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Erbgut eines Bodenbakteriums mit Biodünger-Qualitäten entschlüsselt

Der Einsatz von Bodenbakterien wird beispielsweise zum Kampf gegen Krankheiten wie die Schwarzbeinigkeit bei Kartoffeln genutzt. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Der Einsatz von Bodenbakterien wird beispielsweise zum Kampf gegen Krankheiten wie die Schwarzbeinigkeit bei Kartoffeln genutzt.

22.08.2007  - 

Das Bodenbakterium Bacillus amyloliquefaciens ist normalerweise in der Wurzelzone von Pflanzen beheimatet. Schon jetzt ist bekannt, dass es dort das Pflanzenwachstum befördert – mit welchen Stoffwechselprodukten ist allerdings noch weitestgehend unklar. Dennoch gibt es bereits erste Ansätze, Biodünger auf der Basis dieses Bakteriums zu nutzen. Dies könnte langfristig nun weiter ausgebaut werden. Forschern aus Berlin und Göttingen ist es jetzt gelungen, das Erbgut des Bakteriums komplett zu entschlüsseln. Wie die Wissenschaftler um Rainer Borriss von der Humboldt-Universität im Fachmagazin Nature Biotechnology (2007, Online, 19. August) berichten, können nun die molekularen Prozesse im Detail aufgedeckt werden, die das Wachstum der Pflanzen unterstützen. Damit sei der Weg frei für eine noch gezieltere Nutzung des Bakteriums als biologischer Dünger oder Schädlingsbekämpfer, so die Forscher.

Die einen produzieren krebshemmende Wirkstoffe, andere haben erdölabbauende Fähigkeiten und wieder andere lösen schwere Krankheiten aus. Bakterien leben weltweit an fast allen Standorten und zeichnen sich durch eine Vielzahl an Eigenschaften aus. Um ihren genetischen Grundlagen auf die Spur zu kommen und diese Erkenntnisse für Medizin, Landwirtschaft, Ernährung und Industrie zu nutzen, hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Jahr 2001 das Förderprogramm GenoMik "Genomforschung an Mikroorganismen" initiiert.

Unter dem Dach dieser Initiative, die inzwischen als GenoMikPlus fortgesetzt wird, haben sich die Wissensschaftler unter anderem gezielt Bakterienvertreter gesucht, die eine pflanzenwuchsfördernde, pflanzenwuchsschädigende oder schadstoffabbauende Fähigkeiten besitzen. Zu letzteren zählte unter anderem das Meeresbakterium Alcanivorax borkumensis, das Öl als Energiequelle nutzt und dessen komplette Genomstruktur  vor einem Jahr vorgestellt werden konnte.

BMBF-Förderprogramm GenoMik-Plus: Tricks der Mikroorganismen nutzenLightbox-Link
In drei Kompetenzzentren in Göttingen, Bielefeld und Würzburg haben sich im Rahmen von "GenoMik" Forscher in Deutschland auf mikrobielle Genomforschung spezialisiert. Diese Projekte werden seit 2006 als "GenoMikPlus"-Programm fortgeführt und mit 21 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt. Mehr

Das Bodenbakterium Bacillus amyloliquefaciens wiederum hat  pflanzenwuchsfördernde Eigenschaften und ein verwandter vom bereits entschlüsselten Bakterium Bacillus subtilis, das zu den wichtigsten Mikroorganismen der industriellen Biotechnologie gehört und dessen Genom bereits sequenziert vorliegt. Wie die positive Wirkung von Bacillus amyloliquefaciens auf Pflanzen aber auf molekularbiologischer Ebene zustandekommt, ist noch weitestgehend unklar. Wissenschaftler um Rainer Borriss von der Humboldt-Universität Berlin, Professor am Institut für Biologie, haben nun gemeinsam mit Kollegen um Gerhard Gottschalk vom Laboratorium für Genomanalyse der Universität Göttingen das Erbgut des Bakteriums komplett entschlüsselt und erste Vergleiche mit Bacillus subtilis vorgenommen. „Mit der nun bekannten Gen-Ausstattung können wir gezielt die Mechanismen untersuchen, die der wachstumsfördernden Wirkung des Bakteriums zugrundeliegen“, betont Borriss.

