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Elke Deuerling: Die Frage nach dem großen Ganzen

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Elke Deuerling ist Professorin für Molekulare Mikrobiologie an der Universität Konstanz. Quelle: privat

15.02.2012  - 

Proteostase ist ein recht einfaches Wort für etwas sehr Komplexes: das Zusammenspiel der Proteine in der Zelle. Wie werden die vielen verschiedenen Modelle fehlerlos zusammengebaut, wie beeinflussen sie sich gegenseitig und wie reagiert dieses Gefüge auf Umweltveränderungen? Elke Deuerling hat keine Angst vor schwierigen Fragen, die 1967 im oberfränkischen Lichtenfels geborene Biochemikerin beschäftigt sich seit langem mit ihr. Seit Januar 2012 ist die Professorin in Konstanz auch Sprecherin des Sonderforschungsbereichs „Chemical and Biological Principles of Cellular Proteostasis“, in dem 17 Arbeitsgruppen sich dem Thema annehmen. Zwölf Jahre haben Deuerling und ihre Kollegen dafür Zeit.



Der Sonderforschungsbereich 969, der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zunächst für die kommenden vier Jahre mit 7,5 Millionen Euro gefördert wird, hat sich zum Ziel gesetzt, Chemiker und Biologen so zusammenzubringen, dass sich eine neue Sichtweise auf die schwierigen Prozesse der Proteostase ergeben. „Das Besondere an unserem Ansatz ist, dass in allen Teilbereichen nicht nur fachübergreifend die zentralen Aspekte und Mechanismen der Proteostase untersucht werden“, sagt Elke Deuerling. „Darüber hinaus werden wir neuartige chemische und biologische Strategien entwickeln, die über die Möglichkeiten von konventionellen Methoden hinausgehen, um Prozesse oder direkt Proteinaktivitäten zu modulieren und sichtbar zu machen.“

Das drachenförmige Chaperon oder Anstandsdamen-Protein schützt den Tunnelausgang des Ribosoms (grau), aus dem das kettenförmige neue Eiweiß (violett) austritt.Lightbox-Link
Das drachenförmige Chaperon oder Anstandsdamen-Protein schützt den Tunnelausgang des Ribosoms (grau), aus dem das kettenförmige neue Eiweiß (violett) austritt.Quelle: Universität Konstanz

Hartnäckigkeit hilft

Deuerling bringt für dieses Aufgabe reichlich Erfahrung mit. Zwar promovierte sie als Biologin an der Universität Bayreuth über ein Stress-Gen bei Bacillus subtilis. Weitere Stationen an der Universität Freiburg und am Zentrum für Molekulare Biologie (ZMBH) in Heidelberg führten sie jedoch tief in die Welt der Proteine. Seit 2007 bekleidet sie den Lehrstuhl für Molekulare Mikrobiologie an der Universität Konstanz. Ihre Sporen verdiente sich Deuerling mit der Erforschung einer ganz bestimmten Proteinsorte, den Chaperonen. Diese Faltungshelfer sorgen dafür, dass andere Proteine richtig entstehen. Bei ihren Arbeiten beschäftigte sich Deuerling besonders mit dem bakteriellen Chaperon namens "Trigger-Faktor". Dabei kam Deuerling eine Eigenschaft ganz besonders zugute: ihre Hartnäckigkeit. Denn zunächst einmal scheiterte sie. Sie hatte „Knock-out“-Bakterien hergestellt, denen der Trigger-Faktor fehlte. Der Vermutung nach hätten die Bakterien Probleme beim Proteinbau bekommen müssen. Doch die Mikroben gediehen vollkommen normal – offenbar konnten sie den Verlust problemlos ausgleichen. „Das war ein Punkt, an dem ich mich gefragt habe: Soll ich damit überhaupt weitermachen?“, so Deuerling. Sie wagte einen neuen Versuch und stellte Bakterien her, denen gleich zwei verschiedene Chaperone fehlten - der Trigger-Faktor und das Hsp70-Chaperon namens DnaK . Und siehe da: In den Doppel-„Knock-out“-Bakterien häuften sich verklumpte Proteine an, die Zellen starben langsam ab. Deuerling war auf eine wissenschaftliche Goldader gestoßen. "Jetzt hatten wir tatsächlich etwas entdeckt: Der Trigger-Faktor ist ein Ribosomen-bindendes Protein und beschützt andere Proteine bereits bei ihrer Geburt", so Deuerling.  In den folgenden Jahren gelang es ihr, viele molekulare Details der Arbeitsweise und Funktion des Trigger-Faktors aufzuklären.

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Schnell in die Startlöcher kommen

In einem nächsten Schritt wandte sich Deuerling komplizierteren Modellsystemen  zu - der Bäckerhefe. „Wenn wir grundsätzlich verstanden haben, wie Proteinfaltung funktioniert, lassen sich im nächsten Schritt viele Anwendungen für dieses Wissen finden“, hofft sie. Das Ziel ist der Mensch. Etwa Alzheimer, wo sich falsch gefaltete Proteine zu Fasern zusammenlagern und zum Absterben von Nervenzellen führen.

Im neuen Sonderforschungsbereich in Konstanz hat Deuerling jetzt so viel Kapazitäten wie nie zur Verfügung, um hinter die Geheimnisse der Proteine zu kommen. Zwölf Teilprojektleiterinnen und -leiter aus der Biologie und sechs aus der Chemie arbeiten in Konstanz zusammen. Deuerling gibt das Tempo vor. „Sowohl wissenschaftlich als auch strukturell müssen wir jetzt sehr schnell in die Startlöcher kommen – darauf sind wir aber gut vorbereitet und freuen uns, jetzt endlich loslegen zu können. Die Zusammenarbeit zwischen den Fachbereichen und der Universitätsleitung ist bisher so reibungslos und unkompliziert verlaufen, dass ich sehr optimistisch in die Zukunft blicke und mich auf die kommenden Wochen und Monate sehr freue.“



 

Dieser Text basiert auf dem Porträt Elke Deuerlings in der BMBF-Broschüre "Wege in die Biotechnologie". Die Printausgabe ist vergriffen, die pdf-Version kann im Bestellbereich von biotechnologie.de aber nach wie vor kostenfrei heruntergeladen werden. 

© biotechnologie.de/cm
 

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