Alexander Schenk und Kang Lan Tee: Lenker der Enzym-Evolution
11.05.2009 -
„Als Forscher wird man geboren“ findet Alexander Schenk, Doktor für Mikrobiologie an der Jacobs University Bremen. „Man muss einen Draht dazu haben.“ Die schon frühe Neigung, Zusammenhänge erkennen zu wollen, und sehr viel Neugier auf die Prozesse der Natur brachten ihn zuerst zu einem Biologiestudium und später in die Geschäftsleitung von SeSaM-Biotech, einer Firma, die Enzyme optimiert. Im Oktober 2008 wurde die Firma als ein Spin-Off der Jacobs University Bremen ausgegründet. Inzwischen hat der promovierte Mikrobiologe in der Biotechnologin Kang Lan Tee aus Singapur eine Geschäftspartnerin und keinen Mangel an Aufträgen.
Kaum ein Industriezweig kommt heutzutage ohne Enzyme aus. Die auch als Biokatalysatoren bekannten Substanzen werden bei Waschmittel, Backmitteln und zum Bleichen eingesetzt, mit ihrer Hilfe werden Textilien vorbehandelt, Feinchemikalien, Tierfutter und Arzneimittel hergestellt.
Unter industriellen Bedingungen arbeiten Enzyme oft suboptimal, liefern unerwünschte Nebenprodukte oder es wird generell ein verändertes Syntheseendprodukt benötigt. Deshalb besteht großer Bedarf an dafür maßgeschneiderten Enzymen. Darauf haben sich Schenk und Tee spezialisiert.
Der 1975 im hessischen Marburg geborene Wissenschaftler hat in seiner Geburtsstadt Biologie auf Diplom studiert, am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg hat er mit der Promotion begonnen und 2005 an der Jacobs University in Bremen abgeschlossen. Dort kam er auch zum ersten Mal mit dem SeSaM-Projekt des Biotechnologie-Professors Ulrich Schwaneberg in Kontakt. Er hat das patentierte SeSaM-Verfahren erfunden. Die Jacobs University Bremen ist auch im Cluster „Biokatalyse 2021“ aktiv, das Forschungsarbeiten zur industriellen Biotechnologie gezielt vorantreibt und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund 20 Millionen Euro unterstützt wird (mehr...).
Hintergrund |
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Der kulinarisch anmutende Begriff SeSam steht für „Sequence Saturation Mutagenesis“ und beschreibt ein Verfahren, mit dem durch zufällige genetische Veränderungen (Mutationen) der Ausgangs-DNA sehr viele Enzymvarianten hergestellt werden können. So können einmal als interessant eingestufte Enzyme für ihren ganz speziellen Einsatz in der Industrie optimiert werden.
Neu am SeSaM-Verfahren ist, dass in der DNA, die als Bauplan für die Enzyme dient, Mutationen mit der gleichen Wahrscheinlichkeit an jeder Position des DNA-Moleküls entstehen können und sogar multiple, direkt benachbarte Mutationen innerhalb eines Codons möglich sind. Mit dem Mutagenese-Verfahren erstellt Schenk innerhalb von drei Tagen eine Variantenbibliothek, also eine Vielzahl von mutierten DNA-Sequenzen, die schließlich zu verschiedenen Enzymen führen können. Weil hierbei die Natur mit ihren zufälligen genetischen Veränderungen im Zeitraffer nachgeahmt wird, sprechen Experten dabei auch von „gelenkter Evolution“.
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„Das ist eine ziemlich aufregende Sache, die wir hier machen“, meint Kang Lan Tee. Sie hat in Singapur chemisches Ingenieurwesen studiert, bevor sie in der Bremer Forschungsgruppe ihren PhD in Biochemical Engineering machte. Bei SeSaM-Biotech kümmert sie sich um die Aufträge und wirtschaftlichen Belange. Die Idee der gelenkten Evolution gebe es schon länger, das SeSaM-Verfahren habe jedoch den Vorteil, dass es schnell und kostengünstig funktioniere. „Die Biotechnologie ist ein Weg, die vorhandenen Bioressourcen nachhaltig zu nutzen“, sagt sie. „Die SeSaM-Methode hat sehr viel Potential.“
Zu den Kunden von SeSaM-Biotech gehört zum Beispiel die Evonik Industries AG. Gleichzeitig wird das Verfahren an universitären Lehrstühlen weiter entwickelt. Demnächst wollen die beiden Unternehmer auch Techniker einstellen, die der wachsenden Zahl der Aufträge gerecht werden. Auch wenn die Wirtschaftskrise die Geschäfte beeinflusst, sind beide zuversichtlich „Die Krise ist eine riesengroße Chance“ sagt Alexander Schenk. „Wir bauen jetzt unser Unternehmen auf, und wenn die Wirtschaft wieder anspringt, sind wir voll aufgestellt.“
Viel Freizeit bleibt da nicht. Während sich Tee bei Tennis und einem guten Buch entspannt, versucht Schenk vor allem, die Kontakte zu alten Freunden zu halten. „Das ist der Nachteil an der Selbstständigkeit“, schmunzelt er. „Man arbeitet selbst und ständig.“ Die Geschäftspartner teilen außerdem ein Hobby: Jogging. Laufen gehen sie allerdings getrennt, sagt Schenk: „Wir sehen uns so häufig, dass es auch mal schön sein kann wenn man allein seine Runden dreht.“
Autorin: Cornelia Kästner