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Bioökonomie in Vietnam

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Quelle: Wikimedia Commons

In dem kommunistisch regierten Land im Südosten Asiens zählt die Ernährungswirtschaft zu den Stützen der heimischen Wirtschaft. Führend ist das Land bei Fischexporten aus Aquakulturen wie Tilapia oder Pangasius und Garnelen. Zu den wichtigen Exportgütern zählen auch Reis und Kaffee sowie Produkte aus Holz. Wichtig für die heimische Agrarwirtschaft, die noch 20% zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) – allerdings mit 48% aller Arbeitskräfte – beiträgt, sind auch der Anbau von Sojabohnen und Zuckerrohr. Eine nationale Strategie will das grüne Wachstum vorantreiben.

Unternehmenslandschaft

Die vietnamesische Wirtschaft in diversen Bereichen der Bioökonomie aktiv. So zählt das Land mit seinen zahlreichen Fischfarmen laut FAO zu den weltweit größten Produzenten von Fisch und Meeresfrüchten aus Aquakulturen. Dem Länderbericht Vietnam der FAO (mehr...) zufolge gab es erste Anfänge in den 1960iger Jahren. Die kommerziell Aquakultur-Produktion begann in den frühen 80iger Jahren mit Fisch, Krabben und Shrimps für den Export. Im Jahr 2000 waren von 4 Mio. Fischern bereits 670.000 mit Aquakulturen beschäftigt, 2,5 Mio. sollen es im Jahr 2020 sein. So gilt die Fischerei generell als eine der wichtigsten Säulen der Wirtschaft. 2010 exportierte das Land Regierungsangaben zufolge Waren im Wert von mehr als 5 Mrd. US-Dollar (4% des BIP) – 54% davon stammten aus Aquakulturen. Ein geographischer Schwerpunkt dieser Fischfarmen liegt im Mekong-Delta. Staatliche Betriebe dominieren in der Fischverarbeitung und im Im- und Exportgeschäft, doch in der Produktion schwindet ihre Rolle zunehmend aufgrund der liberaleren Wirtschaftspolitik und des wachsenden privaten Sektors. Hinzukommt auch eine zunehmende Anzahl an Public-Private-Partnerships. Durch die Auswirkungen möglicher Klimaänderungen könnte diese wichtige Industrie jedoch zukünftig Schaden nehmen.

Aquakultur als wichtiger Wirtschaftsfaktor

Zu den führenden Unternehmen in der Aquakultur zählt die 1978 entstandene, staatseigene Vietnam National Seaproducts Corporation (SEAPRODEX) . Nationale und internationale Märkte werden von ihr zusammen mit den Tochterunternehmen mit unterschiedlichsten Produkten beliefert. Neben Fischfang und Aquakultur zählen auch die Futtermittelherstellung, Arzneien für die Fisch- und Tierzucht und selbst der Schiffsbau und Immobilienhandel zu den vielfältigen Geschäftsaktivitäten der Firma. Im Jahr 2011 gliederte die Regierung die vormals eigenständigen Unternehmen East Sea Fisheries Corporation und Ha Long Seafood Corporation in den Staatsbetrieb ein. Die wirtschaftliche Bedeutung des Exports von Garnelen, sie stellen rund 40% der gesamten Ausfuhren an Meeresfrüchten, spiegelt sich auch in den Geschäftsmodellen weiterer erfolgreicher Firmen. So verfolgt die 1992 gegründete MinhPhu Seafood Corp. das Ziel, zu einem der weltweit führenden Garnelenproduzenten aufzusteigen. Gestartet als privates Unternehmen gelang 2006 bereits der Sprung an die Börse in Hanoi. Großen Wert wird auf das vertikale Geschäftsmodell gelegt, das von der Aufzucht über die Verarbeitung bis zum Export reicht. So konnten im Jahr 2012 bereits 370 Mio. US-Dollar erlöst werden. Die vormals staatliche, 1977 etablierte Camau Frozen Seefood Corporation (CAMIMEX) veräußerte die Regierung sukzessive nach dem Börsengang im Jahr 2006. Ebenfalls auf Garnelen spezialisiert und vertikal integriert weist Camimex auf seine organische Aufzucht als Alleinstellungsmerkmal hin. Der vietnamesische Aquakulturbetreiber Green Advances kooperiert seit 2012 mit israelischen Forschern der Ben Gurion University. Hierdurch wachsen seine Garnelen wesentlich schneller und zu den ökonomisch wertvolleren rein männlichen Populationen heran.

