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Grüne Woche 2011: Von Dunkelbackern und Retrokartoffeln

"Die Forschung wird im Agrarbereich immer wichtiger." Bundesforschungsministerin Annette Schavan sieht sich während ihres Besuchs im Gläsernen Labor auf demBMBF-Stand der Grünen Woche einen Schnitt durch ein Pflanzenblatt an. <ic:message key='Bild vergrößern' />
"Die Forschung wird im Agrarbereich immer wichtiger." Bundesforschungsministerin Annette Schavan sieht sich während ihres Besuchs im Gläsernen Labor auf demBMBF-Stand der Grünen Woche einen Schnitt durch ein Pflanzenblatt an. Quelle: biotechnologie.de

25.01.2011  - 

„Ich gehe nicht umsonst als Forschungsministerin auf diese Messe“, sagte Annette Schavan bei ihrem Rundgang auf der Grünen Woche. „Viele der interessanten Forschungsfragen kommen heute aus dem Agrarbereich.“ Bereits zum zweiten Mal ist das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) auf der weltgrößten Messe für Ernährung und Landwirtschaft deshalb mit einenem eigenen Stand vertreten. Dort, in Halle 3.2, dreht sich auch Vieles um die Biotechnologie, von der effizienten Maiszucht bis zur Genbank für Kartoffelsorten. Und auch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) stellt auf der Messe moderne Pflanzenforschung vor, zum Beispiel ein Projekt zur Erstellung molekularbiologischer Profile von Bodenbakterien.

Die Grüne Woche ist nicht nur eine der ältesten Messen Deutschlands, sondern auch ein Publikumsmagnet. Auch dieses Jahr werden wieder mehr als 400.000 Besucher auf dem Messegelände unter dem Funkturm erwartet. Einige von ihnen werden dabei nicht nur mit den neuesten Wurstspezialitäten, sondern auch den neuesten Forschungsergebnissen aus der Pflanzen- und Agrarforschung Bekanntschaft gemacht haben.

Henk van Liempt (links), Leiter des Referats Bioökonomie im BMBF, lässt sich von Kerstin Diekmann und Gerald Johannes das Verbundvorhaben zur Kartoffel-Genbank erklären.Lightbox-Link
Henk van Liempt (links), Leiter des Referats Bioökonomie im BMBF, lässt sich von Kerstin Diekmann und Gerald Johannes das Verbundvorhaben zur Kartoffel-Genbank erklären.Quelle: biotechnologie.de
Am Stand des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) auf dem sogenannten „Erlebnisbauernhof“ in Halle 3.2. geht es zum Beispiel um die Frage der Dunkelbacker.

Den Dunkelbackern schneller auf die Spur kommen

„Das Schönheitsideal der Kartoffelchips sieht so aus“, sagt Gerald Johannes und hält einen Plexiglasbehälter mit hellgelben, hauchdünnen Kartoffelscheiben hervor. „Hier dagegen sehen wir Dunkelbacker“. Der  Agrarwissenschaftler, der bei der Nordring Kartoffelzucht und Vermehrungs-GmbH Norika für den Vertrieb zuständig ist, hält einen zweiten Behälter mit Kartoffelchips hoch, die aussehen, als wären sie zu lange im Ofen verblieben und ein wenig verbrannt. „Das sind sie nicht“, sagt Johannes“, „allerdings ist ihr Glukoseanteil zu hoch.“ Passiert das in der Produktion, werden Schadenersatzansprüche an den Züchter gestellt. Ein Fall für Gerald Johannes. Daher musste er wegen eines Dunkelbacker-Vorwurfs in die philippinische Metropole Manila fliegen. Durch umfangreiche Untersuchungen konnte Johannes feststellen, dass die Lieferung fälschlicherweise nicht nur die für die Kartoffelchips geeignete Norika-Sorte, sondern auch Kartoffeln anderer Provenienz enthielt. Bis das festgestellt war, dauerte es allerdings knapp zwei Wochen. „In Zukunft wird das in einem Tag möglich sein“, schätzt Johannes.

Retrokartoffel ermöglicht Hightech-Analysen

Und zwar spätestens Ende 2012, wenn das Verbundvorhaben „Retrokartoffel“ abgeschlossen ist.

