Wochenrückblick KW 14

11.04.2011

Neue Biotech-Bauten für 50 Millionen Euro in Leipzig

Rege Bautätigkeit in Leipzig: In den vergangenen Tagen sind gleich mehrere Bauprojekte im Bereich der Biotechnologie gestartet.

In direkter Nachbarschaft zum Inkubator Bio City Leipzig entsteht ein neues Büro- und Laborgebäude. Die Kosten für den Bau des 6.000 Quadratmeter großen BioCube belaufen sich auf bis zu 11,5 Millionen Euro.

Im Flügel B der ehemaligen Universitätsfrauenklinik werden insgesamt fünf Etagen und ein Kellergeschoss für das TRM Leipzig ausgebaut.Lightbox-Link
Im Flügel B der ehemaligen Universitätsfrauenklinik werden insgesamt fünf Etagen und ein Kellergeschoss für das TRM Leipzig ausgebaut.Quelle: TRM

Die Kosten werden von der kommunalen Leipziger Gewerbehof GmbH & Co. KG (60 Prozent) sowie der Stadt Leipzig und dem Land Sachsen getragen. Am 7. April war der symbolische Spatenstich. Ab 2013 wollen die c-LEcta GmbH und die Vita 34 AG in den Kubus einziehen. Der wird ganz auf deren Bedürfnisse zugeschnitten: „Wir brauchen zertifizierte Reinräume und verstärkte Decken im ersten Obergeschoss für die Tanks, in denen das Nabelschnurblut gekühlt wird", erklärte Eberhard Lampeter. Der Mediziner ist Gründer und Vorstand der Vita 34 AG, der ältesten privaten Nabelschnurblutbank Deutschlands. Statt wie bisher etwa 77.000 Proben sollen am neuen Standort bis zu 250.000 Proben in Stickstofftanks gelagert werden. Die c-LEcta wird ihre Kapazitäten durch den Umzug fast verdoppeln, 2.000 Quadratmeter sind für das Biotechnologie-Unternehmen im Kubus reserviert. Der ist damit bereits bei Baubeginn zu 75 Prozent vermietet.

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Wochenrückblick: Regenerative Medizin: 40 Millionen Euro für Zentren in Berlin und Leipzig

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Die Haema AG, Deutschlands größter unabhängiger Blutspendedienst, baut hingegen eine eigene Firmenzentrale außerhalb des Inkubators Bio City. Ende März wurde mit dem Bau begonnen. Für mehr als 30 Millionen Euro sollen auf dem Gelände der alten Messe Leipzig neue Produktions- und Lagermöglichkeiten für Blutprodukte sowie ein Verwaltungsgebäude aufgebaut werden. Auch das Translationszentrum für Regenerative Medizin (TRM) Leipzig investiert in einen neuen gemeinsamen Standort: Bisher sind die 131 Mitarbeiter auf mehrere Orte im Stadtgebiet verteilt. Ab Ende 2012 sollen sie im Haus der ehemaligen Universitätsfrauenklinik zusammengeführt werden. „Die Konzentration unserer Arbeitsgruppen an einem Ort wird Leipzigs Position in der biomedizinischen Forschung weiter stärken", sagte Frank Emmrich, Direktor des TRM Leipzig, anlässlich eines Baustellenrundganges. Die 12,5 Millionen Euro teure Renovierung der annähernd 4.000 Quadratmeter Labor- und Bürofläche wird mit Mitteln der Europäischen Union gefördert.

Fünf weitere Risikogene für Alzheimer entdeckt

Ein internationales Forscherkonsortium hat in der bislang größten Erbgutstudie zur Alzheimer-Krankheit die Zahl der bekannten Risikogene auf neun erhöht.

