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Bioökonomie in den USA

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Quelle: Gemeinfrei

Die Vereinigten Staaten setzen massiv auf die Bioökonomie als Wirtschaftsfaktor: Die 2012 vorgelegte Bioökonomie-Strategie der USA, der National Bioeconomy Blueprint, bezieht die Biomedizin ausdrücklich mit ein. Sie profitiert zudem davon, eine führende Biotechnologie-Nation zu sein. Viele US-Chemiekonzerne setzen auf biobasierte Produktionsverfahren. Der Aufbau von Bioraffinerien und die Biospritherstellung werden großzügig gefördert. Auch in Sachen Grüne Gentechnik sind die USA ein Schwergewicht: 40% der globalen Anbaufläche von gentechnisch veränderten Pflanzen liegen in den USA.

Unternehmenslandschaft

Die US-amerikanische Bioökonomie profitiert immens von den politischen Maßnahmen, mit denen das Land nach mehr Unabhängigkeit von Erdölimporten und einer weiteren Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung strebt. Bereits führend in der Biomedizin setzen zahlreiche Unternehmen in Landwirtschaft, Chemie, Nahrungs- und Konsumgüterindustrie inzwischen auch auf biobasierte Verfahren. Hinzukommen die Aktivitäten von ausländischen Konzernen, die vielfach selbst Standorte in den USA betreiben bzw. über Joint Ventures oder strategische Allianzen mit US-Unternehmen verbunden sind.

Viele in der Bioökonomie aktiven Unternehmen finden sich in den Bundesstaaten, die mit ihren lebenswissenschaftlichen Clustern weltweit bereits eine Spitzenstellung einnehmen: Kalifornien, Massachusetts und North Carolina. Andere Bundesstaaten mit großen Beiträgen für die Bioökonomie sind hingegen landwirtschaftlich geprägt, etwa Illinois, Iowa, Tennessee und Indiana im Mittleren Westen. Obwohl in den USA nur 20% des Landes landwirtschaftlich beackert wird, ist die Fläche mit 170 Mio. Hektar größer als in ganz Europa zusammen. Zu den Hauptkulturen gehört Soja und Mais. Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe auf etwa 150.000 geschätzt. Land-, Forst- und Fischwirtschaft tragen 1% zum BIP bei.

Chemieindustrie wachsender Wirtschaftsfaktor

Neben der Landwirtschaft ist auch die Chemieindustrie ein wachsender Faktor in den USA. So mindert der im internationalen Vergleich niedrige Gaspreis in den USA die Herstellungskosten energieintensiver Produkte. Davon profitiert auch die chemische Industriebei der Herstellung von Chemikalien, Kunststoffen und Düngern. So berichtet ein Marktbericht von Germany Trade & Invest zum US-Chemiemarkt, dass das Marktvolumen von chemischen Erzeugnissen in den USA im Jahr 2015 Schätzungen des American Chemistry Council (ACC) zufolge um 5,4% auf 853,7 Mrd. US$ steigen soll. Für 2016 rechnet der Branchenverband mit einem Plus von 3,6%. Der ACC geht davon aus, dass 2015 die Inlandsnachfrage zu 24,2% durch Importe abgedeckt wird; die Exportquote soll bei 23,7% liegen. Die Zunahme des Produktionsvolumens soll 2015 geografisch breit ausfallen. Die höchsten Wachstumsraten dürften dabei das Ohio Valley mit 4,1% und die Golfküste mit 3,8% aufweisen.
Die Investitionsausgaben der US-Chemieindustrie werden nach Schätzungen des ACC 2015 kräftig um 8,8% zunehmen; bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) rechnet der Branchenverband mit einem Plus von 3,3%. Diese Steigerungen sind jedoch vor allem durch Aktivitäten im Bereich Schiefergas zu erwarten. Speziell die mit Schiefergas in Verbindung stehenden potenziellen Investitionen der Chemiebranche haben laut ACC im September 2014 die Marke von 125 Mrd. US$ erreicht. Die erfassten 197 Projekte - darunter neue Fabriken, Erweiterungen sowie Prozessänderungen zur Kapazitätsvergrößerung - könnten zu neuen Auslieferungen in Höhe von 91 Mrd. US$ sowie zu 60.730 dauerhaften neuen Chemiearbeitsplätzen bis 2023 führen.
Biobasierte Chemie auf dem Vormarsch

