Direktlink :
Inhalt; Accesskey: 2 | Hauptnavigation; Accesskey: 3 | Servicenavigation; Accesskey: 4

Mediziner entwickeln Gentherapie mit künstlicher RNA

Das Botenmolekül mRNA (dargestellt als digitale Buchstaben-Kette) setzt die Produktion einer Aminosäurekette (orangene Leuchten) in Gang. Münchener Forscher haben die mRNA als Wirkstoff eingesetzt. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Das Botenmolekül mRNA (dargestellt als digitale Buchstaben-Kette) setzt die Produktion einer Aminosäurenkette (orangene Kreise) in Gang. Münchener Forscher haben die mRNA als Wirkstoff eingesetzt.

17.02.2011  - 

Mutationen im Erbmolekül DNA sind der Auslöser von Erbkrankheiten oder Krebs. Ein möglicher Heilungsansatz ist die Gentherapie. Hierbei versuchen Molekularmediziner, gesunde Kopien eines Gens in Körperzellen des Patienten einzuschleusen. So soll der Ausfall der defekten Erbanlagen kompensiert werden. Doch das Einschleusen von Ersatz-DNA mit Hilfe von Viren birgt derzeit immer noch Risiken. Münchner Forscher um Carsten Rudolph haben nun eine Gentherapie entwickelt, die komplett ohne den Einsatz von DNA und Viren auskommt: Sie besteht aus chemisch veränderten Boten-RNA-Molekülen (mRNAs). Wie die Forscher im Fachjournal Nature Biotechnology (2011, Bd.29, S.154) berichten, ist ihre RNA-Medizin bei Mäusen offenbar sicher und gut verträglich. Verabreichten sie die Substanz lungenkranken Tieren, so verlängerte sich ihre Überlebenszeit signifikant.

Viele schwere Krankheiten werden nicht von Bakterien oder Viren ausgelöst, sondern gehen auf defekte Gene im Erbgut der Körperzellen zurück. Gentherapeuten versuchen diese Leiden zu heilen, indem sie ein gesundes „Ersatzgen“ in die Körperzellen einschleusen. Dabei müssen die Forscher aber eine ganze Reihe von Hürden meistern. Hauptschwierigkeit ist der Transport der Ersatz-DNA an ihren Zielort. Denn Zellen lassen nun mal nicht jeden beliebigen Partikel in ihren Zellkern eindringen. Oft werden daher vermehrungsunfähige Retroviren als Transporter benutzt, was in manchen Fällen zu Leukämien und heftigen Immunreaktionen führen kann. In dieser Folge der Kreidezeit erklären wir, wie man mit einer Gentherapie Krankheiten behandeln könnte.Quelle: biotechnologie.tvZwar haben Molekularmediziner auch schon versucht, DNA als nacktes Molekül –also ohne Viren als Chauffeur- ins Zellinnere zu bugsieren. Doch diese Verfahren haben sich bisher als wenig effizient erwiesen. DNA-basierte Gentherapien haben eine weitere Schwäche: Die eingeschleusten Erbgutstücke fügen sich meist zufällig in das Genom ein und können dabei im schlimmsten Fall Krebs auslösen.

Boten-RNA birgt weniger Risiken 

Nun haben Forscher um Carsten Rudolph (mehr zu seinem Profil: hier klicken) vom Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität ein gentherapeutisches Verfahren entwickelt, das diese Probleme umgehen kann. Der Trick: Die Forscher haben sogenannte Boten-RNA-Moleküle anstatt DNA für ihr Verfahren verwendet. mRNAs sind molekulare Abschriften eines Gens. Sie sorgen als Mittler dafür, dass die in der DNA verschlüsselte Information in ein bestimmtes Protein umgesetzt wird. In der Natur sind RNA-Moleküle allerdings sehr instabil. Deshalb haben die Münchner ihre RNA-Moleküle chemisch modifiziert.

„Dadurch ist es uns gelungen, stabile Moleküle herzustellen und damit die typische Aktivierung des Immunsystems zu vermeiden“, sagt Rudolph. Tatsächlich lösten die künstlichen RNA-Moleküle sowohl in Zellkultur-Experimenten wie auch bei Mäusen keine Entzündungsreaktionen aus.

RNA per Spritze löst bei Nagern Blutdoping aus

Bei den Nagern hat das Team um Rudolph nun auch gezeigt, das die sogenannte „Transkript-Therapie“ auch wirklich heilende Effekte hat. Eine einzige Injektion einer mRNA, die den Bauplan für das Hormon Erythropoetin enthielt, das die Bildung roter Blutkörperchen anregt, erhöhte den Anteil der roten Blutkörperchen vier Wochen nach der Injektion signifikant.

Mehr auf biotechnologie.de

Menschen: Carsten Rudolph: Mit Nanopartikeln zur Gentherapie

News: Mit Nanopartikeln den Tumor gezielt vergiften

News: Nervenkrankheit ALD erstmals mit Gentherapie geheilt

Die Forscher haben damit bei den Nagern eine Form von Gendoping ausgelöst. Das Potenzial der Technologie zeigte auch eine Studie an Mäusen mit einem erblich bedingten Lungendefekt, der durch das Fehlen des SP-B-Protein gekennzeichnet ist und der normalerweise tödlich verläuft: Atmeten die kranken Mäuse regelmäßig ein Aerosol mit SP-B codierender mRNA ein, blieb die normale Lungenfunktion bis zum Ende der Studie erhalten.

Lokale Anwendungen im Blick  

Carsten Rudolph sieht vor allem in der Regenerativen Medizin und bei der Behandlung von Stoffwechselerkrankungen mögliche Einsatzgebiete der neuen Transkript-Technologie. Der Pharmazeut ist Preisträger des BioFuture-Wettbewerbs des BMBF und hat zusammen mit dem Münchner Professor Christian Plank vor zwei Jahren die Firma Ethris GmbH gegründet. Das junge Biotechnologie-Unternehmen will die modifizierten mRNA-Moleküle vermarkten und in die klinische Anwendung bringen. „Unser Ziel ist es, die mRNAs lokal zu verabreichen, zum Beispiel zur Behandlung diabetischen Geschwüren oder zur Beschichtung von Implantaten“, sagt Rudolph. Weitere Anwendungsmöglichkeiten sieht der Forscher in der lokal ausgelösten Produktion von therapeutisch wirksamen Proteinen. Rudolph hofft, im Laufe der nächsten Jahre die Wirksamkeit der modifizierten mRNA auch in klinischen Studien erproben zu können.

 

Videos

Kurzfilme zur Biotechnologie in unserer Videorubrik

Ob Medizin, Landwirtschaft oder Industrie - in unserer Videorubrik finden Sie eine ganze Reihe von Kurzfilmen, die Sie leicht verständlich in die Welt der Biotechnologie einführen. 


Zur Rubrik Videos

TV-Glossar

Kreidezeit - Begriffe aus der Biotechnologie

Von A wie Antikörper bis Z wie Zellkultur - die Kreidezeit erklärt Begriffe aus der Biotechnologie kurz und knapp an der Tafel. Alle Videos finden Sie in unserem Filmarchiv.


Zur Rubrik Kreidezeit