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Neue Medikamente aus dem Superrechner

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Die Hochleistungsrechner im Hintergrund sind eines der wichtigsten Werkzeuge für Tim Clark (Mitte). Quelle: Clark

11.10.2011  - 

Arzneimittel aus dem Computer, das ist für viele eine ungewöhnliche Vorstellung. Dabei werden schon seit mehr als zwanzig Jahren Computer verwendet, um neue medizinische Wirkstoffe zu finden. Allerdings ist die Erfolgsrate bislang sehr gering. Mit Hilfe von quantenmechanischen Methoden und einem Höchstleistungsrechner soll nun ein gemeinsames Forschungsprojekt der Universität Erlangen-Nürnberg, der Technischen Universität Dortmund und des Frankfurter Pharmaherstellers Sanofi für bessere Trefferquoten sorgen. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit mehr als 1,5 Millionen Euro gefördert.

Millionen von chemischen Verbindungen sind in der medizinischen Forschung bekannt und werden in Datenbanken gespeichert. Bei der Suche nach neuen Wirkstoffen sind solche Datenbanken schon seit über zwei Jahrzehnten von großem Nutzen. Die Forscher gehen dabei von Substanzen aus, deren Wirksamkeit bekannt ist, und suchen nach ähnlichen chemischen Verbindungen. Dieses Vorgehen birgt allerdings große Nachteile, denn dabei finden sich große Mengen von möglichen Verbindungen. Aus denen würden in der Regel 100.000 bis eine Million Moleküle ausgesucht und experimentell getestet, erläutert Tim Clark, Professor für Theoretische und Computerchemie an der Universität Erlangen.

Allerdings stellten sich bei diesen Tests höchstens ein bis zwei Prozent tatsächlich als biologisch aktiv heraus, das heißt, sie haben Auswirkungen auf den Organismus. „Ein solches biologisch aktives Molekül ist allerdings noch lange kein Medikament", warnt Clark. "Es muss oral anwendbar sein, das heißt man muss es schlucken können. Es muss den Magen überleben und in die Blutbahn absorbiert werden, und darf aber auch nicht von der Leber zerstört werden.“ Unter der Leitung des Chemieinformatikers Clark soll nun das Forschungsprojekt „High-performance Computer-Aided Drug Design“ die Suche nach neuen Wirkstoffen vereinfachen. Bis August 2014 fördert das BMBF das Projekt im Rahmen der Initiative IKT 2020 - Forschung für Innovationen. Wie viel besser die Erfolgsrate schließlich ausfallen wird, ist schwer vorhersagbar und hängt von den zu behandelnden Krankheiten ab. Clark hofft aber, dass eine Verzehnfachung der derzeitigen Quote eintritt.

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Computermodelle für die Beschreibung von Molekülen

Ausgangspunkt für die Forschung sind die chemischen und physikalischen Eigenschaften von Molekülen. Dabei werden Clark und sein Team zunächst Modelle am Computer entwickeln, welche nicht zuletzt auch auf quantenmechanischen Erkenntnissen beruhen. Mit diesen Modellen wollen die Forscher die Moleküle und ihre Wechselwirkungen mit anderen Molekülen beschreiben.

„So ein Molekül muss man sich in einem Kraftfeld denken. Die Atome darin sind miteinander durch Wechselwirkungen verbunden, die man sich wie Sprungfedern vorstellen kann.“ Solche Molekülformationen seien sehr flexibel, so Clark: „Die drehen und wenden und biegen sich.“ Aus den Millionen von Strukturmöglichkeiten eines einzigen Moleküls, den so genannten Konformationen, versucht ein weiteres Team um den Erlangener Chemiker Dirk Zahn mit bestimmten mathematischen Algorithmen die stabilsten und biologisch wirksamsten herauszufinden.

Ein weiteres Problem ist laut Clark, dass die Eigenschaften von Molekülen in Computerprogrammen überwiegend für die Gasphase erfasst wurden, das heißt, wenn sie als Einzelmoleküle von Luft umgeben sind. Hingegen fehlten bislang hinreichend genaue Rechenmodelle für Moleküle, die in Wasser aufgelöst sind. Genau das ist jedoch im Körper der Fall. Die Modelle für dieses Detail soll ein Forschungsteam um den Dortmunder Chemiker Stefan Kast liefern.

Neue Rechenmethoden durch Einsatz von Höchstleistungscomputern

Wegen der immer leistungsfähigeren Computertechnik werde sich auch der Aufbau der Software ändern, so Clark weiter. Der Einsatz von Höchstleistungsrechnern mache es möglich, dass mit speziellen High-Performance-Programmen viele Rechenoperationen parallel ablaufen können, wohingegen zuvor immer nur eine Operation nach der anderen vollzogen worden ist. In dem Projekt laufen alle Fäden im  LIMA-Cluster zusammen, dem Höchstleistungsrechner der Universität Erlangen-Nürnberg. Mit seinen 6000 Computerkernen und einer Rechenleistung von bis zu 56,7 Billionen Rechenoperationen pro Sekunde gehört er derzeit zu den 200 schnellsten Rechnern der Welt. Die Spezialisten der High-Performance Computing-Gruppe der Universität Erlangen werden unter der Leitung von Gerhard Wellein die Algorithmen und Programme der Chemiker für den LIMA-Cluster optimieren.

„Wir werden also Methoden entwickeln, mit denen wir uns bessere Erfolgsquoten bei der datenbankgestützten Suche nach Wirkstoffen versprechen“, erläutert Clark. „Für welche Krankheiten diese Suche dann eingesetzt wird, das liegt in der Hand der Pharmaindustrie.“ In dem Forschungsprojekt arbeiten die Wissenschaftler mit der Firma Sanofi zusammen. Diese liefert unter anderem die Datensätze mit Wirkstoffen. Im dritten Projektjahr soll die konkrete Testphase bei Sanofi beginnen. Bereits jetzt wirkten Pharmazeuten des Medikamentenherstellers fest mit, so Clark. „Wir wollen schließlich nicht an der pharmazeutischen Praxis vorbei entwickeln.“

© biotechnologie.de/aw
 

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