Bislang waren Varianten in vier Erbanlagen bekannt, die das Risiko für die häufigste Demenzform steigern. Das Forscherkonsortium berichtet in der Fachzeitschrift Nature Genetics (2011, Online-Vorabveröffentlichung). In einer Analyse von 54.000 Menschen identifizierten Mitarbeiter von 44 US-Universitäten und Forschungseinrichtungen nun weitere vier Risikogene. Ein Fünftes ermittelte eine amerikanische-europäische Kooperation unter Mitarbeit von Humangenetikern aus zahlreichen deutschen Forschungseinrichtungen. Die nun identifizierten Risiko-Gene (ABCA7, MS4A, EPHA1, CD33, CD2AP) sind unter anderem verantwortlich für Transportprozesse an den Zellmembranen, greifen regulierend in das Immunsystem ein und sind am Fettstoffwechsel beteiligt.

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Diese Erkenntnisse seien eine wichtige Voraussetzung dafür, neue Früherkennungs- und Diagnostikmaßnahmen zu entwickeln, sagt Harald Hampel, Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie an der Goethe-Universität in Frankfurt. „Das bessere Verständnis der biologischen Grundlagen eröffnet darüber hinaus neue Möglichkeiten für eine effektivere Therapie.“Weltweit leiden rund 35 Millionen Menschen an der bislang unheilbaren Alzheimer-Krankheit, in Deutschland sind es mehr als eine Million Menschen. Große Genomstudien sollen vor allem die noch immer rätselhaften Ursachen dieser Demenz aufklären und zudem Aufschluss darüber geben, welche Menschen besonders gefährdet sind. Die nun ermittelten Erbgutsequenzen lassen erste Schlüsse über die komplexen Zusammenhänge der Krankheit zu. Bisher war bekannt, dass die Anhäufung des Eiweißfragments Amyloid an der Erkrankung beteiligt ist.

Immuntherapie mit DNA-Schnipseln wirksam

Die körpereigene Immunabwehr gegen Tumoren kann durch eine Therapie mit kurzen Stücken des Erbmoleküls DNA effektiv gesteigert werden.

Bei einer Immuntherapie werden körpereigene Abwehrzellen darauf getrimmt, gezielt Krebszellen zu attackieren. Eine von dem Team um die Münchner Forscherin Carole Bourquin (mehr zu ihrem Profil: hier klicken) entwickelte neue Therapie setzt darauf, die natürliche Immunabwehr für den Kampf gegen Tumorzellen zu nutzen: Die Wissenschaftler verwenden CpG-DNA-Oligonukleotide, um das körpereigene Abwehrsystem zu aktivieren. Allerdings können Tumoren das Immunsystem auch austricksen und auf unterschiedliche Weise dafür sorgen, dass sie von den Abwehrzellen nicht erkannt werden.

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Menschen: Carole Bourquin - Die körpereigene Abwehr gegen Krebs aktivieren

News: Mit dem Immunsystem der Maus gegen Krebs

Vor allem myeloide Suppressorzellen (MDSC) aus dem Knochenmark machen Probleme. MDSC tragen bei Krebspatienten zur Tumorentwicklung bei und behindern eine erfolgreiche Immuntherapie gegen den Krebs, da sie das Immunsystem aktiv unterdrücken. Die von Bourquin untersuchte CpG-Therapie hat sich in Mäusen dagegen selbst bei hohen MDSC-Konzentrationen bewährt. "Es war deshalb essentiell zu untersuchen, welche Auswirkungen die CpG-Therapie auf die Aktivität der MDSC hat“, sagt Bourquin. Wie die Mediziner vom Klinikum der Ludwigs-Maximilians-Universität im Fachjournal Clinical Cancer Research (2011, Bd. 17. S.1765) berichten, lässt die Therapie mit CpG die MDSC offenbar zu Abwehrzellen ausreifen. Das hat einen hochwillkommenen Nebeneffekt: Die Zellen verlieren dabei ihre Immunsystem-unterdrückende  Wirkung. Verantwortlich dafür ist das Zytokin Interferon-alpha, das bei der Aktivierung von Immunzellen durch CpG produziert wird. Auch die Behandlung mit synthetisch hergestelltem Interferon-alpha führte dazu, dass die Immunantwort nicht mehr durch MDSC gedämpft wurde. „Dieses Ergebnis ist eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Krebs-Immuntherapie in der Zukunft“, erklärt Bourquin, die nun die Therapie gegen Tumoren des Magen-Darm-Trakts weiter entwickeln möchte.

