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Biotechnologie in der Schweiz

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Die Schweiz hat im Verhältnis zur Einwohnerzahl die höchste Dichte an Biotechologie-Unternehmen weltweit. Das liegt nicht nur an der Finanzkraft der Banken und Investoren, sondern auch an den großen Pharmafirmen, die hier ihren Sitz haben. Die medizinische Biotechnologie ist das daher größte Standbein der Branche, mit der grünen Gentechnik tun sich die Schweizer schwer. Seit diesem Jahr liegen erstmals Branchenzahlen nach OECD-Standards vor.

Rechtliche und politische Rahmenbedingungen

Die Leitwährung der Schweizer Politik ist der Konsens. Es wird so lange beraten, bis sich alle Verhandlngspartner auf einen Kompromiss geeinigt haben. Das hat den Vorteil von haltbaren weil ausgewogenen Lösungen. Andererseits können sich Entscheidungsprozesse auch schon einmal über Jahre hinziehen.

Einig sind sich alle Schweizer Politiker darin, günstige Bedingugnen für Unternehmen zu schaffen. Die Steuern sind traditionell niedrig, die Sozialabgaben überschaubar. Die Lohnnebenkosten betragen für Arbeitgeber zwischen 7,7 und 16,2 Prozent und sind damit im europäischen Vergleich ebenfalls auf einem niedrigen Niveau. Auch wird der Gewinn von Unternehmen im Vergleich zum Deutschland nur zurückhaltend besteuert. Laut "KPMGs Corporate and Indirect Tax Survey" lag die Steuerbelastung 2012 in der Schweiz je nach Kanton und Gemeinde zwischen 11,32 Prozent und 24,43 Prozent. Das ist rund 40% niedriger als in Deutschland (Unternehmenssteuerbelastung: 29,84%).

Junge Start-ups finden in der Schweiz recht kommode Bedingungen vor. So können Aktiengesellschaften innerhalb von wenigen Tagen gegründet werden. Für die Aufbauphase (maximal zehn Jahre) können Firmen ganz oder teilweise von kantonalen Steuern befreit werden, was die Steuerlast im Einzelfall auf weniger als 10% verringern kann. Verluste können in der Schweiz über eine Dauer von sieben Jahren nach Eintreten geltend gemacht und so mit späteren Gewinnen verrechnet werden. Auch bei einem Verkauf der Firma bleibt diese Möglichkeit erhalten, was für eine Branche mit oft jahrelangen Investitionsphasen und damit Verluststrecken von großer Bedeutung ist. Darüber hinaus erlauben Absprachen mit den Steuerbehörden, sogenannte Rulings, den Unternehmen auf Jahre hinaus Planungs- und Rechtssicherheit.

Grundsätzlich ist die Schweiz nicht nur ein wirtschaftsfreundliches Land, sondern auch der Forschung gegenüber sehr aufgeschlossen. Das zeigt sich unter anderem daran, dass die öffentlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung weltweit Spitzenniveau haben. Die letzten verfügbaren Zahlen stammen aus dem Jahr 2009. Damals betrug der Anteil der Gesamtaufwendungen im Bereich Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt 3,0 Prozent. Das ist in der weltweiten Spitzengruppe.

Das Bundeshaus in Bern. Hier werden die föderalen Gesetze verabschiedet.Lightbox-Link
Das Bundeshaus in Bern. Hier werden die föderalen Gesetze verabschiedet.Quelle: Kurt Brodbeck / pixelio.de

Gesetzlicher Rahmen ist forschungsfreundlich

Davon stammt ein ungewöhnlich hoher Anteil von 69,7 Prozent aus dem privaten Sektor, berichtete der Biopolis-Report 2004. Bis heute hält sich die starke Bedeutung des privaten Sektors und insbesondere des forschungsintensiven Pharmabereichs, der in der Schweiz mit hier angesiedelten Schwergewichten der Branche wie Novartis, Roche eine prägende Rolle spielt. Der gesetzliche Rahmen für die biomedizinische Forschung ist dementsprechend liberal gestaltet.

Die Biotechnologie vor allem im medizinischen Bereich berühren eine ganze Reihe von Regelungen am Rande, etwa das "Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte", die "Verordnung über klinische Versuche mit Heilmitteln" sowie das "Bundesgesetz über die Transplantation von Organen, Geweben und Zellen".

Drei Bundesgesetze zur Roten Biotechnologie

Explizit mit den Möglichkeiten der Roten Biotechnologie befassen sich drei weitere Gesetze: das "Bundesgesetz  über genetische Untersuchungen beim Menschen", das "Bundesgesetz über die Forschung embryonalen Stammzellen" und  das "Bundesgesetz über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung".

