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Die bewegte Mikrobe: Filmfestival zur Synthetischen Biologie

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Der Gewinner in der Kategorie Animation ist Tom Judds "Bruce". Insgesamt gab es beim BioFiction-Filmfestival 130 Einreichungen aus 25 Ländern. Quelle: BioFiction

17.05.2011  - 

Ob Sensorhaut für alle Lebenslagen, Superhelden aus dem Supermarktregal oder Tierhybride zur Seuchentherapie: Die synthetische Biologie verspricht eine bisweilen verrückte, manchmal auch angsteinflößende, auf jeden Fall aber spannende Zukunft. Zumindest lassen das die Kurzfilme vermuten, die auf dem weltweit ersten Festival für Synthetische Biologie gezeigt wurden. Das ehrwürdige Naturhistorische Museum in Wien wurde am 13. und 14. Mai zum Schauplatz für Visionen und Diskussionen über das konstruierte Leben der Zukunft.


 

Es beginnt mit einem Stück Fleisch, frisch aus dem Supermarkt, eingeschweißt in Plastikfolie. Ein schwabbeliger Mittdreißiger nimmt es aus der Packung und klatscht es auf den Tisch. Dann wird es merkwürdig. Ein USB-Kabel wird in den blutigen Klumpen gesteckt, am anderen Ende hängt ein Computer. Der Mann kopiert sich auf einer Open-Source-Seite einen Programmcode und überträgt die Daten via Kabelleitung in das Stück Fleisch. Das beginnt zu erzittern und verwandelt sich nach und nach in eine Miniaturversion von – Bruce Willis. Mit  Unterhemd, ohne Kopfbehaarung. Schlicht „Bruce“ heißt einer der rund 150 Filme, die beim weltweit ersten Filmfestival zur Synthetischen Biologie BioFiction eingereicht wurden.

Rund zweihundert Menschen kamen zur feierlichen Preisverleihung im prächtigen Kuppelsaal des Naturhistorischen Museums in Wien. Lightbox-Link
Rund zweihundert Menschen kamen zur feierlichen Preisverleihung im prächtigen Kuppelsaal des Naturhistorischen Museums in Wien. Quelle: BioFiction

130 Kurzfilme aus 25 Ländern

„Am Anfang hatte wir die Sorge, dass bei diesem doch eher speziellen Thema nur wenige Beiträge zusammenkommen“, sagte Organisator Markus Schmidt von der Organisation für Internationalen Dialog und Konfliktmanagement. „Doch die Befürchtungen erwiesen sich als unbegründet.“ Rund 130 meist nur einige Minuten langen Kurzfilme erreichten die Veranstalter aus 25 Ländern, 52 davon schafften es bis in die Vorauswahl. Sie sind alle auf der Website des Festivals unter www.bio-fiction.com/videos einzusehen. Gut so, denn nicht nur die Gewinner der fünf Kategorien sind sehenswert.

BioFiction

Das Filmfestival BioFiction versammelte weltweit zum ersten Mal Filmbeiträge zur Synthetischen Biologie. Auf der Website gibt es einen großen Teil der Filme zu sehen, Informationen zu den Gewinnern sowie der begleitenden Kunstausstellung im Wiener Naturhistorischen Museum.

www.bio-fiction.com

Spannender als die Frage, wer den Hauptpreis bekommt, war in Wien das Aufeinandertreffen von Filmemachern, Künstlern und Wissenschaftlern an sich. Publikumszuspruch gab es trotz der prominenten Lage nur wenig. Wissensarbeiter und Kulturschaffende waren also zum größten Teil unter sich. Die Neugier aufeinander aber war überall zu spüren. Die Künstler interessierte, welche neuen Welten die Wissenschaftler aufstoßen. Die Forscher wiederum wollten wissen, wie sie von der Welt gesehen werden.