Der Fischverarbeiter Hiep Thanh Seafood wiederum war als Lieferant für Fischabfälle in das europäisch-vietnamesische Forschungsprojekt ENERFISH eingebunden, das aus dem Grundstoff Biodiesel herstellen wollte. Das Projekt wurde im 7. Rahmenprogramm gefördert und ist 2010 ausgelaufen. Die hierfür notwendige Pilotanlage wurde in direkter Nachbarschaft zu Hiep Thanh errichtet, um die Wege kurz zu halten. Auch aus Deutschland war ein Partner eingebunden – der TÜV Rheinland, verantwortlich für Qualitätsanalysen und Überwachungsaufgaben. Den Kraftstoff wettbewerbsfähig herzustellen, bleibt jedoch die große Herausforderung. So zeigten vorherige Vorhaben der Minh Tu und der Agifish, beide ebenfalls aus Vietnam, dass der Verkauf der Abfälle für den Export mehr Umsatz generierte . Daneben existiert auch die traditionelle Verarbeitung zu Futtermitteln weiter als Konkurrenz.

Holzindustrie

Auch die Holzindustrie stützt die Bioökonomie des Landes. Einem Bericht der gtai (mehr...) aus dem Jahr 2013 zufolge, konnten die mehr als 600 holzverarbeitenden Firmen im Jahr 2012 ihre Ausfuhren auf umgerechnet rund 4,7 Mrd. US-Dollar steigern. Gegenüber 2007 haben sich die Ausfuhren damit fast verdoppelt und machten beachtliche 4,1% der gesamten Warenexporte Vietnams aus. Hersteller wie Nafoco, einer der größten Zulieferer des schwedischen Konzerns Ikea, verarbeiten das Holz im Land zu Möbeln und exportieren diese. Bemerkenswert ist, dass nur 20 bis 30% des im Land verarbeiteten Holzes aus heimischen Wäldern stammt. Der Großteil wird importiert. Einem Nachhaltigkeitsbericht der niederländischen Eneco Group zufolge versuchen die lokalen Unternehmen in Vietnam jedoch, im Rahmen von Kooperationen ihre Wertschöpfung weiter zu steigern. So werden Holzabfälle der inländischen Möbelindustrie bisher meist verbrannt oder in den Wald gekippt. Doch inzwischen gilt Vietnam mit mehr als 50% der Importe als einer der wichtigsten Lieferanten von Holz-Hackschnitzeln für die wachsende Nachfrage chinesischer Zellstofffabriken. Naturkautschuk als Grundlage von Reifen, Gummistiefeln oder Dichtungsringen stammt ebenfalls aus dem Wald. Auch hier gilt das Land als ein weltweit wichtiger Produzent.

Bioethanol aus Maniok an sechs Standorten

Zu den wichtigen Akteuren im Bereich Bioenergie zählt Petrovietnam, der staatliche Energiekonzern. Verantwortlich für die Öl- und Gaslagerstätten des Landes baute das Unternehmen drei Anlagen zur Produktion von Bioethanol mit einer Jahreskapazität von 300.000 m3. Rohstoff für den Biosprit ist Maniok, deren stärkehaltigen Wurzelknollen in vielen Ländern als Grundnahrungsmittel gelten. Hierzu investierte Petrovietnam auch in den Anbau der Pflanzen – sogar im Nachbarland Laos. Vorgesehen war, das Ethanol hauptsächlich zur Beimischung in Kraftstoffen zu nutzen, die Zentralregierung hatte vor längerem bereits feste Ziele vorgegeben. Allerdings haben sich diese Ziele bisher nicht realisiert. Selbst das Unternehmen benennt zahlreiche Herausforderungen, vor denen es steht. Beispielsweise den Wettbewerb mit der Futtermittelproduktion oder der Stärkeproduktion und zudem eine fehlende politische Unterstützung. In der Konsequenz verkaufte das Unternehmen den Großteil seiner Produktion bisher ins Ausland und nahm eine Produktionsstätte nach ihrer Fertigstellung erst gar nicht in Betrieb. Inzwischen stellte Petrovietnam seine Bioethanolpläne komplett zur Disposition. Zu den Betreibern der insgesamt sechs Bioethanolfabriken im Land zählte auch Don Xanh JSC. Jedoch stoppte das Unternehmen seine Produktion bereits im Jahr 2012 und meldete Insolvenz an. Im Dezember 2014 begannen Tankstellen in den Großstädten, Benzin mit einer Beimischung von 5% Maniok-basiertem Ethanol zu verkaufen. Um die Nachfrage anzukurbeln, soll der Preis durch gesetzgeberische Eingriffe noch sinken.

Auf Maniok als Rohstoff setzt auch One Step Ahead Production (OSA) aus Ho Chi Minh-City. Das Unternehmen produziert kompostierbare, biobasierte Plastiktüten. Nach eigenen Angaben will das aktuell nur lokal orientierte Unternehmen im nächsten Schritt internationale Märkte erschließen und sucht hierfür nun einen Investor oder Käufer.

