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Kartoffelkiller überrascht mit genetischem Waffenarsenal

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Unter dem Elektronenmikroskop sind die Sporen des Kartoffelschrecks "Phytophthora infestans" zu erkennen. Quelle: Universität Hohenheim

18.09.2009  - 

Auf Kartoffeläckern hinterlässt er braune Spuren der Verwüstung: Der Erreger der Kraut- und Knollenfäule ist unter Kartoffelbauern weltweit gefürchtet. Nun hat ein internationales Forscherteam mit deutscher Beteiligung das komplette Erbgut des Pilzes namens Phythophthora infestans entziffert. Wie die Wissenschaftler in Nature (2009, Vol. 461, S. 393-398) berichten, besitzt der Erreger offenbar ein gewaltiges Arsenal an unterschiedlichen „Angriffs“-Genen, um die Verteidigungen der Pflanzen zu überwinden. Zudem ist ein großer Teil des Erbguts flexibel und kann sich schnell an neue Bedingungen anpassen. Mit dem Einblick in den Bauplan hoffen Pflanzenforscher nun, dem gefährlichen Pilz besser Paroli bieten zu können.




Der Pilz Phytophthora infestans hat die Geschichte des Menschen geprägt. Die von ihm verursachte Kartoffelfäule vernichtete in den 1840er Jahren in Irland einen Großteil der Kartoffelernte und löste eine Hungerkatastrophe aus.  Die Folge: Zwei Millionen Iren wanderten nach Amerika und Australien aus. Bis heute ist der Erreger eine ernste Bedrohung für die Kartoffelbauern geblieben. Er befällt neben Kartoffeln auch andere Nachtschattengewächse wie Tomate und Paprika. Die Bekämpfung der Fäulnis-Krankheit ist aufwändig und teuer. Mit der Zucht widerstandsfähiger Sorten und dem Einsatz von Fungiziden versuchen Pflanzenexperten, dem Pilz beizukommen. Allerdings lassen sich behandelte Kartoffeln nicht mehr als Bioprodukte vermarkten. Allein 2009 wird der wirtschaftliche Schaden durch die Kartoffelfäule deshalb auf mehr als sechs Milliarden Dollar geschätzt.

Schnitt durch eine Kartoffel, die von "Phytophthora infestans" befallen wurde. Jedes Jahr entstehen Landwirten dadurch Schäden in Milliardenhöhe.Lightbox-Link
Schnitt durch eine Kartoffel, die von "Phytophthora infestans" befallen wurde. Jedes Jahr entstehen Landwirten dadurch Schäden in Milliardenhöhe.Quelle: United States Department of Agriculture

Extrem anpassungsfähig durch außergewöhnliches Erbgut

Schon seit Jahrzehnten rätseln Wissenschaftler, was den Pilz, der nahe mit Braunalgen verwandt ist, so erfolgreich macht. „Der Erreger passt sich sehr schnell an neue Kartoffelsorten an und entwickelt Resistenzen gegenüber Pestiziden“, erklärt Marco Thines von der Universität Hohenheim. Gründe für diese Flexibilität offenbart ein genauer Blick auf das Erbgut des Erregers. Einem internationalen Konsortium von Forschern aus den USA, England, Irland und Deutschland ist es nun gelungen, das Genom von Phytophthora infestans komplett zu entziffern. Wie sie in der Fachzeitschrift Nature (2009, Vol. 461, S. 393-398) berichten, ist das Genom des Erregers mit 240 Millionen Basenpaaren ungewöhnlich lang, fast dreimal so groß wie das Erbgut seiner nächsten Verwandten. Das Erbgut der Ackerschmalwand, der Modellpflanze der Genetiker, ist mit 125 Megabasen ebenfalls nur halb so groß. Offenbar verfügt der Pilz über ein riesiges Arsenal an Genen, die es ihm ermöglichen, die Kartoffelpflanzen anzugreifen und letztlich zu zerstören. Bis zu 700 solcher Effektor-Gene haben die Forscher aufgespürt. Das „Waffenlager“ von P. infestans ist also sehr gut gefüllt.  Zudem hält das Genom zahlreiche Varianten der Effektor-Gene bereit, mit deren Hilfe sich der Erreger bei seinen Attacken auf die unterschiedlichsten Situationen einstellen kann.

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Viele Wiederholungen, viele springende Gene

Was das Wissenschaftler bei ihren Analysen überraschte: Rund 75 Prozent des Genoms von P. infestans besteht aus sich wiederholenden Erbgut-Schnipseln, die auf den ersten Blick informationsfreie, vermeintlich nutzlose DNA-Abschnitte enthalten. Hier fanden die Forscher aber sehr viele „springende Gene“, sogenannte Transposons. Diese mobilen Erbgutabschnitte besitzen die Fähigkeit, im Genom umherzuhüpfen (mehr...). Bei diesen Ortswechseln mischen sie das Genom förmlich auf, und es kann sich so sehr schnell verändern. Auf diese Weise erhält sich der Pilz eine enorme Wandlungsfähigkeit, die ihm bei der Besiedlung neuer Lebensräume nützlich ist. Doch nicht alle Bereiche des Genoms scheinen sich derart rasch zu verändern, erläutert Sophien Kamoun vom englischen Sainsbury Laboratory: „Wir gehen von einem Erbgut der zwei Geschwindigkeiten aus, verschiedene Teile der Gene entwickeln sich in unterschiedlichen Maßen.“ Erbanlagen, die für den Erreger selbst lebensnotwendig sind, lägen in Abschnitten des Genoms, in denen sich nur wenige sich wiederholende DNA-Stücke befänden, so der Forscher. Gerade in solchen ruhigeren Erbgut-Regionen erhoffen sich die Forscher, neue Angriffspunkte zur Bekämpfung des Erregers zu finden.

Neue Strategien zur Bekämpfung der Kartoffel-Plage

„Wir können nun besser verstehen, an welcher Stelle der Pilz in den Pflanzenstoffwechsel eingreift“, sagt Marco Thines. So ließen sich nun vielleicht bessere Methoden entwickeln, um eine Infektion mit dem Schädling zu verhindern. Der Hohenheimer Pflanzenforscher denkt dabei nicht nur an maßgeschneiderte Fungizide. Auch für die Pflanzenzüchtung sind die neuen Erkenntnisse von großem Interesse: „ Es kann nun in zur Kartoffel nah verwandten Arten gezielt nach Resistenzfaktoren gefahndet werden“, sagt Thines. Pflanzenbiotechnologen in Deutschland haben bereits Kulturkartoffeln mit einem Satz kürzlich entdeckter Resistenzgene aufgerüstet. Diese stammen aus Kartoffelarten, die wild in Mexiko wachsen. Der Ludwigshafener Konzern BASF testet die entstandene resistente Kartoffel derzeit in diversen europäischen Ländern auf Sicherheit und Effizienz im Freilandanbau.

 

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