Sowohl in der Chemieindustrie als auch in der Landwirtschaft ist die Bioökonomie aber inzwischen ebenfalls zu einem wichtigen Faktor geworden. Zu den prominenten Unternehmen in der Bioökonomie gehören eine Reihe von Großkonzernen wie der Chemieriese DuPont und der Agrarkonzern Monsanto. Der in der chemischen Industrie wurzelnde heutige Technologiekonzern DuPont gehört zu den führenden Akteuren in der US-Bioökonomie. Er setzt sich bereits seit mehr als zehn Jahren mit der Herstellung biobasierter Produkte auseinander und kombiniert moderne Biologie mit seinem Wissen in Chemie, Anlagenbau und Materialwissenschaften. Im Verlauf seiner Geschichte änderte das Unternehmen mehrmals seine Schwerpunkte und baute sein Geschäft durch Zu- (Saatgut) und Verkäufe (Gesundheit) sowie Beteiligungen (PKW) immer wieder erfolgreich um. Diese waren gekoppelt an globale Trends wie den steigenden Bedarf an Nahrungsmitteln oder aktuell nach nachhaltigen Produkten. Derzeit strebt der Konzern eine führende Position in der industriellen Biotechnologie an. Hierfür übernahm der Konzern 2011 für 5,8 Mrd. US-Dollar den dänischen Enzymspezialisten Danisco. Eine Pilotanlage von DuPont stellt seit 2009 Bioethanol der 2. Generation her. 2012 begann der Bau einer Anlage für dessen kommerzielle Herstellung. Zusammen mit dem britischen Ölkonzern BP gründete DuPont 2009 das Joint Venture Butamax Advanced Biofuels, das Biobutanol vermarkten soll. In Europa ist seine Tochter Pioneer für ihre gentechnisch veränderten Getreidesorten bekannt.

US-Konzerne als Vorreiter beim Thema Bioplastik

Viele US-Großkonzerne sind zudem Vorreiter im Bereich Bioplastik. Die Firma Natureworks zählt zu den wichtigsten globalen Pionier-Produzenten von Bioplastik. Darüber hinaus gibt es etliche Großkonzerne, die sich dem Thema verschrieben haben. Im Juni 2012 hatten Coca-Cola, Ford, Heinz, Procter & Gamble eine Initiative gegründet, um F&E in diesem Bereich gemeinsam voranzutreiben. 2013 haben sich diese Firmen mit weiteren Unternehmen sowie einer Umweltorganisation zur Bioplastik-Rohstoff-Allianz (‚Bioplastic Feedstock Alliance‘ - BFA) zusammengeschlossen. Coca-Cola, Danone, Ford, H. J. Heinz, Nestle, Nike, Procter & Gamble, Unilever und der World Wildlife Fund (WWF) wollen hier die Möglichkeiten eruieren, Verpackungen aus einer nachhaltigen Biokunststoffvariante herzustellen. Der in den USA ansässige Konsumgüterriese Procter & Gamble verfolgt den ehrgeizigen Plan, sein Verpackungsmaterial langfristig vollständig aus recycelten Materialien herzustellen. Bioplastik ist ein wichtiger Teil dieser Strategie. Aber auch in der Landwirtschaft gibt es immer mehr Nachhaltigkeitsbestrebungen.

Agrarkonzerne setzen auf Präzisionslandwirtschaft und Biologicals
Zu den Größen des Landes zählt Monsanto. Der Agarkonzern sitzt in St. Louis im US-Bundesstaat Missouri und hat in mehr als 60 Ländern Niederlassungen. Das Unternehmen gilt als weltgrößter Agrokonzern der seinen Umsatz mit gentechnisch verändertem Saatgut wie Mais, Soja und Baumwolle sowie Pflanzenschutzmitteln generiert, sich aber auch zunehmend in der nachhaltigen Landwirtschaft engagiert, etwa beim Einsatz von Big Data im Rahmen der Präzisionslandwirtschaft. Auf diese Weise soll der Einsatz von Pestiziden und Dünger besser gemanagt werden. Das Unternehmen setzte früh auf die genetische Optimierung von Pflanzen, konnte in Europa damit im Gegensatz zur restlichen Welt allerdings nicht Fuß fassen. Das weltweit tätige Agrarunternehmen Simplot produziert unter anderem Saatgut, Düngemittel, Gefriergut und vertreibt eigene Lebensmittelmarken. 2014 wurden 1,7 Mrd Dollar in neue Technologien investiert. In St. Louis sollen mehr als 600 neue Forscher eingestellt werden. Vorreiter ist der Konzern bei der Markergestützten Selektion, darüber werden alle Pflanzensorten systematisch sequenziert und digital erfasst. Im Jahr 2013 hatte Monsanto die Firma Climate Corporation für 930 Mio. Dollar gekauft. Die Firma hatte Milliarden von Bodendaten gesammelt und umfänglichen Klima- und Wettersimulationen zugeordnet. Sie bilden die Basis für das Beratungspaket "Climate Pro", das Monsanto Farmern künftig anbieten will. Des weiteren wurde die Mikrobensammlung der kalifornischen Firma Agradis erworben, die biologische Hilfsmittel für die Landwirtschaft erforscht. 2014 besiegelte Monsanto zudem eine Allianz mit Novozymes in Dänemark (BioAgAlliance). Das Unternehmen gilt weltweit als führend bei der biotechnologischen Erkundung von Bakterien, Pilzen und anderen Mikroorganismen sowie der Herstellung von Enzymen. Zunehmend widmen sie sich auch Mikroorganismen, die als natürliches Insektizid arbeiten, Pflanzen stärken oder ihnen dabei helfen, Phosphat und Stickstoff aufzunehmen.

