Dieter Peschen: Von Veilchen, Knollen und Gentechnik
13.02.2009 -
Für gentechnisch veränderte Nutzpflanzen kann sich Dieter Peschen begeistern: „Wenn man diese Technologien richtig nutzt, dann ist das eine phantastische Sache“, sagt er. Der Arbeitsgruppenleiter am Fraunhofer Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie (IME) hat dem gefürchteten Erreger der Kraut- und Knollenfäule bei Kartoffeln den Kampf angesagt. Mit einem gentechnischen Trick will er die Pflanzen gegen den Erreger resistent machen. Mit der GO-Bio Förderung des BMBF, die sein Projekt seit Anfang 2008 erhält, entwickelt er diese Technik jetzt zur Marktreife (mehr...).
Eigentlich fing alles mit den Alpenveilchen im elterlichen Anzuchtbetrieb an. „Die hatten eine Pilzkrankheit“, erzählt Dieter Peschen. „Immer kurz vor dem Verkauf fingen sie an zu welken. Dagegen wollte ich was machen“, erinnert er sich. Gesagt getan. In Aachen studiert Peschen Biologie mit Schwerpunkt Molekularbiologie und promoviert im Anschluss. Mittlerweile ist er Leiter einer Arbeitsgruppe am Fraunhofer Institut IME und kämpft immer noch gegen Pilze. Bei seinem aktuellen Projekt geht es um den Pilz Phytophtora infestans,der bei Kartoffeln die gefürchtete Kraut- und Knollenfäule verursacht. Im Zeitraum von 1845 bis 1850 löste diese Krankheit in Irland mehrere Missernten in Folge und damit die „Große Hungersnot aus. Bis zu einer Million Iren starben, eine weitere Million wanderte in die Neue Welt aus. Eine resistente Kartoffelsorte gibt es bis heute nicht.
GO-Bio-Wettbewerb |
Durch die Förderung im GO-Bio-Wettbewerb kann Dieter Peschen die Kommerzialisierung seiner Idee umsetzen. biotechnologie.de hat bereits weitere GO-Bio-Sieger vorgestellt:
Carsten Mehring: Vom Physiker zum Experten für Gehirnprothesen Ulrich Rothbauer: Alpaka-Antikörpoer für die Pharmaindustrie Erich Wanker: Will Chorea Huntington auf den Pelz rücken Michael Weyand: Zwischen Labor und Businessplan |
Antikörper und Pilz zu einem Protein fusionieren
Wenn es nach Peschen ginge, wäre das bald anders. Er will die Pflanzen mittels Gentechnik gegen den Pilz fit machen und bedient sich dabei eines eleganten Tricks. Wenn Tiere, zum Beispiel Hühner, mit Pilzen in Berührung kommen, bilden sie Antikörper aus. Diese Antikörper erkennen und binden den Pilz zielgenau. Pflanzen besitzen solche Antikörper nicht. Dafür können sie Proteine herstellen, die Pilze abtöten, so genannte Effektormoleküle. Sie sind zwar sehr wirksam, binden aber nicht spezifisch an den Pilz. Die Forscher um Peschen haben nun Antikörper und Pilzgift zu einem einzigen Protein fusioniert. „Die DNA für dieses getunte Protein bringen wir dann in die Pflanze rein“, sagt Peschen. Dieses Fusionsprotein kann den Pilz mit seinem Antikörperteil binden und ihn mit dem Effektormolekül abtöten. Weil es so zielgenau ist, braucht man nur sehr wenig davon in den Pflanzenzellen. Und das ist gut so. Denn in der Regel vertragen es Pflanzen nicht gut, wenn sie ihnen ursprünglich fremde Proteine in hohen Konzentrationen herstellen müssen – darunter leiden auch die Ernteerträge.
Die Pläne, das Verfahren zu vermarkten, sind schon weit fortgeschritten. AgroProtect soll die zukünftige Firma heißen, noch diesen Sommer will Peschen sie gründen. In sechs bis acht Jahren soll die Technik auf dem Markt sein. Dass das Verfahren selbst weitgehend steht, verdankt Peschen seinem Team – „vor allem Sylvia Schleker, ohne sie wären wir mit der Kartoffel nicht so weit“, betont er. „Die Hauptschwierigkeit ist im Moment, den Markt vorzubereiten, dass er das akzeptiert“, erklärt er. Und das ist harte Arbeit. Geschäftspläne schreiben, mit Investoren, Saatgutfirmen und Lizenzgebern verhandeln – mit Molekularbiologie hat sein Alltag nicht mehr viel zu tun.
Mehr Informationen |
zur Webseite des Start-ups Agroprotect: hier klicken zur Webseite von Dieter Peschen am Fraunhofer IME: hier klicken |
Alles fällt um, nur mein Mais nicht
Dabei sieht er die guten Argumente auf seiner Seite: „Wir haben eigentlich ein sehr ökologisches Produkt“ sagt er. Man braucht weniger Spritzmittel, die Landwirte müssen nicht mehr so oft aufs Feld fahren, das schont den Boden und spart Sprit. „Das ist schon etwas anderes, als Monsanto, mit seinem: alles fällt um, nur mein Mais nicht“. Das, so meint er, seien unglückliche Repräsentanten für das, was die grüne Gentechnik leisten kann. Und mit seiner Pflanze „kann man die mächtigen Spritzmittelhersteller ein bisschen ärgern“, legt er nach. Auf wirtschaftliche Ausgewogenheit legt Peschen ohnehin großen Wert. Bei der Sortenauswahl berücksichtigt er bewusst die Bedürfnisse kleiner Saatguthersteller, „um die ein bisschen zu stärken gegenüber den großen Firmen“, wie er sagt.
Ganz ohne Gentechnik wird es ohnehin nicht mehr lange gehen, davon ist Peschen überzeugt. „Wir werden die Weltbevölkerung wahrscheinlich ab 2015 nicht mehr selbst ernähren können. Ich glaube, da kann man nur mit transgenen Pflanzen weiterkommen“ sagt er. Wenn Dieter Peschen nicht gerade forscht, gilt seine Aufmerksamkeit der Familie und dem vierjährigen Sohn. Auch die Veilchen gibt es noch – mittlerweile kümmert sich sein Bruder um den Betrieb. Und wer weiß, vielleicht funktioniert die transgene Pilzresistenz ja eines Tages auch für diese Pflanzen.
Autorin: Miriam Ruhenstroth