Navigator-Gen steuert Leberentwicklung

Berliner Entwicklungsbiologen sind beim Zebrafisch auf ein Gen gestoßen, das bei der Ausbildung der Leber eine entscheidende Rolle spielt.

Die Wissenschaftler des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) in Berlin-Buch berichten in der Fachzeitschrift Development (2011, Online-Vorabveröffentlichung).

Der Ausschnitt aus einem Zebrafisch-Embryo zeigt die Anlagen für die Leber (grün) und die Bauchspeicheldrüse (violett).Lightbox-Link
Der Ausschnitt aus einem Zebrafisch-Embryo zeigt die Anlagen für die Leber (grün) und die Bauchspeicheldrüse (violett).Quelle: Christian Klein/MDC

Bisher war bekannt, dass das Gen namens Navigator-3 während der Entwicklung des Embryos die Wanderung von Zellen im Gehirn steuert. Die Forscher um Christian Klein, und Ferdinand le Noble wiesen nun nach, dass das Gen die Entwicklung der Leber reguliert. Fehlt es, kann sich die Leber nicht bilden. Seit einiger Zeit ist bekannt, dass Navigatorgene des Gehirns in der Frühphase der Embryonalentwicklung auch bei der Ausbildung des Gefäßsystems eine Rolle spielen.

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Wochenrückblick: Rettung für sterbende Leberzellen

News: Wie eine Fettleber entsteht

Beim Zebrafischembryo ist das Navigator-Gen aber auch in Vorläuferzellen der Leber aktiv. Das Navigator-Gen ermöglicht es den Zellen, wie sein Name besagt, zielgerichtet zu wandern. In einem weiteren Schritt konnten die Forscher zeigen, dass es in den Zellen den Umbau des Zellskeletts optimiert. Es schafft damit die Voraussetzung dafür, dass die Zellen punktgenau zu ihrem Zielort wandern können, wo sie dann die Leber bilden. Angestoßen wird die Produktion des Navigator-Gens von dem Signalmolekül wnt2bb, das zu einer Gen-Familie gehört, die zentrale Funktionen bei der Bildung von Organen hat. Die Erforschung von Entwicklungsprozessen in Zebrafischembryonen ist auch für die Erforschung von Krankheiten des Menschen von Bedeutung. So gibt es laut Klein bereits erste Hinweise darauf, „dass fehlreguliertes Navigator-3 bei der Entstehung von Leberkrebs und Leberzirrhose beim Menschen beteiligt ist. Das Gen könnte somit als therapeutisches Ziel von Bedeutung sein.

Keimnachweis in Rekordzeit

An der Universität Jena entwickeln Wissenschaftler eine schnelle Methode zur Identifizierung von schädlichen Bakterien in der Luft.
Ziel des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Vorhabens ist es, innerhalb von wenigen Stunden die Keimbelastung in besonders sensiblen Reinräumen zu messen. In Operationssälen, aber auch in einigen Produktionsbereichen der pharmazeutischen, elektronischen oder der Lebensmittelindustrie muss die Anzahl der Partikel und Keime in der Luft möglichst gering zu sein.

Jürgen Popp ist Direktor des Instituts für Physikalische Chemie an der Universität Jena und leitet zudem das Institut für Photonische Technologien.Lightbox-Link
Jürgen Popp ist Direktor des Instituts für Physikalische Chemie an der Universität Jena und leitet zudem das Institut für Photonische Technologien.Quelle: Sven Doering/IPHT