In der begleitenden Kunstausstellung synth-ethic zeitgen Adam Brown und Robert Root-Bernstein ihre Version des berühmten Ursuppen-Experiments von Stanley Miller, in dem die Bedingungen bei der Entstehung von Leben auf der Erde simuliert wurden.Lightbox-Link
In der begleitenden Kunstausstellung synth-ethic zeitgen Adam Brown und Robert Root-Bernstein ihre Version des berühmten Ursuppen-Experiments von Stanley Miller, in dem die Bedingungen bei der Entstehung von Leben auf der Erde simuliert wurden.Quelle: BioFiction

Je genauer man dabei hinsah, desto mehr verschwammen die Trennlinien. So hat zum Beispiel der Heidelberger Sequenzierexperte Roland Eils (zum Forscherprofil) bei gleich drei Beiträgen mitgewirkt. Bei einigen Filmemachern sind beide Identitäten in einer Person vereint. Christina Agapakis, die für ihren Beitrag „Who are the engineers of the future” den Publikumspreis gewann, ist Doktorandin an der Harvard Medical School und beschäftigt sich hauptsächlich mit Endosymbiose. In ihrem ironisch im Stil der forschungsgläubigen 1960er Jahre gehaltenen Film rauchen dreiarmige Laborassistenten entspannt eine Zigarette, während in der Mülltonne eine neuer Mensch heranreift. „Was ist der Unterschied zwischen Kunst und Wissenschaft? Ein guter Wissenschaftler denkt ähnlich wie ein Künstler“, sagt Robert Root-Bernstein, der zusammen mit Adam Brown eine Installation für die begleitende Kunstausstellung beisteuerte.

Noch Experiment oder schon Kunstwerk?

In „Origin of Life. Experiment #1.4“ stellen sie den berühmten Versuch nach, den Stanley Miller und Harold Urey in den 1950ern an der Universität von Chicago durchführten. Auch hier sind die kreativen Disziplinen nicht voneinander zu trennen. „Vor einem Monat haben wir ATP produziert“, sagt Root-Bernstein. „Das ist mit diesem Setting zuvor noch niemandem gelungen.“

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Die Ausstellung brachte zehn Installationen und Objekte aus dem Bereich der biologisch inspirierten Kunst zusammen. Der US-Amerikaner Paul Vanouse war mit seinem Latent Figure Protocol vertreten, einer Reihe von Bildern, die mit Hilfe der Gelelektrophorese entstanden. Vanouse zeigte das Werk vor einigen Monaten schon bei einer Ausstellung in Deutschland (mehr...). Weiter geht Joe Davis, der Bakterien so genetisch modifiziert, dass sie spezielle leitfähige Platin- und Germanium-Verbindungen produzieren. Aus ihnen versucht Davis als ironischen Kommentar auf in der synthetischen Biologie gerne verwendete Schaltkreis-Metapher einen lebenden Schaltkreis heranzuzüchten. Die Anordnung soll einmal als Mittelwellenradio funktionieren. Bisher hört man noch nichts. Die Ausstellung läuft allerdings noch bis 26. Juni. Vielleicht ist das „Bacterial Radio“ bis dahin ausgewachsen. Die synthetische Biologie ist der Kunst nicht so fremd, wie man zunächst denken könnte, sagt Kurator Jens Hauser. „Die Synthese ist immer schon Sache der Kunst gewesen.“

Der Rahmen für dieses Beschnuppern von Pionieren aus Wissenschaft und Kunst war Kontrast und Anmaßung zugleich. Das Naturhistorische Museum am Wiener Altstadtring wurde 1890 auf dem Höhepunkt der Macht der k.u.k. Monarchie errichtet. In dunkelvertäfelten Holzvitrinen werden in dem labyrinthartigen Gebäude Quastenflosser, Mammuts und Mondgestein ausgestellt. „Ich bin selbst überrascht, dass die Museumsdirektion unserer Anfrage zugestimmt hat“, sagt Schmidt. Museumsleiter Christian Köberl gab die Verbeugung prompt zurück. „Wir sind stolz dabeizusein, wenn hier über ein Thema verhandelt wird, dass unser zukünftiges Lebens so stark prägen wird.“ Das Leben des Minihelden Bruce übrigens endete schon wieder, kurz nachdem es begonnen hat. Er scheitert am Abenteuerparcours, den sich sein Schöpfer für ihn ausgedacht hat.

 

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