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Hartmut Geiger: Zurückgekehrter Stammzellforscher

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Stammzellforscher Hartmut Geiger ist aus den USA nach Deutschland zurückgekehrt. Quelle: Geiger

18.05.2009  - 

Neun Jahre hat Hartmut Geiger in den USA gearbeitet – vor einem Jahr entschloss sich der Stammzellforscher zur Rückkehr und trat an der Klinik für Allergologie und Dermatologie der Universität Ulm eine Forschungsprofessur an. „Es hat sich in der deutschen Forschungslandschaft sehr viel zum Positiven verändert, vieles ist flexibler geworden“ sagt Geiger über den ungewöhnlichen Schritt. Als Experte für adulte Stammzellen wird er die Forschung in Ulm um ein wichtiges Gebiet ergänzen.

Hartmut Geiger interessiert sich für Stammzellen. Nicht für irgendwelche, sondern für einen ganz bestimmten Typ: die Blutstammzellen, auch hämatopoetische Stammzellen genannt. „Sie befinden sich normalerweise im Knochenmark von uns allen“, erklärt der Wissenschaftler. Dort sind für die Erneuerung des Blutes zuständig. Denn ausdifferenzierte Blutzellen, wie zum Beispiel rote Blutkörperchen, können sich nicht mehr vermehren. Blutstammzellen hingegen können sich unbegrenzt teilen und in die verschiedenen Blutzelltypen entwickeln, um abgestorbene Zellen zu ersetzen. Sie gehören damit zu den sogenannten adulten somatischen Stammzellen, die in verschiedenen Körpergeweben vorkommen. „Anders als embryonale Stammzellen können adulte Stammzellen aber nur Zellen des Gewebes machen, in dem sie sitzen“, erklärt Geiger. Blutstammzellen bilden also nur Blutzellen, so wie sich adulte Stammzellen in der Haut nur in Hautzellen entwickeln und solche im Dünndarm nur in Zellen, die den Dünndarm bilden können.

Hintergrund
Sie wollen mehr über die Arbeit von Hartmut Geiger erfahren? Auf den Webseiten der Universität Ulm erfahren Sie mehr.

Mehr Infos zu seiner Klinischen Forschergruppe: hier klicken

Alterung von adulten Stammzellen im Visier

Was daran so interessant ist? Lange Zeit haben Forscher geglaubt, dass diese adulten Stammzellen nicht altern, da sie sich selbst erneuern, also verlustfreie Kopien von sich selbst machen können. „In den letzten zehn Jahren hat sich leider herausgestellt, dass das für diese Zellen nicht ganz zutrifft“, erläutert Geiger.  „Aus irgendwelchen Gründen – die wir natürlich erforschen – verändern sich die Stammzellen, wenn sie älter werden.“ Zum Beispiel können sie sich nicht mehr so gut teilen und bilden mehr Blutzellen von einem bestimmten Typ aus und dafür weniger von einem anderen. „Das ist wahrscheinlich nicht vorteilhaft für den Körper“, so der Wissenschaftler.

Bei diesem Alterungsprozess spielt die Umgebung eine wichtige Rolle. Blutstammzellen sind im Knochenmark nicht von ihren „Artgenossen“ umgeben, sondern befinden sich in einer sogenannten Nische. „Das kann man sich vorstellen wie einen dreidimensionalen Käfig aus Fibroblasten und mesenchymalen Zellen. Und in der Mitte sitzt die Stammzelle“, erklärt Geiger. „Diese umgebenden Zellen helfen ihr, Entscheidungen zu treffen, zum Beispiel sich zu teilen oder sich zu differenzieren,“ sagt er. Dieses Jahr konnten Geiger und sein Team nachweisen, dass ältere Blutstammzellen nicht mehr richtig in dieser Nische festsitzen (2009, Blood, 8. April, Online). „Sie sind hibbelig, bewegen sich auf der Stelle, ähnlich einem hyperaktiven Kind“, sagt der Forscher. Das stört die Kommunikation mit der Nische und führt dazu, dass die Stammzelle hin und wieder falsche Entscheidungen trifft.   

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Warum kommt es zur Hyperaktivität?

Warum das so ist, will der Forscher als nächstes herausfinden: „Wir versuchen jetzt die Frage zu beantworten: Welche Veränderungen in den molekularen Wegen resultieren in der Hyperaktivität von alten Stammzellen“, sagt Geiger. Einige Signalwege in den Stammzellen haben die Forscher dabei schon im Auge – aber „das ist noch reine Hypothese“ sagt er.

Dass der gebürtige Baden-Württemberger diese Fragen ausgerechnet an der Universität Ulm beantworten will, ist nicht ganz selbstverständlich. Erst im August 2008 kehrte der Stammzellforscher nach Deutschland zurück – nach neun Jahren wissenschaftlicher Arbeit in den USA. „Die Gestaltungs- und Verdienstmöglichkeiten in den USA unterscheiden sich schon noch von denen in Deutschland. Da muss man sich gut überlegen, ob man dass finanziell stemmen kann“ sagt er. Aber vieles hat sich in der Deutschen Forschungslandschaft positiv verändert, findet Geiger: „Zum Beispiel gibt es diese starren finanziellen und positionellen Strukturen nicht mehr, man kann zumindest über alles reden.“ Vor Ort will er des weiteren mit dem Leibniz-Preisträger Karl Lenhard Rudolph zusammenarbeiten (mehr...). Eine erste gemeinsame Publikation ist bereits fertiggestellt, auch er ist thematisch auf die Alterung von Stammzellen spezialisiert.

Neue alte Heimat für den Rückkehrer

Aber nicht nur das Angebot einer Forschungsprofessur und das vielversprechende Forschungsumfeld in Ulm haben den 39-Jährigen Forscher überzeugt, Cincinnati hinter sich zu lassen. Auch für die Familie des dreifachen Vaters sollten die Bedingungen stimmen. „Ulm war da eine sehr gute Möglichkeit“ sagt er mit Blick auf seine drei Töchter. Ganz eingelebt ist der Heimkehrer allerdings noch nicht. „Obwohl man meint, Deutschland zu kennen, kommt man nach neun Jahren trotzdem in ein neues Land“, sagt er. Und nicht alles in diesem neuen Land gefällt ihm – besonders die Verwaltungsaufgaben, mit denen deutsche Wissenschaftler konfrontiert sind, findet Geiger ärgerlich: „Es ist nicht so, dass es in den Staaten weniger Verwaltungsarbeit gäbe, aber es ist besser organisiert.“ An einigen Dingen könne man da noch arbeiten. „Schließlich ist der Sinn unserer Arbeit die Bildung und Forschung und nicht die Verwaltung von Bildung und Forschung“.

Autorin: Miriam Ruhenstroth

 

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