sagt Alexander Pfeifer, Pharmakologe an der Universität Bonn. "Indem wir den PKG-Signalweg im braunen Fett aktivieren, wollen wir gewissermaßen Fett mit Fett bekämpfen." In den USA arbeiten Forscher an einer Gentherapie. Ein Team um Bruce Spiegelman vom Dana Farber Cancer Institute in Boston konnte bereits menschliche Hautzellen in braunes Fettgewebe umwandeln. Bis eine dieser Therapien allerdings auf den Markt kommt, helfen gegen Fettleibigkeit und all ihre Folgeerscheinungen wohl nur Low-Tech-Hausmittel: gesunde Ernährung und viel Bewegung.

© biotechnologie.de/cm
 

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