Bioraffinerien und grüne Chemie
Bioraffinerien, also Anlagen für die möglichst effiziente Verwertung von Biomasse, sind in den USA auf dem Vormarsch. Der Branchendienst Biofuelsdigest listet mehr als 400 auf. Klarer Schwerpunkt sind bisher die Herstellung von Bioethanol und Drop-in-Kraftstoffen der 1. und 2. Generation sowie von Biodiesel. Entscheidend zu dieser Entwicklung beigetragen hat der U.S. Renewable Fuel Standard (RFS) der Regierung, der künftige Beimischungsquoten für Biosprit festlegt (mehr Infos: hier klicken).  Insgesamt zwölf Anlagen zur Herstellung biobasierter Chemikalien führt der Branchendienst Biofuelsdigest für die USA auf. Aktiv sind große Unternehmen wie der führende Rohstoffhändler Archer Daniels oder der Chemiekonzern DuPont wie auch zahlreiche (Bio)Technologiefirmen wie Amyris, Aurora Algae, Gevo, Metabolix, POET, Solazyme und Verdezyne.

Bioökonomie profitiert von Biotech-Branche
Das Batelle-Institut erhebt regelmäßig den Biotech-Sektor des Landes. Demnach haben im Jahr 2012 mehr als 76.000 Personen im Bereich landwirtschaftlicher Rohstoffe, Agrochemikalien und Biokraftstoffe gearbeitet. Hinzukommen 284.000 Menschen in der biopharmazeutischen Industrie. Laut einem Bericht der Beratungsfirma Biodesic wurden bereits im Jahr 2010 mit industrieller Biotechnologie 115 Mrd. US-Dollar in den USA umgesetzt , dies dürfte inzwischen deutlich mehr sein. Der Markt für gentechnisch veränderte Pflanzen wurde im Jahr 2012 vom US-Landwirtschaftsministerium auf 76 Mrd. US-Dollar geschätzt. Biopharmazeutika setzten in den USA nach Angaben von IMS Health rund 90 Mrd. US-Dollar um (2014). Diese Zahlen belegen, dass Teilbereiche der Bioökonomie in den USA bereits ein beachtlicher Wirtschaftsfaktor sind.

Mit Blick auf die Anzahl der im Land aktiven Biotech-Unternehmen zählt das Beratungshaus Ernst & Young mehr als 2.300 (2013). Die USA gehören damit zu den größten Biotech-Nationen der Wet. Allein in San Diego zählen laut dem kalifornischen Biotech-Verband BIOCOM rund 680 Firmen zur industriellen Biotechnologie, die für die Bioökonomie von besonderer Bedeutung sind. Einer der wichtigsten Arbeitgeber war hier lange Zeit BP Biofuels, eine Unternehmung des britischen Ölkonzerns British Petroleum. Allerdings entschied der Konzern im Jahr 2014, seine Biokraftstoffaktivitäten auf Brasilien zu konzentrieren. Ein Grund: die gefallenen Ölpreise. Folglich stehen der Standort San Diego und eine Pilotanlage in Louisiana inzwischen zum Verkauf. Auch die Region North Carolina ist hervorzueheben. Hier zählt der Wirtschaftsförderer North Carolina Biotechnology Center mehr als 600 Firmen im Bereich Lebenswissenschaften mit Schwerpunkten unter anderem in Biomedizin, Agrobiotechnologie und Spezialchemikalien. Mehr als 80 Firmen sind in der Agrobiotechnolgie tätig, 40 Firmen fallen in den Bereich Biokraftstoffe. Aber auch in anderen Bundesstaaten gibt es interessante Entwicklungen. Die OPX Biotechnologies aus Colorado ist beispielsweise auf die synthetische Biologie spezialisiert. Ziel des Unternehmens sind insbesondere biobasierte Chemikalien. So konnte in einer Zusammenarbeit mit dem Chemiekonzern Dow Chemical Acrylsäure aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden. Die in Kalifornien ansässige Verdezyne wiederum kann mit ihren gentechnisch optimierten Hefen bereits Adipinsäure (einem Baustein für verschiedene Kunststoffe), Sebacinsäure (einem Grundstoff für den Kunststoff Nylon) und Dodecandisäure, einem vielfältig einsetzbaren Baustein, produzieren.