Embryonale Stammzellen dürfen in der Schweiz im Gegensatz zu Deutschland auch im Land selbst gewonnen werden. Der Schweizer Bundesrat verabschiedete im Februar 2005 ein entsprechendes Gesetz, nachdem sich zuvor in einer Volksabstimmung mehr als 66 Prozent der Schweizer Wähler für dieses Gesetz ausgesprochen hatten. Genutzt werden dürfen Embryonen, die bei der künstlichen Befruchtung zusätzlich anfallen, nicht zur Herbeiführung einer Schwangerschaft verwendet werden können und nicht älter als sieben Tage sind. Das Erzeugen von Embryonen zu Forschungszweckenund das menschliche Klonen ist dagegen verboten. In einem zentralen Forschungsregister werden alle Forschungsprojekte mit embryonalen Stammzellen vermerkt. Dazu zählen alle in der Schweiz laufenden und abgeschlossenen Gewinnungsprojekte, Projekte mit importierten embryonalen Zellen und Projekte zur Verbesserung der Gewinnungsverfahren. Zusätzlich werden alle in der Schweiz gewonnenen und importierten embryonalen Stammzelllinien vermerkt.

Präimplantationsdiagnostk verboten

Ähnlich wie bei dem in Deutschland im April 2009 beschlossenen Gendiagnostikgesetz sind genetische Untersuchungen am Menschen in der Schweiz seit 2007 streng reglementiert. Für die Durchführung von genetischen Untersuchungen und Reihenuntersuchungen ist eine Bewilligung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) notwendig. Die "Verordnung über genetische Untersuchungen beim Menschen" regelt hierzu die Voraussetzungen und das Verfahren bei der Durchführung zyto- und molekulargenetischer Untersuchungen beim Menschen und für die Durchführung von Reihenuntersuchungen. Dort ist unter anderem auch ein Verwertungsverbot für genetische Daten im Arbeits-, Versicherungs- und Haftpflichtbereich festgelegt.

Während die Pränataldiagnostik in der Schweiz erlaubt ist, ist die Präimplantationsdiagnostik seit Inkraftsetzung des Fortpflanzungsmedizingesetzes am 1. Januar 2001 verboten. Allerdings wohl nicht mehr lange. Der Bundesrat hat Ende 2005 vom Parlament den Auftrag erhalten, eine Regelung vorzulegen, welche die Präimplantationsdiagnostik ermöglicht und deren Rahmenbedingungen festlegt. Die Gesetzgebungsarbeiten dazu wurden im Februar 2007 an die Hand genommen. Im Februar 2009 hat der Bundesrat das Gesetzgebungsverfahren eröffnet. Nachdem ein erster Gesetzentwurf der Regierung von PID-Befürwortern als zu restriktiv kritisiert wurde, legte der Bundesrat 2011 einen neuen Entwurf vor. Die PID darf demnach nur in engen Grenzen angewendet werden, wenn sich die konkrete Gefahr anders nicht abwenden lässt, dass das zu zeugende Kind mit großer Wahrscheinlichkeit an einer Erbkrankheit leiden wird. Dabei muss das Krankheitsrisiko aufgrund einer bekannten genetischen Disposition der Eltern bestehen. Bis zum Sommer 2013 war das Gesetzgebungsverfahren nicht abgeschlossen.

Das verstreute Regelwerk zur Forschung am Menschen wurde erst 2010 auf eine einheitliche Grundlage gestellt. Mit dem Verfassungsartikel 118b, wurde dem Bund die ausdrückliche Kompetenz erteilt, die Forschung am Menschen zu regeln. Am 1. Januar 2014 tritt das Bundesgesetz über die Forschung am Menschen (Humanforschungsgesetz) in Kraft, welches die in dem Verfassungszusatz getroffenen Regelungen konkretisiert. Dieses Gesetz soll Würde, Persönlichkeit und Gesundheit des Menschen in der Forschung schützen. Es soll zudem günstige Forschungsbedingungen schaffen sowie die Transparenz und Qualität der Forschungsarbeiten sicherstellen.

 Einschränkungen bei Grüner Gentechnik

Bezüglich der Grünen Gentechnik ist die Schweiz wiederum verhältnismäßig restriktiv. 2004 wurde ein "Bundesgesetz über die Gentechnik im Außerhumanbereich" verabschiedet. Es ergänzt und konkretisiert bereits bestehende Gesetze und soll laut Artikel 1 "den Menschen, die Tiere und die Umwelt vor Missbräuchen der Gentechnologie schützen". Das "Gentechnikgesetz" gilt als eine der strengsten Regelungen der Welt.