AgBiotech Vietnam
Hintergrund zur Argarbiotechnologie des Landes gibt es hier: www.agbiotech.com.vn/english/

Unklar ist bisher, wie die Bioökonomie in Vietnam von den Biotechnologie-Unternehmen profitiert hat, wie sie sich in den Industrieländern über die vergangenen Jahre hinweg etabliert haben. Auch in Vietnam gibt es bisher eine Handvoll Biotech-Firmen, die meisten widmen sich jedoch medizinischen Themen.   Nam Khoa  Biotech spezialisierte sich auf molekulare Diagnostik, den Kern des staatlichen Unternehmens Vabobiotech stellen Impfstoffe dar. Bioenergie steht allerdings bei den Start-ups Viet Khang Anh und Quang Trị im Fokus. Sie produzieren Pellets aus Abfällen holzverarbeitender Betriebe. Von Düngern aus Brauereireststoffen sollen die Kunden von Tue Minh profitieren, Phuong Nam arbeitet an Probiotika, für deren Herstellung nährstoffhaltige Industrieabwässer genutzt werden.

Ausländische Firmen in Vietnam aktiv

Auch ausländische Firmen entfalten wirtschaftliche Aktivitäten in Vietnam. Der schwedische Zulieferer Alfa Laval lieferte Petrovietnam technische Lösungen für seine Biokraftstoffanlagen. Ebenfalls mit dem staatlichen Erdölkonzern wollte der finnische Bioraffinerie-Spezialist Chempolis kooperieren. Zur Diskussion stand eine Technologie der 3. Generation für die Produktion von Bioalkohol aus Cellulose-haltigen Reststoffen. Das US-Unternehmen AGRESTI Biofuels beschloss 2009  mit lokalen Partnern kommunale Abfälle über eine patentierte Methode in insgesamt acht Raffinerien in Bioethanol umwandeln zu wollen, inzwischen scheint es die Firma jedoch nicht mehr zu geben. Toyo-Thai aus Thailand beteiligte sich maßgeblich am Bau von zwei Anlagen im Land. Das US-Biotechnologieunternehmen Kraig Biocraft Laboratories produziert dagegen Seide mit gentechnisch veränderten Seidenraupen und hat auch bereits erste Testergebnisse mit dem Material vorliegen. Anfang 2014 vermeldete die Firma, dass in Vietnam möglicherweise die kommerzielle Produktion erfolgen soll. Dagegen stellt der weltgrößte Möbelkonzern Ikea im Land Holzmöbel und Flechtwaren her. Er unterstützt dortige Kleinbauern im Waldmanagement und bei Zertifizierungsmaßnahmen für Holz. Die Tochterfirma der taiwanesischen Vedan Enterprise Corporation produziert auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen Aminosäuren in Vietnam.

Von staatlicher Seite gibt es in Vietnam etliche Organisationen, die Firmen in ihrer Entwicklung fördern. Die Nationale Stiftung für Wissenschaftliche und Technologische Entwicklung (NAFOSTED) unterstützt Unternehmen,  die eigene Forschungsaktivitäten für technologische Weiter- oder neue Produktentwicklungen betreiben. Außerdem fördert sie die internationale Zusammenarbeit. Mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unterzeichnete sie 2010 einen Kooperationsvertrag. Auf Start-ups und kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) zielt der 2011 initiierte National Technology Innovation Fund (NATIF). Ansiedeln können sich Firmengründungen beispielsweise im Hoa Lac-Technologiepark nahe Hanoi, in dem nach dem Vorbild von Berlin-Adlershof mehrere Funktionen im Technologie- und Wissenschaftsbereich zusammengeführt werden. So sind hier universitäre Fakultäten und ein Technologiezentrum für Existenzgründer angesiedelt sowie Flächen für technologie-orientierte Unternehmen ausgewiesen . Nahe Ho Chi Minh-City ist der Saigon Hi-Tech Park angesiedelt

Die OECD attestierte dem Land 2009 beachtliche Fortschritte, in seinem Bestreben privates Kapital und insbesondere ausländische Investitionen zur Stärkung der Wirtschaft zu mobilisieren. (Mehr Informationen: hier klicken) Hierzu beigetragen hat auch die Anpassung der Regelungen zu geistigem Eigentum und nationale und regionale Investitionsfördergesellschaften, doch es bleiben noch zahlreiche Möglichkeiten zur Verbesserung, heißt es bei der OECD.

 

Hintergrund

Schwerpunkte: Agarwirtschaft, Aquakultur, Pflanzenzüchtung, Biokraftstoffe

Bioökonomie-Initiativen:

National Green Growth Strategy

öffentl. Forschungsförderung: MOST

Deutsch-vietnamesische Gesellschaft: 
www.vietnam-dvg.com

Gesetzeslage
Gentechnik-Pflanzen als Futtermittel-Import erlaubt, keine Gentechnik auf dem Acker

Internationale Kooperationen

www.internationale-kooperationen.de

Sie interessieren sich für Kooperationen mit Hochschulen und Unternehmen im Ausland? Das internationale Büro des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unterstützt einen solchen Austausch. Mehr Informationen zu möglichen Förderprogrammen und länderspezifische Hintergründe finden Sie unter:

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