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Helge Bode: Bakterien als Alliierte gewinnen

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Helge Bode ist Merck-Stiftungsprofessor an der Goethe-Universität. Quelle: Uwe Dettmar/Goethe-Universität Frankfurt am Main

12.10.2009  - 

Fast wäre er Förster geworden, doch im Wald war es ihm auf Dauer zu unwirtlich. Heute widmet sich Helge Bode im Labor eher Mikroben als Mardern: Der Biologe und Chemiker züchtet Bakterien, die für den Menschen nützliche Stoffe wie Antibiotika oder Mittel zur Behandlung von Krebs produzieren. Seit dem Frühjahr 2009 Jahr ist Helge Bode Merck-Stiftungsprofessor für Biotechnologie an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Seine zupackende Art wäre ihm im Wald zugute gekommen, führt aber offenbar auch im Labor zum Erfolg.




 

Helge Bode hat zwei Abschlüsse, einen in Chemie und einen in Biologie. Schon im Abitur belegte er die beiden Fächer als Leistungskurse. Eigentlich hatte er geplant, anschließend mit einem guten Freund in Marburg Biochemie zu studieren. Doch die damalige Wohnungsnot ließ diesen Plan scheitern. „Bei dem einzigen Zimmer, das wir hätten bekommen können, traute uns die Vermieterin nicht zu, dass wir die Vorhänge regelmäßig waschen. Sie sagte uns ab“, erzählt Bode und muss noch heute lachen. Also beschloss er, von zu Hause zur Universität zu pendeln und schrieb sich im heimatnahen Göttingen ein. Biochemie gab es dort nicht, also begann er mit Chemie und – nach dem Vordiplom – mit Biologie als Zweitstudium. „Ich konnte zwei Freunde überreden, auch Biologie als zweites Fach zu belegen.“ Es sei für ihn wichtig gewesen, das Doppelstudium gemeinsam anzugehen. Auf Teamarbeit legt er auch heute als Chef großen Wert. Und darauf, dass seine Mitarbeiter Spaß an dem haben, was sie tun. „Wer keinen Spaß hat, ist nicht gut, und wer nicht gut ist, hat keinen Spaß an dem, was er tut“, findet Bode. 

Myxobakterien stehen im Übergang von einzelligen zu mehrzelligen Lebewesen. Im Boden organisieren sie sich zu Schwärmen aus Tausenden von EinzelorganismenLightbox-Link
Myxobakterien stehen im Übergang von einzelligen zu mehrzelligen Lebewesen. Im Boden organisieren sie sich zu Schwärmen aus Tausenden von EinzelorganismenQuelle: Jürgen Berger / MPI für Entwicklungsbiologie

Sich an den Bakterien ein Vorbild nehmen

Dass er sich in beiden Fächern bestens auskennt, kommt ihm bei seiner Forschung zugute. Bodes Arbeitsgebiet sind Myxobakterien, eine besondere Ordnung an Bodenbakterien. Aus medizinischer Sicht sind diese Bakterien interessant, weil sie hoch wirksame Naturstoffe wie Antibiotika oder auch Mittel zur Bekämpfung von Krebs – so genannte Zytostatika – produzieren. Als Biologie interessiert sich Bode dafür, wie die Bakterien diese Stoffe herstellen und wie diese auf andere Organismen wirken. Als Chemiker analysiert er zugleich die genaue Zusammensetzung dieser Substanzen.

Bode widmet sich dabei speziell der Entstehung von Fruchtkörpern, die es den Bakterien ermöglichen, auch bei Nahrungsmangel zu überleben, indem sie vor dem Austrocknen geschützte Sporen bilden.  „Meine Vision ist: Wenn wir verstehen, wie die Fruchtkörperbildung funktioniert, können wird das vielleicht gezielt imitieren und so die Bildung neuer Substanzen anregen“, erläutert er. Sein Ziel ist es, neue, bisher unerforschte Substanzen zu finden und deren Wirkung an möglichst vielen Krankheitsbildern zu testen. Seine Motivation dabei: Der Wettlauf gegen Bakterien, die immer schneller Resistenzen gegen Antibiotika entwickeln. „Egal welches Antibiotikum auf den Markt kommt, innerhalb kürzester Zeit bilden die Bakterien Resistenzen dagegen. Bakterien sind auf diesem Gebiet einfach viel schneller als wir“, so der Forscher über seine Untersuchungsobjekte.  Umso wichtiger ist es, sie genau zu verstehen.