Landwirte für Folgen von GVO verantwortlich 

Das Gentechnikgesetz macht zum Beispiel Landwirte, die gentechnisch veränderte Pflanzen anbauen, für eventuelle Folgen verantwortlich. Wer aussät, muss gewährleisten, dass er gentechnikfrei produzierende Betriebe nicht beeinträchtigt. Wissenschaftliche Freisetzungsversuche mit gentechnisch-veränderten Organismen (GVO) sind nur noch erlaubt, wenn sie unter anderem auch einen Beitrag zur Erforschung der Biosicherheit leisten und der Bedarfsnachweis erbracht ist.

Insbesondere erhält das GTG als neues Element eine verschärfte Regelung der Haftpflicht. Überdies wird der Schutz der Produktion ohne gentechnisch veränderte Organismen gewährleistet. Warenflüsse sollen kontrolliert werden, um eine Vermischung von transgenen und gentechnikfreien Produkten zu vermeiden. Damit die Verbraucher frei wählen können, müssen GVO-Produkte klar gekennzeichnet werden. Ein Verbandsbeschwerderecht gilt in bestimmten Fällen auch beim Inverkehrbringen von Saatgut, Dünger oder Pflanzenschutzmitteln, nicht aber bei Freisetzungsversuchen. Die Haftpflicht wird verschärft und soll auch auch Umweltschäden abgedecken, die Verjährungsfristen werden verlängert.

In der Schweiz dürfen gv-Pflanzen wie die Maissorte MON810 seit 2005 aufgrund eines generellen Moratoriums nicht angepflanzt werden.Lightbox-Link
In der Schweiz dürfen gv-Pflanzen wie die Maissorte MON810 seit 2005 aufgrund eines generellen Moratoriums nicht angepflanzt werden.Quelle: pixelio.de/samossi

Moratorium für Anbau von gv-Pflanzen seit 2005 

Derzeit gilt ein generelles Verbot für den kommerziellen Anbau von gv-Pflanzen, das sogenannte Moratorium. Das Schweizer Parlament hatte ein Moratorium bei den Diskussionen über das Gentechnikgesetz noch abgelehnt, bei einem Volksentscheid Ende 2005 votierte aber eine Mehrheit der Schweizer Bürger für eine zunächst fünfjährige Pause bei der Aussaat von gv-Pflanzen. Außerdem dürfen gentechnisch veränderte Tiere für die Produktion von Lebensmitteln und landwirtschaftlichen Erzeugnissen nicht in Verkehr gebracht werden. Die Aussaat zu Forschungszwecken ist unter strengen Auflagen erlaubt. Das ursprünglich bis zum 27. November 2010 geplante Moratorium wurde inzwischen mehrfach verlängert und wird noch mindestens bis 2017 bestehen bleiben.

Im Dezember 2005 wurde eigens das Nationale Forschungsprogramm 59 über "Nutzen und Risiken der Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen" (NFP 59) gestartet. Dessen Schlussbericht ist im Jahr 2012 veröffentlicht worden. Darin kommen die Wissenschaftler zum Schluss, dass die mittels Gentechnik gewonnenen Pflanzen nicht gefährlicher sind als Pflanzen aus traditionellem Anbau. Jedoch böten die heutigen GVO gegenüber den herkömmlichen Kulturen keine offensichtlichen Vorteile für die Schweizer Landwirtschaft. Allenfalls in der Zukunft könnte die Gentechnik zur Produktivität und Nachhaltigkeit der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft beitragen.  Eine zweite Verlängerung des Moratoriums wurde vom Parlament im Rahmen der Beratungen zur Agrarpolitik 2014-2017 beschlossen. Damit sollte den eidgenössischen Räten Zeit gegeben werden, im Gentechnikgesetz die nötigen Grundlagen für die künftigen Herausforderungen zu schaffen.

Aber auch ohne Moratorium haben gv-Pflanzen in der Schweiz schlechte Karten. Wie ein im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms entwickeltes Rechtsgutachten der Universität St. Gallen ergab, reicht das geltende Gentechnikgesetz gar nicht aus, um die Koexistenz von traditionell gezüchteten und gv-Pflanzen zu regeln. Eine Koexistenz berühre so viele juristische Bereiche, dass eine einfache Verordnung, wie ursprünglich vorgesehen, zu kurz fasst. Doch eine Änderung des Gentechnikgesetzes gilt als politisch höchst diffizil und würde einige Jahre in Anspruch nehmen, schätzen die Experten. Fazit: Die Schweiz wird damit mit oder ohne Moratorium auf absehbare Zeit ein Sperrgebiet für die Pflanzengentechnik sein.