Susanne Schreiter erforscht am Julius Kühn Institut, ob sich Bakteriengemeinschaften im Boden als Verbündete im Kampf gegen einen schädlichen Pilz einsetzen lassen.Lightbox-Link
Susanne Schreiter erforscht am Julius Kühn Institut, ob sich Bakteriengemeinschaften im Boden als Verbündete im Kampf gegen einen schädlichen Pilz einsetzen lassen.Quelle: biotechnologie.de
In diesem vom BMBF mit mehr als 500.000 Euro unterstützten Forschungsprojekt ist die Norika GmbH zusammen mit der Technischen Universität Dresden und dem Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben beteiligt. Dabei geht es, wie der Name vermuten lassen könnte, nicht um die Entwicklung einer Kartoffel wie anno dazumal, sondern um die Erfassung aller bekannten Kartoffelsorten in einer genetischen Datenbank. Als Bestimmungsmerkmale dient eine besondere Klasse von Transposons, also DNA-Sequenzen, die in vielfacher Wiederholung im Erbgut der Pflanze auftreten können. Die sogenannten Short Interspersed Nuclear Elements (SINEs) verbleiben meist an der Stelle, an der sie im Laufe der Evolution einmal ins Genom der Pflanze gekommen sind. Damit sind sie häufig charakteristisch für die jeweilige Sorte. Bisher werden SINEs in den öffentlichen Datenbanken von Pflanzengenomen meist nicht erkannt. Mit den Ergebnissen sollen nicht nur bekannte Sorten eindeutig erkannt, sondern auch die Züchtung neuer Sorten effizienter werden. Beim nächsten Mal könnte Gerald Johannes dann den Rückflug aus Manila schon nach einem Tag antreten.

In dieser Folge der Kreidezeit erklären wir, wie man mit Smart Breeding Pflanzen mit ganz bestimmten Eigenschaften züchten kann.Quelle: biotechnologie.de

Gläsernes Labor gewährte Einblicke

Die Dunkelbacker von Herrn Johannes sind ein anschauliches Beispiel für die Anwendung der Biotechnologie. Der Schritt von der Anschauung zum Anfassen wird am BMBF-Stand ebenfalls vorgenommen, und zwar im Gläsernen Labor des IPK Gatersleben. Schüler können hier aus einer Banane DNA isolieren oder die verschiedenen Farbstoffe aus Blättern extrahieren, erklärt Sandra Richter, die eigentlich Biosystemtechnik in Magdeburg studiert, sich während der Grünen Woche aber um den Forschernachwuchs kümmert und das Gläserne Labor betreut. Das Interesse ist groß. Auch Annette Schavan ließ es sich nicht nehmen, mit den Schülern einen Blick durchs Mikroskop auf Dünnschnitte von Blättern zu werfen. Die Forschung hält sie für eines der zentralen Elemente auf dem Weg zur Bioökonomie. Vor kurzem hatte die Bundesregierung ein Programm vorgestellt, wie die deutsche Wirtschaft bis 2030 die Umwandlung in eine biobasierte Ökonomie vorantreiben kann (mehr...). „Wir sind hier noch lange nicht am Ziel“, sagte Schavan auf dem Podium der Halle 3.2, wo sie zusammen mit Hans-Benno Wichert vom Bauernverband über die zunehmende Bedeutung der Forschung im Agrarbereich sprach. „In Zukunft werden wichtige Nutzpflanzen wie Gerste in der Lage sein müssen, auch Trockenperioden zu überstehen“, sagte Schavan. „Die Forschung ist das Herzstück der Bioökonomie“.

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Ein mikrobieller Gegenspieler gegen Salatflecken

Die Wissenschaftler versuchen aber nicht nur die Pflanzen selbst zu verbessern, sondern auch die Umgebungsbedingungen. In der Sonderhalle des BMELV stellt zum Beispiel eine Arbeitsgruppe des Julius Kühn-Instituts ein Projekt vor, dass die Bakterien unter die Lupe nimmt, die um die Pflanze herum im Boden aktiv sind. Diese Mikrobengemeinschaften wollen die Forscher rekrutieren, um Verbündete im Kampf gegen Rhizocotnia solani zu finden. Dieser für das bloße Auge unsichtbare Pilz verursacht leider nur allzu gut erkennbare schwarze Flecken auf Salatköpfen, die die Ware unverkäuflich machen und Jahr für Jahr große Verluste verursachen. „Wir untersuchen nun, was passiert, wenn wir einen bakteriellen Gegenspieler von Rhizoctonia in den Boden einbringen“, sagt Susanne Schreiter. 

Dazu entwickeln die Wissenschaftler zunächst einmal ein chemisch-molekularbiologisches Verfahren weiter, die sogenannte Dünnschichtchromatographie, mit dem die komplexe Zusammensetzung der Bodenbewohner erfasst werden können. Die Grüne Woche wird am Sonntag (30. Januar) ihre Pforten für 2011 wieder schließen. Für die Wissenschaftler hat das Forschungsjahr 2011 allerdings erst begonnen.

 

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