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Carsten Rudolph: Mit Nanopartikeln zur Gentherapie

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Rudolph Carsten will Nanopartikel als Genfähren einsetzen, damit defekte Gene im Zellkern repariert werden können, ohne das Krebsrisiko zu erhöhen. Quelle: Rudolph / LMU München

14.11.2008  - 

Carsten Rudolph ist fasziniert von Nanopartikeln: Ob Medikamente oder DNA – sie bringen Stoffe zielgenau an ihren Wirkungsort, ohne woanders Schaden anzurichten. Der Arbeitsgruppenleiter am Klinikum der Universität München hofft, mit den Kleinsttransportern endlich eine virenfreie Gentherapie entwickeln zu können. Seit vier Jahren wird dieses Vorhaben im BioFuture-Wettbewerb des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unterstützt. Aber auch mit den Nanopartikeln in Lungensprays befasst sich der Forscher. Ihnen will er beibringen, genau dorthin zu schweben, wo sie in der Lunge gebraucht werden.




Viele schwere Krankheiten werden nicht von Bakterien oder Viren ausgelöst, sondern gehen auf defekte Gene im Erbgut der Körperzellen zurück. Solche Krankheiten, das hoffen Wissenschaftler wie Carsten Rudolph, könnte man heilen, indem man ein gesundes „Ersatzgen“ in die Körperzellen einschleust. Das Hauptproblem bei dieser Idee ist der Transport der Ersatz-DNA an ihren Zielort. Denn Zellen lassen nun mal nicht jeden beliebigen Partikel in ihren Zellkern eindringen. Oft werden daher vermehrungsunfähige Retroviren als Transporter benutzt. „Viren haben über Millionen von Jahren gelernt, ihr Erbgut möglichst effizient in Zellen einzuschleusen“, erklärt Rudolph. Die Methode hat aber gravierende Nachteile. Vor allem, weil die Viren im Zellgenom sogenannte  Onkogene aktivieren können – die wiederum Krebs auslösen können.

Winzige Helfer transportieren Ersatzgen in die Zelle

Dieses Problem will Carsten Rudolph nun umgehen. Am Uniklinikum in München entwickelt er nichtvirale Systeme, um die DNA in die Zellen zu bringen. Dazu packt der Forscher das Ersatzgen auf ein kleines ringförmiges Stück DNA, das Experten als Plasmid bezeichnen. Dieses Konstrukt allein würde es jedoch auch noch nicht in die Zelle schaffen. „Nackte Plasmid-DNA kann die Zellmembran nicht durchdringen“, sagt Rudolph. Das liegt daran, dass das Molekül negativ geladen ist. Deshalb muss der Forscher noch etwas nachhelfen: Er verbindet das DNA-Molekül mit einem positiv geladenen Polymer namens Polyethylenimin zu einem positiv geladenen  Partikel. Diese winzigen Partikel sind dann gerade einmal 50 Nanometer groß und werden von den Zellen gut aufgenommen, wie Rudolph herausgefunden hat. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar ist 100 000 bis 200 000 Nanometer dick.

BioFuture-Wettbewerb

Seit 1998 unterstützte das BMBF 51 junge Wissenschaftler beim Aufbau einer Nachwuchsgruppe und der Forschung an einem selbstgewählten Thema. Das BMBF stellt für BioFuture Fördermittel von insgesamt 75 Mio. Euro bis zum Jahr 2010 zur Verfügung.

Zur Wettbewerbsseite: hier klicken

Im vom BMBF geförderten BioFuture-Projekt wollen die Forscher ihre Technik auf eine ganze bestimmte Erbkrankheit anwenden. Sie heißt „Surfactant Protein B Defizienz“ und ist zum Glück sehr selten. Bei Kindern, die mit dem Gendefekt zur Welt kommen, führt sie jedoch im ersten Lebensjahr zum Tod. Bei ihnen wird die Oberflächenschicht der Lungenbläschen nicht richtig gebildet, da ein bestimmtes Eiweiß  fehlt. Die Schicht sorgt normalerweise dafür, dass die Bläschen nicht kollabieren. „Bis jetzt ist die einzige Heilungsmöglichkeit eine neue Lunge“, erklärt Rudolph. Auch wenn der Weg zu einer erfolgreichen Gentherapie der Krankheit noch weit ist – ein Anfang ist immerhin schon gemacht. Rudolphs Gentransfersystem ist zwar noch längst nicht perfekt, insgesamt ist er aber mit dem Verlauf des Projektes zufrieden. „Zum Ende nächsten Jahres, wenn die Förderung von BioFuture ausläuft, werden wir die meisten Punkte erreicht haben“, sagt er.

Auf die Idee, DNA in Nanopartikeln zu transportieren, ist der studierte Pharmazeut übrigens in den USA gekommen. „DNA als Arzneistoff zu versenden – das fand ich so faszinierend, dass ich mir gedacht habe, da musst du noch irgendwie weiter drauf arbeiten,“ erklärt Rudolph seine Entscheidung für die Wissenschaft. Und die war keineswegs selbstverständlich. „Ich hätte mir nach dem Studium nicht gedacht, dass ich mal in der Forschung arbeiten würde. Das war eigentlich ziemlich abwegig. Ich hätte mir eher vorgestellt, in die Wirtschaft zu gehen“, so Rudolph über seine Karrierepläne.

Neue Idee: Zielgenaues Lungenspray für Krebstherapie

Ganz begraben hat er diesen Plan allerdings nicht. Mit der Entwicklung von Lungensprays, die einen ganz bestimmten Ort in der Lunge ansteuern können, steht er schon fast vor der Firmengründung. Wozu so ein Spray gut sein soll? Eine Erklärung hat Rudolph schnell parat: „Zum Beispiel bei Krebserkrankungen wäre das eine Idee: Immer dann, wenn Sie wissen, wo in der Lunge der Tumor liegt und Sie dorthin eine möglichst hohe Arzneistoffdosis eines Zytostatikums bringen wollen.“ Der Vorteil liegt auf der Hand: Wird das Medikament direkt zum Ort des Geschehens gebracht, kann es in den gesunden Teilen der Lunge keine unerwünschten Nebenwirkungen auslösen. Um genau diesen Effekt zu erreichen, hat sich Rudolph einen interessanten Kniff ausgedacht. „Wir versuchen, das mit Magnetfeldern zu erreichen. Der Patient inhaliert ein magnetisches Aerosol und währenddessen wird ein Magnet von Außen an die Lunge gesetzt. So reichert sich das Aerosol an der gewünschten Stelle an.“ Immerhin hat das Projekt mit dem schönen Firmennamen EDELIO bereits im Businessplan-Wettbewerb Science4Life behauptet – und weitere Pläne stehen bevor. „Das ist schon sehr konkret“, versichert Rudolph.

Nicht nur im Labor, auch außerhalb hat der Ehemann und Familienvater schon Ausdauer und Zielstrebigkeit bewiesen. Es gibt nicht viele Wissenschaftler, die einen Marathon über die volle Distanz durchhalten. Rudolph ist einer von ihnen.


Autorin des Textes: Miriam Ruhenstroth

 

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