Nationale Ethikkommission 

Zusätzlich zu den gesetzgebenden Instanzen, dem Nationalrat und dem Ständerat auf Bundesebene und den einzelnen Kantonen gibt es noch mehrere Kommissionen, die Einfluss auf die Politik ausüben und beratend tätig sind.

Die "Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin" ist eine außerparlamentarische Fachkommission. Sie hat die Aufgabe, die Entwicklung der gesamten Biomedizin in Forschung und Praxis zu verfolgen und zu den damit verbundenen gesellschaftlichen, naturwissenschaftlichen und rechtlichen Fragen aus ethischer Sicht beratend Stellung zu nehmen. Dabei sollen Empfehlungen für die medizinische Praxis erarbeitet, die Politik auf Lücken und gegebenenfalls auf Vollzugsprobleme in der Gesetzgebung aufmerksam gemacht oder Revisionsvorschläge unterbreitet werden. Zu einzelnen konkreten Forschungsprojekten nehmen die jeweils zuständigen kantonalen Ethikkommissionen Stellung. Die Kommission nahm 2001 ihre Arbeit auf.

Eidgenössische Ethikkommission

Die "Eidgenössische Ethikkommission für die Biotechnologie im Außerhumanbereich" (EKAH) ist eine vom Bundesrat eingesetzte, unabhängige Expertenkommission. Sie berät die Behörden aus ethischer Sicht im Bereich der außerhumanen Bio- und Gentechnologie. Die 12 Mitglieder sind Expertinnen und Experten außerhalb der Politik. Die EKAH wird als beratende Kommission im Bereich der außerhumanen Bio- und Gentechnologie in konkrete Bewilligungsverfahren einbezogen. Mit dem Gentechnikgesetz, das am 1. Januar 2004 in Kraft trat, erhielt die EKAH in Artikel 23 für ihr Mandat eine neue gesetzliche Grundlage. Die EKAH gibt es seit 1998.

Kommission für Biosicherheit

Die "Eidgenössische Fachkommission für biologische Sicherheit" (EFBS) ist eine ständige Verwaltungskommission des Bundes. Sie berät den Bundesrat und die Bundesämter bei der Vorbereitung von Gesetzen, Verordnungen, Richtlinien und Empfehlungen. Sie berät die eidgenössischen und kantonalen Behörden beim Vollzug der Regelungen. Sie gibt Stellungnahmen zu Bewilligungsgesuchen ab und veröffentlicht Empfehlungen zu Sicherheitsmassnahmen für Arbeiten mit gentechnisch veränderten oder pathogenen Organismen. Eine weitere Aufgabe ist die Information der Öffentlichkeit über wichtige Erkenntnisse im Bereich der Biosicherheit. Mit ihrem Jahresbericht informiert die EFBS den Bundesrat und die Öffentlichkeit über ihre Tätigkeit. Die EFBS nahm 1997 ihre Arbeit auf.

 

Hintergrund

Unternehmen: 197, davon 146 dediziert (nach OECD)

Schwerpunkt: medizinische Biotechnologie

Branchenverband: Swiss Biotech Association www.swissbiotechassociation.ch  

Forschungsförderung: Eidgenössisches Departement des Inneren/ Staatssekretariat für Bildung und Forschung Forschungsförderung durch den Bund

Regionale Cluster
BioValley Basel: www.biovalley.ch
MedNet Zürich: www.zurichmednet.org
BioAlps Genf: www.bioalps.org

Rechtliche Grundlagen:
Stammzellforschung und -gewinnung erlaubt, Präimplantationsdiagnostik verboten, Anbau von gv-Pflanzen durch Moratorium voraussichtlich bis 2017 ausgesetzt

Internationale Kooperationen

www.internationale-kooperationen.de

Sie interessieren sich für Kooperationen mit Hochschulen und Unternehmen im Ausland? Das internationale Büro des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unterstützt einen solchen Austausch. Mehr Informationen zu möglichen Förderprogrammen und länderspezifische Hintergründe finden Sie unter:

www.internationale-kooperationen.de


Downloads

The Swiss Biotech Sector 2013

Swiss Biotech Association, 2013 Download PDF (4,3 MB) PDF online ansehen

Swiss Biotech Report

Bestandsaufnahme 2008 Download PDF (3,2 MB) PDF online ansehen

Swiss Biotech-Report

Update 2009 Download PDF (1,4 MB) PDF online ansehen

BioPolis Report

Länderreport Schweiz, 2007 Download PDF (651,3 KB) PDF online ansehen