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Pest: Turbo-Test auf Zuckerbasis

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Yersinia pestis im Darmrohr eines Flohs. Die parasitischen Insekten können die Bakterien als Zwischenwirt von der Ratte auf den Menschen übertragen. Eine Tröpfcheninfektion hingegen führt meist zur Lungenpest. Quelle: Credit: Rocky Mountain Laboratories, NIAID, NIH

23.07.2013  - 

Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung (MPIKG) haben einen zuverlässigen Schnelltest für den Pesterreger Yersinia pestis entwickelt. Zwar ist die Pest, eine der verheerendsten Seuchen des Jahrtausends,  behandelbar und tritt vergleichsweise selten auf. Mit jeder Stunde allerdings, in der die Erreger unentdeckt bleiben, verringern sich die Überlebenschancen rapide. Ein Test, der schnell den Erreger aufspürt und gleichzeitig andere Erkrankungen ausschließt, ist im Verdachtsfall überlebenswichtig. Gegenüber vorhandenen Nachweisverfahren basiert der Test auf Glyko-Biotechnologie. Sogenannte Oligosaccharid-Antigene erkennen Antikörper hochspezifisch und eignen sich sogar zur Herstellung von Impfstoffen. Aufbauend auf diesen Ergebnissen wird nun an der Realisierung des Schnelltests für die Anwendung getüftelt.

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Wie die Forscher um den Zuckerexperten Peter Seeberger im Fachjournal Angewandte Chemie (2013, Online-Veröffentlichung) berichten, identifizierten sie auf der Oberfläche des Bakteriums ein für den Erreger charakteristisches Oligosaccharid. Dieser Mehrfachzucker ist an Proteine gebunden, die in der Außenhaut der Einzeller integriert sind. Mit einer neuartigen Methode, die von den MPI-Forschern entwickelt wurde, bauten die Wissenschaftler das Zuckermolekül in mehreren Syntheseschritten nach. Anschließend kombinierten sie den Zucker mit einem Protein, das die immunologische Wirkung steigert. Das daraus resultierende Glykoprotein dient als Antigen, mit dem sich die Antikörper gegen Yersinia Pestis in Blutproben aufspüren lassen. Indem sie Mäuse damit immunisierten, stellten die Biologen auch einen entsprechenden Antikörper her. Diesen wiederum können die Forscher verwenden, um das Bakterium im Blut von Infizierten direkt nachzuweisen.

Doch nicht nur für die Früherkennung von Krankheiten ist die neue Technologie wertvoll, sondern auch für die Prävention: Theoretisch sei auf Grundlage der neuen Methoden sogar die Entwicklung von Impfstoffen gegen  beliebig viele Bakterien- und Pilzinfektionen möglich, sagte Dirk Pohlmann vom Potsdamer Max-Planck-Institut im Gespräch mit biotechnologie.de.

Erstautor Chakkumkal Anish kontrolliert einen Träger, mit dem sich der Pesterreger nachweisen lässt.Lightbox-Link
Erstautor Chakkumkal Anish kontrolliert einen Teststreifen.Quelle: David Ausserhofer für MPI für Kolloid- und Grenzflächenforschung

Neue Zucker-Antigene sind hochspezifisch

Die Oligosaccharid-Antigene sind extrem treffsicher, wodurch es beim Testen einer Blutprobe nicht zu falsch-positiven Ergebnissen durch ähnliche Bakterien kommt. Weil man sie auf verschiedene Oberflächen aufbringen kann, ist ein Schnelltest nach dem Teststreifen-Prinzip vorstellbar: Die Antigene können die Antikörper aus einer kleinen Blutprobe des Patienten einfangen. Das MPIKG hat einen Prototypen für einen sogenannten Plotter entwickelt, der beliebige Zucker-Antigene auf ein geeignetes Medium aufdrucken kann. Bindet der Antikörper am Antigen auf dem Teststreifen, kann dieser Komplex durch fluoreszierende Proteine visualisiert werden. „Solche zuverlässigen Tests lassen sich einfach und kostengünstig herstellen“, sagt Peter Seeberger. Bisher werden die Pest-Erreger anhand von Phänotypisierung oder ihrer Gene mit komplizierten und langwierigen Verfahren nachgewiesen.In dieser Folge von biotechnologie.tv wird das Heidelberger Schüler-iGEM-Team vorgestellt und Braunschweiger Forscher berichten wie sie Schwachstellen des Pesterregers aufdecken.Quelle: biotechnologie.tv

Pest: Auch heute noch ein Thema

Mehr als 200 Millionen Menschen fielen der Pest in der Vergangenheit zum Opfer. Im Mittelalter wütete die Seuche in mehreren Wellen in Europa, Zentralasien und China verheerend. Die Infektionskrankheit gilt auch heute noch keineswegs als besiegt. Immer wieder treten weltweit vereinzelte Fälle bis hin zu kleineren Infektionswellen in Regionen auf, die unter schlechten Hygiene-Standards und unter medizinischen Versorgungsengpässen zu leiden haben. Zuletzt traten 2009 16 Fälle in der libyschen Stadt Tobruk auf. Immer wieder gibt es Ausbrüche im US-Bundesstaat New Mexico. Die Infektion  verläuft unerkannt innerhalb kürzester Zeit tödlich. „Der wichtigste Faktor für das Überleben der Pest ist ein frühes Erkennen der Infektion“, sagt Chakkumkal Anish, Leiter der Arbeitsgruppe Glykobiologie am Potsdamer Max-Planck-Institut,„deshalb kann unsere Arbeit in Zukunft die Überlebensrate von Pestpatienten positiv beeinflussen.“

Mit Zuckern gegen Krankheiten

Die Arbeitsgruppe um Peter Seeberger arbeitet auf dem Gebiet der System-Glykobiologie. Sie befasst sich mit der Struktur, der Synthese und der Biologie von Zuckerketten, die vielerlei biologische Prozesse beeinflussen. So verfolgt Seeberger auch den Ansatz, Impfstoffe gegen Krankheiten wie etwa die Tropenkrankheit Malaria (mehr...) oder Leishmaniose auf Basis von Zuckermolekülen herzustellen. Auf dem Gebiet der Glykomik gelinge es immer öfter, die Forschung mit praktischem Wert direkt in die medizinische Anwendung zu überführen, so der Zuckerspezialist. 

© biotechnologie.de/bs
 

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