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Kaputte Zellkraftwerke lassen Haut erschlaffen

Im Alter geht die Spannkraft der Haut verloren, weil die Mitochondrien nicht mehr richtig funktioneren. Die Haut beginnt, der Rind eines Baumes zu ähneln. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Im Alter geht die Spannkraft der Haut verloren, weil die Mitochondrien nicht mehr richtig funktioneren. Die Haut beginnt, der Rind eines Baumes zu ähneln. Quelle: Angelina Ströbel / pixelio.de

05.08.2009  - 

"Alter ist irrelevant, es sei denn, du bist eine Flasche Wein." Die Schauspielerin Joan Collins mag das Alter ignorieren, die Natur tut es nicht. Wenn der Mensch älter wird, läuft eine Vielzahl von Prozessen im Körper ab. Berliner Wissenschaftler haben nun erstmals einen Hinweis auf einen Zusammenhang von Altern und einer Fehlfunktion der Mitochondrien gefunden, wie sie in Nature Genetics (Online-Vorabveröffentlichung, 2. August 2009) berichten. Wenn die Kraftwerke der Zelle nicht mehr einwandfrei funktionieren, scheint die Haut ihre Spannungskraft zu verlieren: mehr und mehr Falten entstehen.




 

Die Haut ist einer der deutlichsten Indikatoren für das biologische Alter eines Menschen. Das Bindegewebe wird im Laufe des Lebens unweigerlich schlaffer, es entstehen Falten. Was diesen Vorgang aber auf zellulärer Ebene auslöst, war bisher unklar. Um diese Frage zu lösen, haben Wissenschaftler des Berliner Max-Planck-Instituts für molekulare Genetik und der Universitätsmedizin der Berliner Charite jetzt eine Methode angewandt, die in der Wissenschaft weit verbreitet ist. Sie studierten das Phänomen der Hautalterung an einer Extremform, um so Rückschlüsse auf den normalen Prozess zu erhalten.

Gen für vorzeitige Hautalterung identifziert

In seltenen Fällen treten Alterungsprozesse nämlich schon bei Kindern und Jugendlichen auf. Die Medizin spricht dann von segmentalen Progerie-Syndromen. Sie umfassen eine Reihe von Erkrankungen mit ähnlichem äußeren Erscheinungsbild, die durch mehrere genetische Abweichungen hervorgerufen werden können. In Zusammenarbeit mit Kollegen aus Singapur und einem internationalen Konsortium von Medizinern und Wissenschaftlern konnten die Berliner Forscher nun ein Gen identifizieren, dass bei der vorzeitigen Hautalterung (Cutis laxa) in Verbindung mit geistiger Behinderung eine entscheidende Rolle spielt.

In der Fachzeitschrift Nature Genetics (Online-Vorabveröffentlichung, 2. August 2009) beschreiben die Forscher um Stefan Mundlos und Uwe Kornak, dass Veränderungen des Gens PYCR1 offenbar zu einem Funktionsverlust der Mitochondrien führen. Mitochondrien sind die sogenannten Kraftwerke der Zelle: Hier wird ein Großteil des Energiestoffwechsels abgewickelt, und auch das kontrollierte Absterben der Zellen, die sogenannte Apoptose, wird von hier aus gesteuert. Für die Forscher ist die Entdeckung ein Durchbruch: Es ist das erste Mal, dass ein konkreter Zusammenhang von Altern und einer Fehlfunktion der Mitochondrien belegt werden konnte.

22 Familien mit Cutis laxa Syndrom untersucht
In der jetzt vorgelegten Studie untersuchten die beteiligten Wissenschaftler insgesamt 22 Familien auf der ganzen Welt, von denen 35 Mitglieder am Cutis-laxa-Syndrom erkrankt waren. Zusätzlich zu den typischen Alterungserscheinungen zeigten alle Betroffenen eine unterschiedlich ausgeprägte Beeinträchtigung ihrer geistigen Fähigkeiten. Mit Hilfe von neuesten Sequenzierungstechniken, mit denen eine ganze chromosomale Region auf einmal analysiert werden kann, gelang es den Forschern, ein Gen auf Chromosom 17 zu identifizieren, welches bei allen untersuchten Patienten verändert war. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass sich das Enzym, dessen Bauplan auf dem Gen PYCR1 abgespeichert ist, in den Mitochondrien befindet und dort an der Herstellung des Eiweißes Prolin beteiligt ist.

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"Prolin ist der wichtigste Bestandteil des Kollagens, des zentralen Strukturproteins des menschlichen Bindegewebes", sagt Stefan Mundlos, Leiter der beteiligten Gruppe am Max-Planck Institut für molekulare Genetik. Prolin ist aber nicht nur für die Bindekraft der Haut zuständig, sondern erfüllt in der Zelle noch eine zweite Aufgabe: "Es ist auch in der Lage, sogenannte freie Radikale in der Zelle abzufangen", so Mundlos. Freie Radikale sind sehr  reaktionsfreudige Moleküle, die in den Mitochondrien gebildet werden und mehrere wichtige Aufgaben erfüllen. So werden sie etwa für die Infektionsabwehr des Organismus benötigt. Gibt es allerdings zu viele frei Radikale, werden sie zu einer Gefahr. Die Wissenschaftler bezeichnen das als oxidativen Stress - wird er zu groß, wird die Zelle durch die reagierenden Moleküle geschädigt oder sogar zerstört.

Zellen sterben sehr viel schneller ab

"In verschiedenen Experimenten konnten wir nachweisen, dass die Mutation des PYCR1 vor allem zu einer erhöhten Empfindlichkeit der Zellen gegenüber oxidativem Stress führt", sagt Mundlos. "Werden diese nicht mehr ausreichend vor den ständig entstehenden freien Radikalen geschützt, sterben sie sehr viel schneller ab als normal und rufen dadurch die typischen Haut- bzw. Bindegewebsveränderungen hervor." In weiterführenden Arbeiten wollen die Wissenschaftler nun untersuchen, ob durch eine Anregung des Gens PYCR1 oder eine direkte Zufuhr des von PYCR1 gebildeten Prolin in die Mitochondrien die altersabhängigen Veränderungen des Bindegewebes verzögert werden können.

 

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