iGEM: Elf Teams tüfteln für die Biokonstrukteurs-WM
24.08.2012 -
Der iGEM-Wettbewerb hat sich zum größten Nachwuchstreffen der Synthetischen Biologie entwickelt – und zieht hierzulande immer mehr Studenten an. In diesem Jahr gehen allein aus Deutschland elf Uni-Teams an den Start. Seit Wochen sind sie dabei, im Labor molekulare Bauteile zu entwerfen, um damit Zellen umzuprogrammieren und sie so mit nützlichen Eigenschaften auszustatten. biotechnologie.de stellt die einzelnen Projekte vor. Die iGEM-Teams sind mit viel Engagement und Enthusiasmus bei der Sache, organisieren Labormaterialien und Sponsoring und sind auf Fachkonferenzen und im Web äußerst präsent. Die Konkurrenz ist schließlich groß und das Niveau wird immer professioneller. Zunächst müssen die Teams sich dem europäischen Vorentscheid Anfang Oktober in Amsterdam stellen, bevor es zum großen Finale am MIT in Boston geht.
Mit dem Studentenwettbewerb iGEM (international competition of genetically engineered machines) hatte das MIT erstmals 2004 eine beliebte Ausbildungsform aus den Ingenieurswissenschaften auf das noch junge Feld der Synthetischen Biologie übertragen: Einen Studentenwettbewerb, in dem Teams von Universitäten ihre neue Entwürfe und Konstruktionen vorstellen und vor einer Fachjury bestehen müssen. Bei iGEM designen und konstruieren die Teams jedoch keine Hightech-Maschinen, sie wollen vielmehr lebende Zellen oder Mikroorganismen wie eine biologische Maschine mit neuartigen und nützlichen Funktionen ausstatten. Dazu bedienen sich die Tüftler im Labor neuester biotechnologischer Verfahren.
iGEM - Der Fahrplan |
Amsterdam 5.-7. Oktober: Regionaler Vorentscheid für die Teams aus Europa Boston 2.-5. November: Jamboree am MIT Mehr zum iGEM-Wettbewerb auf der offiziellen Webseite: hier klicken |
Biobricks als biomolekulare Bausätze
Unter dem Dach der jungen Forschungsdisziplin der Synthetischen Biologie versammeln sich inzwischen eine ganze Reihe unterschiedlicher Ansätze. Prinzipiell geht es darum, molekulare Bausteine nach ingenieurwissenschaftlichen Prinzipien zu handhaben – also mit ihnen gezielt bestimmte künstliche Biomoleküle, Zellen oder Mikroorganismen mit speziellen Eigenschaften zu konstruieren, die es in der Natur so nicht gibt. Die einzelnen standardisierte Bauelemente nennen sich in der Sprache des iGEM-Wettbewerbs BioBricks. Die Teams stellen die Bauanleitung für ihre BioBricks in einem frei zugänglichen Wiki, einer Art online-Laborbuch, zur Verfügung, gleichzeitig dürfen sie sich aber aus der Kiste der bereits vorhandenen BioBricks bedienen, die in den Vorjahren des Wettbewerbs entwickelt wurden.
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News: Highschool-iGEM 2012: Heidelberger Team räumt ab |
Deutschland seither stark vertreten
Die Resonanz hat mittlerweile alle Erwartungen übertroffen. iGEM lockt weltweit jährlich mehrere Tausend junge Biotechnologie-Interessierte an – für den Entscheid 2012 haben sich 193 Universitätsteams angemeldet. Mittlerweile gibt es in den verschiedenen Kontinenten regionale Vorentscheide, nur noch die besten dürfen nach Boston zum großen Finale, wo es um Medaillen und Sonderpreise und natürlich die Haupttrophäe – den silbernen BioBrick– geht.
Deutsche Teams waren schon früh in der iGEM-Geschichte am Start, und das äußerst erfolgreich (mehr...). Im vergangenen Jahr war die Bilanz allerdings etwas mager, nur wenige Teams hatten sich überhaupt dafür entschieden, mit einem Projekt an den Start zu gehen. Das wird sich 2012 ändern und es ging bereits gut los: in der Juniorvariante iGEM-Highschool räumte ein Schüler-Team aus Heidelberg kürzlich sogar den Hauptpreis ab (mehr...).
Die deutschen iGEM-Teams 2012 im Überblick
Für den Hochschul-Wettbewerb haben sich in diesem Jahr elf Teams aus der gesamten Republik angemeldet. Von originellen Ideen für die Umweltsanierung über gesunde Lebensmittelzusätze bis hin zur Produktion von Medikamenten, die iGEMer haben sich für ihre Biokonstrukte viel vorgenommen. biotechnologie.de hat mit allen gesprochen und stellt die Ideen und die Teams in kompakten Kurzprofilen vor.
Uni Bielefeld: Hormone aus dem Trinkwasser filtern
Uni Bonn: Bakterien die Macht des Lichts spüren lassen
TU Darmstadt: Mikrobielle Kunststoff-Recycling-Fabriken
Uni Frankfurt am Main: Mikroben als Süßstoff-Spender
Uni Freiburg: Molekulare Präzisionswerkzeuge schneller herstellen
Uni Göttingen: Bakterien mit neuen Sprinterqualitäten
LMU München: Bazillensporen als nützliche Designerperlen
TU München: Brauhefe für leckeres und gesundes Bier
Uni Marburg: Antibiotika-Design mit dem Rekombinator
Uni Potsdam: Hamsterzellen als Antikörperfabrik
Uni Tübingen: Hefesensoren für Hormone im Wasser
Eine Erfolgsgarantie gibt es natürlich nicht – und das Niveau des Wettbewerbs steigt von Jahr zu Jahr. Dabei ist es hilfreich, wenn einige im Projektteam bereits iGEM-Erfahrung mitbringen, wie Julia Bartels von der LMU München, die bereits zum dritten Mal dabei ist. „So bekommt man das nötige Know-how, um so ein Projekt überhaupt organisatorisch stemmen zu können“, sagt Bartels. Wie tickt die iGEM-Jury, womit haben andere Mannschaften in den Vorjahren gepunktet? Auch in anderen Teams stehen dem aktuellen Jahrgang Mentoren aus den Vorjahren mit Rat zur Seite. Ein weiteres Plus: Immer mehr deutsche Hochschulen erkennen das iGEM-Engagement als Studienleistung an.
Fulltime-Job in den Sommermonaten
Für die meisten Studenten gerät ihr Vorhaben in den Sommermonaten zum Fulltime-Job. Denn sie müssen einen enormen logistische Aufwand bewältigen, die Suche nach Sponsoren für Labormaterialien und Reisekosten treibt viele Teams um, das Online-Wiki und die Gruppen-Webseite müssen aufgebaut und betrieben werden. Transparenz und die anschauliche Vermittlung der Projektinhalte sind bei allen Teams groß geschrieben. Klappern gehört bei iGEM zum Handwerk. Schließlich sind die Projekte seriös angelegt, aber nicht bierernst. So posiert das Brauhefen-Team der TU München in Dirndl und Lederhosen im Labor, die anderen Teams haben Videos zu ihren Ideen produziert und sind in sozialen Netzwerken sehr aktiv. Und am 25. August haben die Teams einen deutschlandweiten Aktionstag geplant, an dem sie auf iGEM und ihre Projekte in ihren Städten aufmerksam machen wollen.
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