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Bioenergie-Gutachten: Strom statt Sprit

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Bis das Stroh auf der Ladefläche des Traktors auch dessen Motor antreibt, wird noch einige Zeit vergehen. Quelle: Hermann Schulze Brock

10.12.2008  - 

Die höchste Klimaschutzwirkung erzielt Bioenergie in der Stromerzeugung. Das stellt der Wissenschaftliche Beirat Globale Umweltveränderungen WBGU in dem Gutachten "Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung" fest, das am 3. Dezember der Bundesregierung übergeben wurde. Biokraftstoffe der ersten und auch der zweiten Generation sind für den Klimaschutz dagegen weitgehend ungeeignet, heißt es in dem Dokument. Das Potenzial der Biomasse als Energieträger sei aber nach wie vor groß. Bis zu zehn Prozent des Weltenergiebedarfs könnten schon bald mit nachwachsenden Rohstoffen gedeckt werden, so die Wissenschaftler.




 

Das Gutachten ist laut WBGU die erste integrierte Studie zur Bioenergie, die globale Umwelt- und Entwicklungsfragen mit einbezieht. Demnach werden pflanzliche Rohstoffe in der globalen Energieversorgung zukünftig eine zunehmend große Rolle spielen. Die Ausschöpfung des grünen Potenzials sollte allerdings nur dann vorangetrieben werden, wenn eine Gefährdung der Ernährungssicherheit sowie von Natur- und Klimaschutzzielen ausgeschlossen werden kann. Damit dies gelingt, müssten allerdings verpflichtende Nachhaltigkeitsstandards eingeführt werden.

Das Titelbild der WBGU-Studie "Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung"Lightbox-Link

Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) wurde 1992 im Vorfeld der Rio-Konferenz von der Bundesregierung als unabhängiges wissenschaftliches Beratergremium eingerichtet. Das Gutachten "Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung" wurde der Regierung am 3. Dezember überreicht.

Zusammenfassung und Volltext: hier klicken

Nachhaltiges Landmanagement

"Zentrale Empfehlungen zum Forschungsbedarf haben wir bereits aufgegriffen", sagte Bundesforschungsministerin Annette Schavan bei der Übergabe des Gutachtens. Als Beispiel nannte die Ministerin Förderschwerpunkte des Bundesministeriums für Bildung und Forschung wie "Bioenergie 2021 - Forschung für die Nutzung von Biomasse" und "Nachhaltiges Landmanagement". Handlungsbedarf sehen die Wissenschaftler insbesondere beim Erforschen präziser Treibhausgasbilanzen bei verschiedenen Arten von Biomasse. Zudem sollte die Wechselwirkung zwischen der Energieerzeugung mit Biomasse und der landwirtschaftlichen Nutzung weiter untersucht werden. "Hier setzen wir mit unserer Zukunftsinitiative 'Bioenergie und gesunde Ernährung' an, in die wir in den nächsten Jahren 200 Millionen investieren werden", sagte Bundesforschungsministerin Annette Schavan.

Strom und Wärme zugleich

Wer das Klima schützen will, sollte die Biomasse vorrangig dazu nutzen, um Strom zu erzeugen, schreiben die Experten in ihrem Gutachten. Die Klimaschutzwirkung von Bioenergie im Strombereich sei etwa doppelt so groß wie beim Verkehr oder bei der reinen Wärmeerzeugung. Am besten sei die kombinierte Erzeugung von Strom und Wärme. Der WBGU empfiehlt, die Stromerzeugung aus Biomasse verstärkt zu fördern, sich dabei aber auf nachhaltig produzierte Bioenergieträger zu beschränken. Biomethan werde erst interessant, falls das bei der Herstellung anfallende CO2 künftig sicher deponiert werden könnte.

Biokraftstoffe der ersten Generation wie Biodiesel aus Raps oder Bioethanol aus Mais sind für den Klimaschutz ungeeignet, so die Autoren. Ihr Fazit: Werden indirekte Landnutzungsänderungen berücksichtigt, dann können bei ihrer Nutzung mehr Treibhausgase freigesetzt werden als bei der Nutzung fossiler Kraftstoffe. Auch Biokraftstoffe der zweiten Generation, bei denen die ganze oberirdische Pflanze verwendet wird, schneiden bei den Experten nicht besser ab.

