Direktlink :
Inhalt; Accesskey: 2 | Hauptnavigation; Accesskey: 3 | Servicenavigation; Accesskey: 4

Bio-Europe Spring in Mailand: Pharmastrategien auf dem Prüfstand

Die Präsidentin des Veranstalters EBD Group AG, Carola Schropp, eröffnete die Veranstaltung. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Die Präsidentin des Veranstalters EBD Group AG, Carola Schropp, eröffnete die Veranstaltung. Quelle: EBD Group AG

18.03.2011  - 

 Die Pharmaindustrie ist verunsichert. Weltweite Sparbemühungen im Gesundheitssystem, immer höhere Zulassungshürden sowie aktuell schrumpfende Umsätze zwingen die Manager in den Konzernen dazu, ihre Strategie zu überprüfen. Viele Unternehmen reagieren darauf und fahren ihr Risiko herunter. Das war auf der BIO-Europe Spring deutlich zu spüren. Rund 1.800 Vertreter von Pharma- und Biotech-Firmen waren Mitte März in das internationale Konferenzzentrum nach Mailand gekommen, um über möglichst risikofreie Deals und die Zukunft der gesamten Industrie zu diskutieren.

 Seit Jahren setzen die internationalen Medikamentenhersteller darauf, Konzepte kleinerer Biotech-Schmieden zu veredeln, indem sie neben viel Geld auch noch ihre Entwicklungs- und Vermarktungskompetenz einbringen. Aus diesem Partnering genannten Konzept speist sich der Erfolg einer Veranstaltung wie der BIO-Europe im Herbst und ihrer kleineren Schwester, der BIO-Europe Spring, die traditionell im Frühjahr in Südeuropa stattfindet. In diesem Jahr konnte die „Kuppelshow“ mit 1800 Besuchern rund 4% mehr Pharma- und Biotech-Vertreter anlocken als im vergangenen Jahr in Barcelona (mehr...). Der Veranstalter, die EBD Group, zeigte sich zufrieden mit der aktuellen Ausgabe. „Das ist die größte BIO-Europe Spring aller Zeiten“, freute sich Carola Schropp, Präsidentin der EBD Group.

 

Umkleidekabinen mit blickdichten Vorhängen

Bio-Europe Spring

Die EBD Group veranstaltet sowohl die BioEurope als auch die BioEurope Spring. Auf der EBD-Website gibt es mehr Informationen zu vergangenen und kommenden Ausgaben der Konferenzreihe.

zur Website: hier klicken

Das Konzept der Veranstaltung mag Außenstehende verwirren: In Mini-Kabinen, die eine Umkleide in einem gewöhnlichen Modegeschäft in Ästhetik und Größe kaum übertreffen, werden millionenschwere Deals verhandelt. Mehr als 800 dieser „Booths“ – jeweils blickdicht mit einem Vorhang verschlossen – waren in den verschiedenen Winkeln des Mailänder Kongress-Zentrums aufgebaut. Sponsoren, die etwas auf sich halten, konnten auf eine für sie eigens reservierte, etwas geräumigere Variante zurückgreifen. Doch was bei der Partnering-Messe zählt, ist nicht die Einrichtung, sondern der Verhandlungserfolg und der pulsiert im 30-Minuten-Takt. Alle halbe Stunde ertönt ein Gong, der die Verhandlungspartner zum Kabinenwechsel zwingt. Plötzlich schwillt der Publikumsverkehr auf den Gängen deutlich an, nur um kurz danach wieder abrupt zu versiegen. Die Geräuschkulisse wird von einem dezenten Verhandlungsgewisper dominiert – bis wieder der Gong ertönt. Für die Teilnahme am Partnering zahlen die Registrierten mehr als 1.000 Euro Eintrittsgeld. Für viele lohnt sich das. Teilnehmer, die an den drei Veranstaltungstagen mehr als 30 Termine absolvieren – die meisten davon vorher per Internet ausgemacht – sind keine Seltenheit. Die BIO-Europe Spring ist vor allem eines: effizient. „Wenn ich die Anzahl der Partner in der freien Wildbahn treffen wollte, müsste ich einige Wochen durch Europa reisen“, fasste einer der Besucher die Vorteile einer solchen Veranstaltung zusammen.

 Nach dem Ende der Meetings wird es traditionell an den Abenden der Bio-Europe doch noch glamourös. Die Empfänge sind legendär. Am ersten Tag der aktuellen Bio-Europe Spring versammelte sich die europäische Dealmaking-Elite im Hotel Principe Di Savoia Hotel. Umrahmt von gewebten Tapeten, Silbergeschirr und goldgerahmten Bildern wurde vor allem über die Zukunft der Pharma- und Biotechindustrie diskutiert. Und die sieht nach Ansicht vieler Teilnehmer weniger glänzend aus. Auch an Selbstkritik wird nicht gespart. „Wir waren sicherlich nicht so innovativ, wie wir geglaubt haben“, sagt Vaughn Kailian, Geschäftsführer beim US-Investor MPM Capital. Auch heute sei die Treffsicherheit bei der Medikamentenentwicklung nicht höher als noch vor einigen Jahren. Eine der drängendsten Fragen sei es daher, wann ein Projekt gestoppt werden müsse und wann es sich lohnt, weiter zu machen.

