Kooperationsforum: Medikamente haben viele Väter

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Auf dem Kooperationsforum Würzburg trafen sich Investoren, Pharmafirmen, Biotechnologieunternehmen und Forscher. Das Ziel: gemeinsam Medikamente entwickeln. Quelle: biotechnologie.de

06.12.2011  - 

Gerade in Sachen Arzneimittelentwicklung ist Teamarbeit gefragt. Vor allem auch in finanzieller Hinsicht kann niemand die Projekte alleine durchführen. Auf Fachtagungen treffen sich daher regelmäßig Ideengeber und Kapitalinvestoren, junge Biotech-Schmieden und große Pharmakonzerne, um nach geeigneten neuen Partnern Ausschau zu halten. Am 1. Dezember war es wieder soweit: In Würzburg fand das 5. Kooperationsforum Drug Development statt.

 

Ein Medikament hat viele Väter. Am Anfang stehen die Grundlagenforscher. Sie versuchen die molekularen Ursachen einer Krankheit zu verstehen und Wege zu finden, die zur Heilung führen. Es folgen die Wirkstoffsuche und das Wirkstoffdesign. Nach präklinischen Untersuchungen, mit denen beispielsweise an Mäusen getestet wird, ob die Substanz giftig ist, folgt ein umfangreiches klinisches Testprogramm. Erst wenn sich die Arznei auch dort bewährt hat, wird das Produkt zugelassen und steht den Kranken als Therapie zur Verfügung.

Alles in allem kann das etwa zehn Jahre dauern und hunderte Millionen Euro kosten. Das kann ein Unternehmen allein nicht stemmen. Selbst die großen Pharmakonzerne decken häufig nur einen mehr oder minder großen Teil der Entwicklungskette ab. Gerade die Grundlagenforschung überlassen sie häufig akademischen Partnern. Kaum verwunderlich also, dass Zusammenarbeit und Kopperation bei der Medikamentenentwicklung eine immer größere Bedeutung zukommt. Anfang Dezember fand in Würzburg das 5. Kooperationsforum Drug Development statt. Mehr als 160 Teilnehmer aus Wissenschaft und Wirtschaft trafen sich in der bayerischen Universitätsstadt, um über aktuelle Strategien in der Pharmaforschung, moderne Technologien in der Medikamententwicklung und neue Therapieansätze zu diskutieren. „Wir vernetzen hier nicht nur bayerische Unternehmen untereinander, sondern stoßen auch internationale Kooperationen an“, sagte Matthias Konrad. Er ist Leitender Projektmanager für die Lebenswissenschaften beim Veranstalter Bayern Innovativ.

  

Am 1. Dezember trafen sich 160 Experten der Medikamentenentwicklung in der Universität Würzburg.Lightbox-Link
Am 1. Dezember trafen sich 160 Experten der Medikamentenentwicklung in der Universität Würzburg.Quelle: biotechnologie.de

Finanzkrise hat für einige Investoren Vorteile

Martin Heidecker beispielsweise arbeitet für den Pharmakonzern Boehringer Ingelheim. Als Investment Manager für den Boehringer Ingelheim Venture Fund sucht er nach jungen aufstrebenden Biotech-Firmen mit Kapitalbedarf. „Für uns sind derzeit vor allem Projekte im Bereich Regenerative Medizin, Impfstoffe der zweiten Generation und neue biologische Wirkstoffe interessant“, sagte Heidecker in Würzburg. Weckt ein Start-up das Interesse des Pharmaunternehmens, gibt es bis zu 10 Millionen Euro, um das jeweilige Projekt voranzutreiben. Sind die Arbeiten der so geförderten Firma erfolgreich, hat sich Boehringer durch die Beteiligung den frühen Zugriff auf die Technik gesichert und kann das Ergebnis für die eigenen Zwecke nutzen. Möglich ist auch, dass sich das Startup mit einem andern Pharmakonzern zusammentut. Auch in diesem Fall profitiert Boehringer Ingelheim –  das mit dem Investment gewonnene Geld könnte dann in neue Projekte gesteckt werden. Trotz Finanzkrise herrschen gerade für Investoren wie Heidecker gute Zeiten: „Für uns ist es vorteilhaft, weil andere institutionelle Investoren nicht mehr so früh einsteigen.“ Der promovierte Biologe kann für sein Unternehmen so die Filetstücke sichern. Genug Kapital ist dafür zweifellos vorhanden. Mit 100 Millionen Euro war der Fonds im März 2010 gestartet. „Wir haben bis heute zwei Investments gemacht“, so Heidecker. Im September 2010 stieg der Wagniskapitalgeber etwa bei der Schweizer Okairos AG ein. Der Impfstoffspezialist entwickelt Arzneien, die mithilfe von T-Zellen Infektionskrankheiten wie Hepatitis und Malaria aber auch Krebsleiden bekämpfen sollen.

Mit Antikörpern resistente Erreger bekämpfen

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Förderbeispiel: Neue Medikamente aus dem Superrechner

Viele Forscher nutzten die Gelegenheit, ihre Konzepte beim Kooperationsforum Drug Development zu präsentieren. Einer von ihnen ist Knut Ohlsen vom Institut für Molekulare Infektionsbiologie der Universität Würzburg. Gemeinsam mit seinem Kollegen Udo Lorenz hat er einen Weg gefunden, wie auch den resistenten Stämmen der Garaus gemacht werden kann. Mit der Hilfe von Antikörpern konnten die Forscher in Mäusen einen Abwehrmechanismus gegen Staphylococcus-Erreger aktivieren (mehr…). Die Jury des vom Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) veranstalteten GO-Bio-Wettbewerbes konnten die beiden mit ihrer Idee schon überzeugen. Im Jahr 2009 gehörte ihr Konzept zu den Wettbewerbsgewinnern (mehr…). Das BMBF fördert die Umsetzung des Projekts in den nächsten sechs Jahren mit rund drei Millionen Euro. Dafür haben Ohlsen und Lorenz die Firma SmartMab gegründet. Der nächste große Schritt: Die ersten klinischen Studien mit dem Antikörper. Ende 2012 könnte es soweit sein. Ist diese Hürde genommen, soll das Projekt mit einem Pharma-Partner weiterentwickelt werden.

© biotechnologie.de/bk

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