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Grundlagenforschung, die anwendungsorientiert ist

Mit nur 31 Jahren erhielt Helge Bode im Jahr 2004 eine Juniorprofessur am Institut für Pharmazeutische Biotechnologie in Saarbrücken, wo Rolf Müller bereits seit Jahren seine Forschungen zu Myxobakterien betreibt, mittlerweile als Direktor des neu gegründeten Helmholtz-Instituts für Pharmazeutische Forschung in Saarbrücken (mehr...). 2006 folgte ein Stipendium im Emmy Noether-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft und 2008 schließlich der Ruf als Merck-Stiftungsprofessor nach Frankfurt. Das Pharma- und Chemieunternehmen fördert die neu eingerichtete Professur mit 1,25 Millionen Euro für die kommenden fünf Jahre. Einfluss auf seine Arbeit habe das Unternehmen nicht, betont Helge Bode. Er weiß, dass Pharmaunternehmen nur Medikamente produzieren, die sich für sie wirtschaftlich rechnen. Umso wichtiger ist für ihn, dass er an der Universität Grundlagenforschung betreiben kann. Seine Hoffnung: Die Industrie auf Substanzen aufmerksam zu machen, die sie bis dato nicht für rentabel hielten.

Merck-Stiftungsprofessur Molekulare Biotechnologie

Die Professur wird vom Frankfurter Pharmaunternehmen Merck KGaA mit 1,25 Millionen Euro über fünf Jahre hinweg gefördert. Der Lehrstuhl ist am Institut für molekulare Biowissenschaften der Goethe Universität angesiedelt.

zur Stiftungsprofessur: hier klicken

Das Waffenarsenal von Bakterien erforschen

Auf seinem neuen Posten wird sich Bode zudem Bakterien widmen, die im Gegensatz zu den Myxobakterien bisher noch wenig erforscht sind. Diese Bakterien leben im Darm von Fadenwürmern und wirken tödlich auf Insekten: Dringen die Fadenwürmer in Insektenlarven ein, werden die Bakterien aus den Würmern freigesetzt und töten die Larven. „Im biologischen Pflanzenschutz macht man sich dieses Prinzip bereits zunutze“, erklärt Bode. Die Fadenwürmer werden einfach dem Wasser beigemengt, mit dem man von Insektenschädlingen befallene Pflanzen gießt. Bode interessiert sich allerdings vor allem für die Anwendung in der Humantherapie. Die Idee ist verlockend: Wenn die Bakterien in der Lage sind, um ein Vielfaches größere Insekten zu töten, dann kann man sich diese Fähigkeit vielleicht auch im Kampf gegen Krankheiten zu Nutze mache. „Diese Bakterien haben anscheinend ganz unterschiedliche Waffen in ihrem Arsenal, und je nach Bedarf schießen sie mal mit der einen, mal mit der anderen.“ Anwendungsmöglichkeiten sieht Helge Bode unter anderem in der Krebstherapie und im Kampf gegen seltene tropische Krankheiten.

Sein Interesse für die Naturwissenschaften verdankt Helge Bode im Grunde seiner frühen Naturverbundenheit. Bode ist mit seinen Eltern und seinen Geschwistern auf dem Land aufgewachsen. „Eidechsen, Vögel, Käfer, alles, was nicht schnell genug weg war, hat Helge Bode studiert“, sagt er und lacht über sich selbst. Von der Neugier auf die Natur kam der ursprüngliche Wunsch, Förster zu werden. Von diesem Berufsziel hat ihn dann allerdings ein nasskaltes Schulpraktikum im Wald wieder abgebracht. Dafür ist er jetzt umso häufiger mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen in der Natur unterwegs. „Unsere Kinder sollen nicht ‚iihh’ rufen, wenn sie eine Spinne finden, sondern verstehen, was sie da sehen.“


Autorin: Ute Zauft

 

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