V.l.n.r.: Staatssekretärin K. Kortmann (BMZ), R. Grießhammer (Mitglied WBGU), N. Buchmann (Mitglied WBGU), Bundesminister S. Gabriel (BMU), R. Schubert (Vorsitzende WBGU), Bundesministerin A. Schavan (BMBF), H. J. Schellnhuber (stv. Vorsitzender WBGU). Lightbox-Link
V.l.n.r.: Staatssekretärin K. Kortmann (BMZ), R. Grießhammer (Mitglied WBGU), N. Buchmann (Mitglied WBGU), Bundesminister S. Gabriel (BMU), R. Schubert (Vorsitzende WBGU), Bundesministerin A. Schavan (BMBF), H. J. Schellnhuber (stv. Vorsitzender WBGU). Quelle: WBGU

Biomass to Liquid

Als Biokraftstoffe der zweiten Generation gelten in diesem Zusammenhang sogenannte Btl-Kraftstoffe. BtL steht für „Biomass to Liquid“, also die Verflüssigung von Biomasse. Dazu wird der Rohstoff zunächst in ein Gas umgewandelt, das dann in einem zweiten Schritt zu Treibstoff synthetisiert wird. Im Gegensatz zu Biodiesel, der aus Ölfrüchten gewonnen wird, stammt BtL-Kraftstoff grundsätzlich aus fester, cellulose- oder ligninhaltiger Biomasse wie Holz oder Stroh.

Dagegen kann bei der Nutzung mehrjähriger tropischer Pflanzen wie Zuckerrohr, Ölpalmen oder Jatropha, die auf degradiertem Land angebaut werden, eine große Klimaschutzwirkung erreicht werden, heißt es in dem Dokument. Wenn allerdings Tropenwald gerodet wird, kann sich die Klimabilanz sogar ins Negative verkehren. Der WBGU plädiert deshalb dafür, die Beimischungsquoten von Biokraftstoffen zurückzunehmen und stattdessen die Elektromobilität anzustoßen.

Gabriel: Strategie nicht ändern

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel will die Nutzung der Biomasse nicht auf die Stromerzeugung beschränken. "Ich fühle mich durch das neue Gutachten darin bestätigt, Nutzungskonkurrenzen zwischen Bioenergie und Lebensmittelproduktion zu vermeiden und die Nachhaltigkeit der Bioenergienutzung sicherzustellen.“ Eine einseitige Konzentration auf die Stromerzeugung würde aber die Weiterentwicklung anderer erneuerbarer Energien verhindern. „Wir werden die Strategie an dieser Stelle nicht ändern.“ Derzeit gilt innerhalb der Europäischen Union die Vorgabe, bis 2020 den Pflichtanteil der nachwachsenden Rohstoffe im Kraftstoffmix auf zehn Prozent zu steigern.

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Das größte Potenzial sehen die Experten aber in Rohstoffen, die derzeit noch weggeworfen werden. Biogene Reststoffe wie wie Holzabfälle, Gülle oder Stroh seien ideale Kandidaten für eine saubere Energiegewinnung, weil ihre sachgerechte Nutzung kaum Risiken für Böden, Wasser oder Klima birgt. Auch stehen sie nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion.

BioIndustrie2021

Einen solchen Ansatz verfolg das im Rahmen der BMBF-Initiative „BioIndustrie 2021“ geförderte Cluster „Industrielle Prozesse mit biogenen Building Blocks und Performance Proteinen (IBP)“ in München (mehr...). In einem mehrstufigen Verfahren soll die robuste Cellulose mit verschiedenen Enzymen nacheinander behandelt. Auf diese Weise sollen technisch sortenreine Einzelbestandteile und Reststoffe entstehen, die sich – so die Idee – vielseitig verwertbar sind: ein Bioraffinerie-Konzept der dritten Generation.

 Alle geplanten Weiterentwicklungen bleiben global gesehen aber weitgehend wirkungslos, wenn nicht die Situation in den Entwicklungsländern verbessert wird. Neun Zehntel der Biomasse wird weltweit in offenen Feuern und primitiven Steinöfen verbraucht. Deshalb empfehlen die Wissenschaftler, die Dritte Welt mit simplen, aber effizienten Kohleherden oder Kleinbiogasanlagen zu versorgen.

 

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