Um das zu gewährleisten, werden die Räume regelmäßig überprüft. Bisher müssen die Luftproben aufwändig in einem Labor untersucht werden. „Leider dauert das in der Regel mehrere Tage bis eine Woche, denn die entnommenen Proben müssen erst im Labor untersucht werden“, erklärt Jürgen Popp, der an der Universität Jena für das Projekt RAMADEK verantwortlich ist. Mit im Boot sind neben dem Robert Koch Institut auch drei Wirtschaftsunternehmen: das Luftfahrt- und Rüstungsunternehmen EADS, die rap.ID particle systems GmbH und die MCRT Micro CleanRoom Technology GmbH.
„Wir wollen im Projekt ein Verfahren entwickeln, das es erlaubt, Keime in Echtzeit mittels der Raman-Spektroskopie zu detektieren“, erklärt Popp. Dieses Verfahren – benannt nach dem indischen Physiker und Nobelpreisträger Chandrasekhara Raman – nutzt die Frequenzänderung von Licht, wenn es auf Materie trifft. Da ein Raman-Mikroskop noch Teilchen von bis zu einem Mikrometer Größe erkennen kann, ist es möglich, einzelne Bakterien zu messen. Jedes Bakterium verursacht dabei ein ganz bestimmtes Spektrum und gibt damit einen ganz spezifischen optischen Fingerabdruck ab.

Schwerpunkt Biophotonik

Das Projekt RAMADEK ist Teil des Forschungsschwerpunkts Biophotonik des BMBF.

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Mit dem Abgleich in einer Datenbank können Keime umgehend identifiziert werden. „Wir sind für diese Datenbank und die Identifizierungsalgorithmen zuständig“, sagt Popp. „Dafür untersuchen wir verschiedene Arten von Mikroorganismen und speichern die Daten, die während der Raman-Spektroskopie einen Wiedererkennungswert haben.“ Bis 2013 soll das mit rund 1,2 Millionen Euro unterstützte Projekt abgeschlossen sein.

Lenkmoleküle halten Entzündung in Schach

Berliner Forscher haben möglicherweise einen neuen Weg gefunden, um ein überschießendes Immunsystem gezielter als bisher zu zügeln.

Das Team um Jan Schwab von der Klinik und Poliklinik für Neurologie und Experimentelle Neurologie und dem Berlin-Brandenburg Centrum für Regenerative Therapien (BCRT) untersuchte bestimmte Moleküle, die schon aus dem Gehirn bekannt sind. Dort ermöglichen sie die effiziente Vernetzung von Nervenzellen.

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News: Verkehrt präsentiert - Eiweiße verwirren Immunsystem

News: Charité und Sanofi beschließen erste Public-Private-Partnership

Damit die sprießenden Nervenfasern die anvisierte Nachbarzelle nicht verfehlen, werden sie von sogenannten Lenkmolekülen dirigiert. Von diesen Steuermolekülen gibt es zwei Varianten: eine anziehende und eine abstoßende. Letztere hat nun im Immunsystem des Körpers eine Funktion, die der Forschung bisher unbekannt war und die von den Charite-Wissenschaftlern nun in PNAS (Online-Veröffentlichung, 5. April 2011) dokumentiert wurde.

Berlin Brandenburg Center for Regenerative Therapies

Das BCRT ist ein Gemeinschaftsprojekt des Berliner Universitätsklinikums Charité und der Helmholtz-Gemeinschaft. In dem Translationszentrum sollen erfolgversprechende Ansätze aus der regenerativen Medizin schnell auf den Weg in die medizinische Praxis gebracht werden.

http://bcrt.charite.de

Die abstoßenden Lenkmoleküle stellen sich den körpereigenen Abwehrmolekülen (Leukozyten) in den Weg und verhindern so, dass eine Entzündung außer Kontrolle gerät oder chronisch wird. Der neue Therapieansatz stellt möglicherweise eine sanftere, da es im Vergleich zu üblichen Entzündungshemmern wie Cortison gezielter wirkt und damit das Risiko von unerwünschten Nebeneffekten sinkt. Falls der Ansatz zu einem Medikament führt, könnten sich die Forscher so unterschiedliche Anwendungen wie Blutvergiftungen, aber auch chronische und immunologische Entzündungen wie Rheuma und Organabstoßungen vorstellen.