 Suche nach neuen Geschäftsfeldern

Die Bio-Europe auf biotechnologie.de

Bio-Europe 2010:Pharma sucht Biotech

Bio-Europe Spring in Barcelona: Millionen-Deals in Umkleidekabinen

Bio-Europe 2009: Neue Wege aus der Krise

Bio-Europe Spring in Mailand: Besucherrekord trotz Finanzkrise

Bio-Europe 2008: Pharmainteresse trotzt Finanzkrise

Rund 1400 Besucher bei der Bio-Europe Spring in Madrid

Brautschau der Biotech-Branche: Mehr als 2000 Besucher auf der Bio-Europe in Hamburg

Die Erkenntnis in der Pharmaindustrie wächst, dass sie sich neue Geschäftsfelder suchen muss, nachdem in vielen Ländern nur noch solche Medikamente einen attraktiven Erstattungspreis erhalten, die entweder in ihrem Einsatzgebiet konkurrenzlos sind oder einen erheblichen Mehrwert gegenüber bereits zugelassenen besitzen. Viele Verantwortliche orientieren sich neu: „Die wissenschaftliche Tauglichkeit von Projekten zu evaluieren, ist heute das kleinere Problem. Viel wichtiger ist es zu wissen, wie wird dessen Preis in der Zukunft sein?“, so Philippe Lopes-Fernandes, zuständig für die Geschäftsentwicklung beim deutschen Pharmakonzern Merck Serono. Vor dem Hintergrund immer schneller aufeinanderfolgender Gesundheitsreformen ist diese Frage selbst für Experten nur schwer zu beantworten. Viele Firmen schrauben daher an einer Ausrichtung. „Orphan Drugs werden zum Motor der Industrie“, sagte etwa der Vorsitzende der italienischen Pharmavereinigung Farmaindustria, Serio Dompé. Die 20 Mrd. US-$ schwere Übernahme des US-Spezialisten Genzyme durch den Pharmakonzern Sanofi-Aventis gibt ihm recht. Allerdings treten auch im Bereich der seltenen Erkrankungen Probleme auf, die bisher nur Spezialisten bekannt waren: „Für sehr seltene Erkrankungen ist es besonders schwer, die genauen Patientenzahlen und damit deren kommerzielles Potential abzuschätzen“, sagte Jeremy Springhorn von der US-amerikanischen Alexion Pharmaceuticals, die erst Ende Februar alle Patente und Know-how der Kölner Orphatec übernommen hat. Die Firma wurde vor zweieinhalb Jahren von Biotechemie-Professor Günter Schwarz aus der Universität Köln ausgegründet, um einen Wirkstoff gegen eine schwere Stoffwechselkrankheit zu entwickeln. 2009 hatte dieser – angewandt in einer experimentellen Therapie – das Überleben eines Kindes in Australien gesichert (mehr...).

Viele Firmen suchen aber auch nach neuen Märkten, vor allem in Asien. „Wir sehen in China einen sehr interessanten Wachstumsmarkt“, sagte Berthold Hinzen, Leiter Global Business Development and General Medicine beim Leverkusener Pharmakonzern Bayer. Vor allem die wirtschaftliche Entwicklung werde das Bedürfnis der Bevölkerung nach erstklassiger medizinischer Betreuung steigen lassen. Daher will der Pharmakonzern vor Ort sein.

Neben den schon fast berüchtigten, engen Kabinen für Verhandlungen gehörten auch Podiumsdiskussionen zur Veranstaltung.Lightbox-Link
Neben den schon fast berüchtigten, engen Kabinen für Verhandlungen gehörten auch Podiumsdiskussionen zur Veranstaltung. Quelle: EBD Group AG

Aber auch eine Expansion nach China ist nicht ohne Risiko. Und Risiken scheut Big Pharma derzeit. Das zeigt sich an Deals, in denen Risikoteilung eine immer größere Rolle spielt. Letztlich werden sogar Tabus gebrochen und mit der früher bitter bekämpften Konkurrenz zusammengearbeitet. Für viele Teilnehmer ist daher die Zusammenlegung der Diabetes-Pipelines von Eili Lilly und Boehringer Ingelheim einer der Deals des Jahres. Wo es früher knallhart um eine milliardenschwere Übernahme gegangen wäre, wird heute eine weitgehend kostenneutrale Allianz angestrebt. Das internationale Partnering stößt damit in neue Regionen vor. Die BIO-Europe Spring übrigens auch. Nachdem Frühlingsgefühle weder bei der vorvergangenen Veranstaltung in Barcelona (der erste Schnee seit 40 Jahren) noch bei der aktuellen Ausgabe (Mailand grüßte mit 5°C und Dauerregen) aufkamen, entschlossen sich die Veranstalter, es einmal im Norden zu versuchen und verlegten den Austragungsort 2012 nach Amsterdam.

 

Videos

Kurzfilme zur Biotechnologie in unserer Videorubrik

Ob Medizin, Landwirtschaft oder Industrie - in unserer Videorubrik finden Sie eine ganze Reihe von Kurzfilmen, die Sie leicht verständlich in die Welt der Biotechnologie einführen. 


Zur Rubrik Videos

TV-Glossar

Kreidezeit - Begriffe aus der Biotechnologie

Von A wie Antikörper bis Z wie Zellkultur - die Kreidezeit erklärt Begriffe aus der Biotechnologie kurz und knapp an der Tafel. Alle Videos finden Sie in unserem Filmarchiv.


Zur Rubrik Kreidezeit