Starker Risikokapitalmarkt
Ausschlaggebend für den Erfolg der Unternehmen ist auch der starke Risikokapitalmarkt in den USA. Im Vergleich mit Europa erleichtert dieser Zugang zu Kapital, neue Produkte zu entwickeln und zu kommerzialisieren. Allein die Zahlen für die Biotech-Branche verdeutlichen dies: So investierten Investoren laut dem Batelle-Institut in den Jahren 2009 bis 2013 in die medizinischen Biotechnologie mehr als 18 Mrd., in die industrielle Biotechnologie 2 Mrd. und in die Biokraftstoff-Industrie 1,3 Mrd. US-Dollar.  Hinzukommt ein starkes Börsenumfeld.
Europäische Firmen auf dem US-Markt
Aufgrund des attraktiven Marktes gibt es ein großes Engagement ausländischer Firmen in den USA. Die Unternehmenszentrale der deutschen BASF Plant Science, einer Tochter des Ludwigshafener BASF-Konzerns, sitzt in Raleigh, North Carolina. Das Unternehmen hatte sich entschieden, seine Pflanzenbiotechnologie-Aktivitäten auf die Märkte in Nord- und Südamerika zu konzentrieren. Auch der detusche Chemiekonzern Evonik ist mit zahlreichen Standorten in den USA vertreten. Syngenta aus der Schweiz, einer der weltweit führenden Saatgut- und Pflanzenschutzmittelhersteller, operiert ebenfalls aus North Carolina heraus. Auch die Forschungs- und Entwicklungsabteilung der kanadischen BioAmber sitzt im US-Bundesstaat Minnesota. Hauptprodukt des Unternehmens ist Bio-Bernsteinsäure, die als Vorstufe für Kunststoffe, Pflegeprodukte oder als Geschmacksverstärker in der Lebensmittelindustrie eingesetzt werden kann.

Dänische Novozymes als strategischer Partner für US-Konzerne

Viele in der europäischen Bioökonomie aktive Biotech-Firmen wie Novozymes oder DSM sind in den USA stark aktiv. So setzt Novozymes aus Dänemark in den USA u.a. seine Expertise zur Entwicklung von Biokraftstoffen ein. Förderlich wirkte, dass das Unternehmen schon früh an Lösungen zur Herstellung von Biokraftstoffen arbeitete und Kooperationen mit führenden Unternehmen wie dem US-Bioethanolhersteller POET eingehen konnte. Parallel erhielt das Unternehmen im Rahmen des „Biomass Research and Development Act of 2000“ Fördermittel des US Department of Energy (DOE) für die Entwicklung von Enzymen für die Herstellung von Bioethanol und Biochemikalien. Daneben profitierte der Konzern von Steuererleichterungen, mit denen die US-Regierung die Etablierung „Grüner Industrien“ unterstützt. Auch mit dem Agrarkonzern Monsanto unterhält Novozymes eine strategische Allianz.

DSM und POET: Bioraffinerie für Cellulose-Biosprit

Ähnlich aktiv ist die niederländische DSM. Auch sie ist Teil mehrerer Konsortien, die vom US Department of Energy (DOE) gefördert wurde, um Enzyme für die Herstellung von Biochemikalien und Bioethanol der 2. Generation zu entwickeln. Gemeinsam mit POET hat DSM im Joint Venture Liberty die bisher größte kommerzielle Anlage zur Herstellung von Cellulose-Biosprit errichtet. Die Einweihung fand im Jahr 2014 statt.

 

Hintergrund

Schwerpunkte: Bioenergie, Agrarwirtschaft, Chemie

Bioökonomie-Initiativen:

National Bioeconomy Blueprint (2012)
BioPreferred Program

zusätzliche Regelungen auf Ebene der Bundesstaaten sowie der Industrie (Bioplastic Feedstock Alliance)

Öffentliche Forschungsförderung:

National Science Foundation
US Department of Energie (DoE)
Department of Agriculture

Gesetzeslage:
GV-Anbau erlaubt; steuerliche Förderung für Biosprit+Biomassenutzung