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Mit RNA-Molekülen gegen sechs Krankheiten

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Immer öfter zeigen Malaria-Medikamente keine Wirkung. Im Bild überträgt eine weibliche "Anopheles albimanus"-Mücke vielleicht gerade einen resistenten Erreger. Quelle: U.S. Centers for Disease Control and Prevention

03.12.2009  - 

Mehr als drei Millionen Menschen sterben jedes Jahr an Malaria, über zwei Millionen an Aids und etwa 600.000 an Typhus. Damit sind Infektionskrankheiten die häufigste Todesursache weltweit. Verursacht werden sie durch Viren, Bakterien oder zellkernhaltige Parasiten. Ein Forschungsprojekt unter dem Dach des Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN) untersucht bei sechs wichtigen Krankheitserregern eine kaum bekannte Gruppe von Nukleinsäuren: sogenannte Riboregulatoren. Sie steuern das Ablesen von Genen in den Erregern – und könnten somit Angriffsflächen für neue Medikamente bieten.


Als die Medizin Penicillin Anfang der 40er Jahre des vergangenen Jahrhunderts als Medikament entdeckte, wurde der bakterientötende Stoff als Wunderwaffe gefeiert. Mittlerweile ist die Waffe stumpf geworden. Bakterienstämme haben sich durch Mutation an viele der vorhandenen Antibiotika angepasst, die Rate der Resistenzen steigt. Der Bedarf nach alternativen Antibiotika ist so groß, dass die Gesundheitsminister der EU der Europäischen Kommission im Dezember 2009 offiziell den Auftrag gaben, sich Anreize zu überlegen, wie die Entwicklung neuer Substanzen beschleunigt werden kann.

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Aids, Typhus, Magengeschwür, Toxoplasmose, Durchfall und Malaria

in der Wissenschaft hat man die Resistenz der Krankheitserreger seit langem als Problem erkannt. "Um sie zu beherrschen, brauchen wir dringend neue Pfeile im Köcher“, sagt Jürgen Brosius vom Zentrum für Molekularbiologie der Entzündung an der Universität Münster. Er koordiniert einen Forschungsverbund, dem neben Brosius' Arbeitsgruppe auch Wissenschaftler des Deutschen Primatenzentrums Göttingen, des Biozentrums Würzburg sowie der beiden  Berliner Max-Planck Institute für Infektionsbiologie und für Molekulare Genetik angehören. Im NGFN-Plus-Projekt stehen sechs gefürchtete Infektionskrankheiten im Mittelpunkt: Aids, Typhus, Magengeschwür, Toxoplasmose, Durchfall und Malaria. Ausgelöst werden sie nicht nur durch Bakterien, sondern auch durch Viren oder einzellige Parasiten.

Die Herausforderung an die Forscher bleibt aber die gleiche. „In jedem Einzelfall kommt es darauf an, dass wir den Metabolismus des Erregers kennen und verstehen, wie er sich von dem des Menschen unterscheidet“, betont Brosius. Dabei dürfe man sich nicht nur auf die Eiweiße konzentrieren, fordert der Genomforscher: „Denn man weiß heute, dass auch RNA-Moleküle in wichtige Stoffwechselvorgänge der Zelle eingreifen.“

Nationales Genomforschungsnetz

In dem Programm der Medizinischen Genomforschung kooperieren Großforschungseinrichtungen, Universitäten, Kliniken und Industrieunternehmen bundesweit an mehr als 60 vernetzten Standorten in interdisziplinär organisierten Verbünden im Kampf gegen die großen Volkskrankheiten.

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RNA-Moleküle könnten Angriffspunkt für neue Therapien sein

Zu diesem Wissen hat Brosius selbst entscheidend beigetragen: Schon seit zwei Jahrzehnten erforscht er RNA-Moleküle, die – anders als zum Beispiel die gut bekannte Boten-RNA - nicht zur Produktion von Eiweißen dienen. „Diese ncRNAs hat früher jeder weggeworfen. Doch wir haben sie gesammelt und viele neue Moleküle entdeckt, darunter eines, das hauptsächlich in Nervenzellen exprimiert wird“, erzählt Brosius. Im Rahmen eines NGFN-2-Projekts konnte er nachweisen, dass ncRNAs offenbar wichtige Aufgaben erfüllen. So führt das Fehlen der Nervenzellen-ncRNA zu einer Form der geistigen Behinderung – dem Prader-Willi-Syndrom.

Die RNAs sind auch der Punkt, an dem die Forscher des aktuellen NGFN-Plus-Verbundprojekts ansetzen wollen. Denn so sehr sich die sechs Erreger auch in ihrem molekularen Aufbau, im Lebenszyklus und den infektiösen Eigenschaften unterscheiden: Ihr Erbmaterial besteht aus denselben Nukleinsäuren DNA und RNA. Deshalb suchen die Wissenschaftler nun nach ncRNAs und Riboregulatoren, die den Krankheitsprozess beeinflussen. Parallel dazu wird untersucht, wie sich die RNA-Profile der Wirtszellen durch eine Infektion verändern. „Einzelsträngige Bereiche der ncRNAs kann man relativ einfach durch komplementäre Stränge blockieren“, erklärt Brosius. Doch zunächst müsse man spezifische ncRNAs finden, die für den Erreger essenziell sind, so der Forscher. „Das sind unsere Kandidaten für die künftige Entwicklung neuer Medikamente.“

 

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