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Stefan Pfister: Krebs bei Kindern bekämpfen

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Stefan Pfister forscht am DKFZ und arbeitet als Arzt an Universitätsklinikum Heidelberg. Quelle: S. Pfister

29.06.2009  - 

„Nur wer die Biologie des Tumors versteht, kann ihn zielgerichtet behandeln“ lautet das Motto von Stefan Pfister. Als Arzt und Forscher in Heidelberg beschäftigt er sich mit Krebs bei Kindern. Mit Erfolg: Ihm ist es gelungen, die bei Kindern am häufigsten vorkommende Art des bösartigen Gehirntumors – das Medulloblastom – molekularbiologisch in unterschiedliche Gruppen zu klassifizieren. Damit können die kleinen Patienten inzwischer zielgerichteter und mit weniger Nebenwirkungen behandelt werden. Private Entspannung holt sich Pfister in der Musik: Als Mitglied des Tübinger Saxophonie Ensembles ist er sogar international auf Konzerttourneen unterwegs.

Noch vor dreißig Jahren hatten Kinder mit einem Medulloblastom eine Heilungschance von nur etwa 5 % - heute kann Pfister 70 % von ihnen als geheilt entlassen. Den Grundstein seiner Forschungsarbeit hat dabei eine wertvolle Sammlung gelegt: 250 Gewebeproben von kindlichen Krebspatienten, die über einen Zeitraum von dreißig Jahren zusammengetragen wurden. „Professor Scheurlen aus der Mannheimer Kinderklinik hat sie mir vor einigen Jahren überlassen“, erinnert sich Pfister. Für den Wissenschaftler ist das Vermächtnis unbezahlbar und von unschätzbarem Kapital. „Alle Proben wurden fein säuberlich tiefgefroren und beispielhaft dokumentiert“, freut sich der Forscher. Pfister hat diese Proben nun mit unterschiedlichen Methoden untersucht: Dabei nahm er die Tumoren auf DNA-, RNA- und Proteinebene genau unter die Lupe. Seine Ergebnisse konnten zeigen, dass bestimmte Chromosomenabschnitte im Medulloblastom entweder mehr oder weniger vorhanden sind. „Darüber hinaus gibt es einen Zusammenhang zwischen den Veränderungen im Erbgut der Krebszellen und den klinischen Daten der kindlichen Tumoren“, erklärt der Mediziner.

Ist im Gewebe von Patienten mit Medulloblastom nur eine Kopie des Chromosoms 6 vorhanden (blau), dann spricht die Therapie besser an und die Überlebenschance ist größer.Lightbox-Link
Ist im Gewebe von Patienten mit Medulloblastom nur eine Kopie des Chromosoms 6 vorhanden (blau), dann spricht die Therapie besser an und die Überlebenschance ist größer.Quelle: S. Pfister

Der Weg zum Erfolg: Molekulare Marker
Aufbauend auf diese Daten ist es Pfister gelungen, die kleinen Krebspatienten in vier molekulare Risikogruppen einzuteilen. Während Medulloblastom-Patienten derzeit anhand klinischer Charakteristika (Metastasen bei Diagnosestellung, Alter, Resektionsgrad) im Wesentlichen in zwei Therapiegruppen eingeteilt werden, können die Mediziner dank der molekularen Einteilung in Zukunft individuell abwägen. „Bei ausgewählten Patienten können wir in zukünftigen Studien die Therapieintensität möglicherweise verringern und sie vermutlich trotzdem heilen,“ erläutert der Forscher. Dank einer Vorhersage des Krankheitsverlaufes können so die geistigen und körperlichen Folgeschäden reduziert werden. Aber auch hartnäckige Tumore werden durch genetische Marker entlarvt: „Bei dieser Prognose wissen wir nun für zukünftige Studien, dass den kleinen Patienten nur durch eine sehr intensive Strahlen- und Chemotherapie geholfen werden kann“, so der Mediziner.

Hintergrund
Sie wollen mehr über die Forschungsarbeit von Stefan Pfister erfahren? Dann schauen Sie auf seiner Webseite vorbei.

Mehr Infos: hier klicken

Molekulare Marker sind für Pfister der Schlüssel zur zielgerichteten Therapie. Im Detail zeigen sie veränderte chromosomale Regionen an, die den Charakter des Krebsgeschwürs bestimmen: Beispielsweise gehen Verluste einer Kopie von Chromosom 6 im Tumor mit einer Aktivierung eines bestimmten Eiweißes, dem Protein ß-Catenin, einher. „Wir wissen nicht, was die Monosomie 6 mit der ß-Catenin Aktivierung zu tun hat,“ so Pfister. Doch Patienten mit genau dieser Veränderung sprächen hervorragend auf die Therapien an und überleben alle die ersten fünf Jahre nach der Diagnose. Anders verhält es sich bei einem vermehrten Auftreten des krebsfördernden Gens MYC. Bei mehr als vier Kopien pro Tumorzelle ergibt sich eine extrem schlechte Prognose, bei der die Mediziner den jungen Patienten nur eine 20%ige Chance einräumen, fünf Jahre nach der Diagnose noch zu leben.

Als Wissenschaftler leitet Pfister eine Arbeitsgruppe am DKFZ.Lightbox-Link
Als Wissenschaftler leitet Pfister eine Arbeitsgruppe am DKFZ.Quelle: S. Pfister

Assistenzarzt, Forscher, Familienvater und Musiker in einem
Pfister jongliert mit vielen Bällen gleichzeitig: Als Arzt ist er am Universitätsklinikum Heidelberg (Abteilung Prof. Dr. A. Kulozik) für seine kleinen Patienten da, am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) arbeitet er parallel an seiner Forschung und leitet eine 12-köpfige Arbeitsgruppe in der Abteilung Molekulare Genetik des Krebsforschers Peter Lichter. Anstrengend sei das schon, doch auch sehr zufriedenstellend, sagt Pfister. Und: „Schön an meiner Arbeit ist die realistische Chance, die Kinder dauerhaft von der Krankheit zu heilen.“ Das Heilen helfe ihm auch, die Sterbebegleitung von Patienten zu kompensieren. Seine Arbeit wird aber auch in Fachkreisen hoch geschätzt – davon zeugen etliche Preise und Auszeichnungen, die der 35-jährige bislang erhalten hat: Dazu gehören neben dem gerade erst verliehenen Kind-Philip-Preis und dem Assmus Forschungspreis für Neuroonkologie, der Dr. Maresch-Klingelhöffer Förderpreis 2008 sowie der mit 100.000 Euro dotierte Dr. Hella-Bühler Forschungspreis 2007.

Doch der zweifache Familienvater gönnt sich regelmäßig Auszeiten – und zwar musikalische. Mit dabei: sein Saxophon. „Da kann ich so richtig gut abschalten“, sagt Pfister und meint damit nicht nur das private Musizieren. Zusammen mit Ehefrau Martina ist der Wissenschaftler als Mitglied des Tübinger Saxophon Ensembles auf etlichen Konzertbühnen zu sehen. Derzeit befindet er sich wieder auf große Tournee. Thailand, Neuseeland und Singapur stehen ebenso auf dem Programm wie ein Auftritt in der Oper von Sydney, Australien.  


Autorin: Andrea van Bergen

 

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