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Im EU-Netzwerk SysMO haben sich Wissenschaftler auf die systembiologische Analyse von Bakterien spezialisiert. Dazu zählt auch ein Projekt unter deutscher Leitung, dass sich mit Bacillus subtilis beschäftigt. Mehr

Besonderheiten im Genom entdeckt

Wie die Wissenschaftler im Fachmagazin Nature Biotechnology (2007, online, 19. August) berichten, sind sie dabei auf einige genetische Besonderheiten gestoßen. So befinden sich im Genom von Bacillus amyloliquefaciens so genannte DNA-Inseln. „Diese Regionen im Erbgut weichen in ihrer Zusammensetzung stark von der üblichen Grundausstattung ab“, erläutert Gerhard Gottschalk, Leiter des Göttinger Genomanalyse-Laboratoriums. Während der Rest des Genoms dem Erbgut anderer, verwandter Bodenbakterien stark ähnelt, haben die Wissenschaftler in diesen Inseln Gene entdeckt, die mit dem besonderen Lebensstil des Bakteriums in der pflanzlichen Wurzelzone verknüpft sind. Sie vermuten nun, dass Bacillus amyloliquefaciens aus einem ‚normalen’ Bodenbakterium hervorgegangen ist und sich durch die Aufnahme fremder DNA die Fähigkeit zu einer positiven Wechselwirkung mit Pflanzenzellen erworben hat. So konnten die Forscher bereits zeigen, dass sich das Bakterium über Gene innerhalb einer solchen DNA-Insel zusätzliche Nahrungsquellen aus seiner pflanzlichen Umgebung erschließen kann.

Nutzung als Biodünger und Biopestizid möglich

Bei der Genomanalyse entdeckten die Wissenschaftler zudem große Gen-Gruppen, die offenbar für eine positive Wirkung des Bakteriums auf die Pflanzengesundheit verantwortlich sind. Über diese Gen-Gruppen können eine Vielzahl von Wirkstoffen im Bakterium hergestellt werden, die sich gegen andere Bakterien und Pilze richten, die für die Pflanzen krankheitsauslösend sein können. Gemeinsam mit Forschern der TU Berlin und der Universität Bonn wurde bereits die chemische Natur dieser Verbindungen aufgeklärt. „Damit wird es in Zukunft möglich sein, das Bakterium als Biopestizid zur Eindämmung pflanzlicher Schädlinge zu verwenden und den Einsatz von Agrochemikalien weiter zu begrenzen“, erläutert Borriss.

Berliner Unternehmen setzt auf Bodenbakterien

Schon heute gibt es erste Ansätze, das Bakterium gezielt für den Einsatz in der Landwirtschaft zu nutzen. Ein darauf basiertes Produkt gibt es von der Berliner Biotech-Firma ABiTEP GmbH, die sich die Nutzung von Bodenmikroorganismen der Gattung Bacillus für den Einsatz in der Landwirtschaft und deren biotechnologische Weiterentwicklung auf die Fahnen geschrieben hat. Das Unternehmen ist durch den auch jetzt am Genomprojekt beteiligten Forscher Rainer Borris sowie weiteren Partnern heraus entstanden und stützt sich dabei auf Entwicklungen des ehemaligen Forschungszentrum für Biotechnologie sowie der daraus gegründeten FZB Biotechnik GmbH. Dieses Unternehmen wurde 2005 eingestellt, deren Pflanzenschutzprogramm ist dabei auf die ABiTEP übergegangen.

 

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GenomXPress, Ausgabe 2/2007 Download PDF (123,4 KB)