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Daniel Werz: Der Zucker-Architekt

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Entwickelt einen chemischen Baukasten für Zuckermoleküle: Daniel Werz. Quelle: Daniel Werz

15.02.2011  - 

Im Labor ist Daniel Werz eine Art molekularer Zuckerbäcker: Aus chemischen Grundbausteinen komponiert der Göttinger Chemiker hochkomplexe Kohlenhydrate. Damit ist er einer der Akteure in der aufstrebenden Forschungsdisziplin der Glykobiotechnologie. Werz versucht, den molekularen „Zuckerguss“ auf der Oberfläche von Zellen nachzubauen. Dazu entwickelt er mit seinem Team einen Glyko-Baukasten, mit dessen Hilfe die Zuckerstrukturen einfach verändert werden können. Damit soll künftig die Entwicklung maßgeschneiderter Medikamente beschleunigt werden. Für seine Arbeiten wurde der 35-jährige Arbeitsgruppenleiter am Institut für Organische und Biomolekulare Chemie der Georg-August-Universität Göttingen jüngst mit dem 5000 Euro dotierten GlycoThera-Award ausgezeichnet.

Für das Konstruieren von komplexen Biomolekülen begeistert sich Daniel Werz schon seit seinem Chemiestudium an der Universität in Heidelberg. Die Synthese bioorganischer Moleküle durchzieht seine wissenschaftliche Karriere: "Dreh- und Angelpunkt meiner Arbeiten ist es zu verstehen, wie wir bestimmte Moleküle erschaffen können oder wie wir sie in gewünschter Weise manipulieren können", erläutert der organische Chemiker.

Zuckerketten auf den Zellen im Visier

Erste Einblicke ins komplexe Reich der Zuckermoleküle erlangte der gebürtige Heidelberger in der Schweiz: An der Eidgenössisch Technischen Hochschule (ETH) in Zürich verbrachte Werz seine zweijährige Postdoc-Zeit. Im Labor von Glykobiologie-Koryphäe Peter Seeberger (mehr zu seinem Profil: hier klicken) lernte Werz das Know-how der hochkomplexen Glykochemie. Zuckerverbindungen auf der Oberfläche von Zellen und Proteinen sind in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus von Biowissenschaftlern gerückt: Denn diese Kohlenhydrate steuern als  Erkennungstrukturen wichtige Kommunikationsprozesse zwischen Zellen, sie sind für das  Immunsystem von immenser Bedeutung und stellen auch einen wichtigen Angriffspunkt für Medikamente dar.

Den Milzbrand-Erreger Anthrax aufspüren

Das Ziel der Zuckerchemiker in Zürich: Einzelne Grundbausteine sollten im Labor ganz gezielt zu komplexen Kohlenhydratketten verknüpft werden. Dabei hatte es Werz im Seeberger-Labor gleich mit einem besonders heißen Eisen zu tun: „Eines meiner Projekte  beschäftigte sich mit der Synthese eines Zuckers von der Sporenoberfläche der potenziellen biologischen Waffe Anthrax, dem Milzbranderreger“, erzählt Werz. Anthrax hatte im Jahr 2001 für Angst und Schrecken gesorgt:  Kurz nach den Terroranschlägen vom 11. September wurden Briefe mit einem weißen Pulver an diverse US-Senatoren verschickt. Bei dem infektiösen Inhalt handelte es sich um Sporen des Bakteriums Bacillus anthracis. Fünf Menschen brachte das weiße Pulver den Tod. Die Idee der Züricher Forscher war es nun, das Aufspüren von Anthrax-Sporen über Zuckermoleküle in der Erregeroberfläche zu ermöglichen und zu beschleunigen.

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Das Konzept ließ sich tatsächlich umsetzen: Daniel Werz gelang es, ein für das Anthrax-Bakterium charakteristisches Zuckermolekül synthetisch herzustellen. Das lässt sich auch für die Produktion von Antikörpern einsetzen, mit denen die tödlichen Sporen nachgewiesen werden können. Das Oligosaccharid lieferte auf diese Weise die potenzielle Basis für einen Impfstoff. „Das Projekt fand weltweit große Resonanz“, erinnert sich Werz. Auch das Topjournal Nature berichtete über seine Arbeit. Zusammen mit Seeberger und weiteren Kollegen hat sich Werz seine Anthrax-Impfstoff-Technologie bereits patentieren lassen.

Eigene Nachwuchsgruppe tüftelt an einem Glyko-Baukasten

Die wissenschaftliche Karriere von Daniel Werz mag mit seinen 35 noch eher am Anfang stehen. Doch schon ein Blick auf die Publikationsliste zeugt von enormer Produktivität: Mehr als 70 Fachartikel hat der Göttinger Nachwuchsforscher in den letzten Jahren veröffentlicht. Seit Dezember 2006 leitet Werz eine eigene Nachwuchsgruppe am Institut für Organische und Biomolekulare Chemie der Georg-August-Universität Göttingen, unter anderem finanziert über ein Liebig-Stipendium des Fonds der Chemischen Industrie und ein Emmy-Noether-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Mit seinen derzeit zehn Mitarbeitern versucht Werz, die Struktur der Zucker auf den Oberflächen von Zellen zu verändern, um deren Aufgabe besser zu verstehen.

Zuckerchemie in Göttingen

Zur Arbeitsgruppe von Daniel Werz an der Universität Göttingen: hier klicken

„Wir entwickeln synthetische Methoden, um beispielweise das Sauerstoff-Atom einer Zuckerstruktur durch ein Kohlenstoff-Atom zu ersetzen“, so der Chemiker. „Durch diese Veränderung beeinflussen wir beispielweise die Anordnung und Stabilität des Zuckers sowie den Informationsfluss ins Innere der Zelle und können somit dessen biologische Aktivität beeinflussen.“ Langfristig wollen die Forscher einen synthetischen Zucker-Werkzeugkasten zusammenstellen, um neue Moleküle mit gewünschten biologischen Eigenschaften zu kreieren. Dieses Wissen könnte sich wiederum zur Entwicklung maßgeschneiderter Medikamente einsetzen lassen.

Karriere nicht nur auf Zucker bauen

Kein Wunder, dass auch die biopharmazeutische Industrie auf diese Technologie aufmerksam geworden ist. Im November letzten Jahres wurden die Arbeiten von Werz rund um die süßen Moleküle mit dem GlykoThera-Award gewürdigt. „Ein solcher Preis gibt mir Auftrieb für weitere Arbeiten“, sagt Werz. Der jüngste Preis reiht sich ein in eine lange Liste weiterer Auszeichnungen: Für seine herausragende Dissertation wurde er mit dem Promotionspreis der Universität Heidelberg bedacht, weitere wichtige Preise folgten fast im Jahrestakt. Auch wenn ihn die Zucker derzeit nicht loslassen, möchte sich Werz für seine Forscherzukunft nicht nur auf die süße Chemie beschränkt sehen. Nach dem Abschluss seiner Habilitation strebt der Nachwuchsforscher eine feste Professur an, die es ihm künftig erlauben soll, seine Forschungen erfolgreich weiterzuführen.



Autorin: Andrea van Bergen

 

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