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Nabelschnurblut zu künstlichen Stammzellen programmiert

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Zellen aus Nabelschnurblut lassen sich in Biobanken aufbewahren und zu besonders vielseitigen Stammzellen umwandeln Quelle: Vita 34 AG

02.10.2009  - 

Manche Eltern lassen es ihren Kindern als eine Art medizinische Lebensversicherung aufbewahren: Nabelschnurblut, das in Biobanken eingefroren wird. Ob sich damit bis auf Leukämien einmal komplexe Erkrankungen heilen lassen, ist unter Medizinern umstritten. Nun haben deutsche und spanische Forscher Zellen aus Nabelschnurblut erstmals genutzt, um sie zu vielseitigen Stammzellen (iPS-Zellen) zurückzuprogrammieren. Wie sie im Fachjournal Cell Stem Cell (2. Oktober 2009, Volume 5, Ausgabe 4, S. 434-441) berichten, sind die Nabelschnurblutzellen offenbar besonders vorteilhaft für diese Art der künstlichen Verjüngung im Labor. Denn sie sind selbst noch jung und genetisch unkompliziert. 

 

Nabelschnurblut ist für Biomediziner ein besonderer Schatz, denn es ist reich an gewebespezifischen Stammzellen. In dem jungen Blut schwimmen Stammzellen, die in ihrer Entwicklungsfähigkeit eingeschränkt sind: so sind sie für den Aufbau des blutbildenden Systems, des Bindegewebes und der Blutgefäße zuständig. In der Therapie können sie bisher nur eingeschränkt genutzt werden: Mediziner setzen Nabelschnurblutzellen erfolgreich ein, um Leukämien und andere Bluterkrankungen zu heilen. Hier dienen sie quasi als Ersatz für Blutstammzellen des Knochenmarks.  Doch ob sich Nabelschnurblutzellen ebenso für andere Therapien eignen und wie vielseitig sie tatsächlich sind, ist bislang unter Wissenschaftlern umstritten. Nichtsdestotrotz werben private Blutbanken mit dem großen therapeutischen Potenzial der Zellen, bezeichnen das kostspielige Einfrieren von Nabelschnurblut als lohnende Investition in die Zukunft. 

Regenerative Medizin in Deutschland

In Deutschland gibt es derzeit sechs Zentren der Regenerativen Medizin.

Berlin-Brandenburg Center for Regenerative Therapies
BCRT
Center for Regenerative Therapies Dresden
CRTD

Translational Centre for Regenerative Medicine Leipzig
TRM
Regenerative Biology and Reconstructive Therapy Hannover
REBIRTH
Referenz- und Translationszentrum für kardiale Stammzelltherapie
RTC

Regenerative Medizin in der Region Neckar-Alb
REGiNA

iPS-Zellen aus der Nabelschnur  

Nun haben zwei Forscherteams aus Deutschland und Spanien eine neue Nutzungsmöglichkeit aufgezeigt: Erstmals ist es ihnen gelungen, Nabelschnurblutzellen zu so genannten induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) zu verwandeln. Über ihre Ergebnisse berichten das deutsche Team um Ulrich Martin von der Medizinischen Hochschule Hannover und die Gruppe um Juan Carlos Izpisua Belmonten vom Zentrum für Regenerative Medizin in Barcelona im Fachjournal Cell Stem Cell (2. Oktober 2009, Volume 5, Ausgabe 4, S. 434-441).  Mithilfe der verjüngten Zellen ist es den Forschern unter anderem gelungen, daraus später Herzmuskelzellen zu züchten. Damit rücke auch eine Therapie mit den zellulären Alleskönnern näher, berichten die Wissenschaftler. iPS-Zellen ähneln in ihren Eigenschaften embryonalen Stammzellen. Sie gelten als vielseitige Hoffnungsträger für maßgeschneiderten Gewebeersatz, noch dazu sind sie ethisch unproblematisch herzustellen. iPS-Zellen entstehen, wenn man bestimmte Stammzell-Faktoren in Zellen einschleust. In den letzten Monaten hat es rasante Fortschritte bei der iPS-Technik gegeben (mehr...). Bislang wurden mit dem Verfahren vor allem ausgereifte Haut- und Nervenzellen zurückprogrammiert. Der Nachteil: Im Laufe des Lebens haben sich im Erbgut solcher Zellen Mutationen angesammelt, die auch bei den künstlich verjüngten iPS-Zellen fortbestehen. Forscher gehen davon aus, dass solche Fehler nicht nur die Leistung von einmal daraus gezüchteten Zellen beeinflussen. Sie könnten auch leichter entarten und zu Krebs werden.

Junge Zellen, genetisch nicht vorbelastet 

Nabelschnurzellen bieten hier offenbar wesentliche Vorteile: Sie sind noch so jung, dass ihr Erbgut kaum Mutationen angesammelt hat. Zudem sind sie immunologisch noch nicht ausgereift: aus ihnen hergestelltes Ersatzgewebe muss deshalb nicht ganz so exakt zu einem potenziellen Empfänger passen. Die bereits existierenden Nabelschnurbanken seien eine reiche und leicht zugängliche Quelle für die umprogrammierten Zellen, schreiben die Forscher.

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Das Hannoveraner Team um Ulrich Martin konzentrierte sich auf so genannte Endothelzellen aus dem Nabelschnurblut, die sehr einfach gewonnen werden können. Selbst über mehrere Jahre eingefrorene Zellen ließen sie sich leicht zu iPS verjüngen. Die Umprogrammier-Gene schleusten die Forscher mit Hilfe von Viren in die Zellen ein. Die erzeugten Stammzellen ließen sich dann zu rhythmisch zuckenden Herzmuskelzellen umwandeln.

Wichtige Rolle für regenerative Therapien

Ulrich Martin ist überzeugt, dass der Weg über die Nabelschnurzellen in klinische Therapien münden wird. „Ich bin zwar immer vorsichtig mit Prognosen, aber die iPS-Forschung entwickelt sich so rasant, dass es mich nicht wundern würde, wenn erste klinische Studien innerhalb der nächsten fünf Jahre beginnen“.  Weiterhin wies er auf das mögliche Potenzial von Proben hin, dass bereits in Nabelschnurblutbanken gelagert ist. Für kommerzielle Aufbewahrungbanken, wie die Leipziger Vita 34 AG, wo mehr als 63.000 Nabelschnurblut-Präparate auf Eis liegen, bestätigen die jüngsten Ergebnisse die Sinnhaftigkeit ihres Geschäftsmodells:  Der Ärztliche Leiter, Eberhard Lampeter sagte, Blut einzufrieren sei eine bewusste Vorsorge ohne Kenntnis aller möglichen Anwendungsmöglichkeiten der Stammzellen. Trotz der vielversprechenden Ergebnisse sei das gesamte Potenzial von Nabelschnurblut-Stammzellen noch gar nicht erfasst.

 

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