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Mit Systembiologie gegen Karies

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Biofilme bestehen aus Massen von Mikroorganismen, die hier unter dem Mikroskop sichtbar werden. Quelle: Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung

27.02.2009  - 

Biofilme bestehen aus Massen von Mikroorganismen – zum Beispiel Bakterien – die in eine dünne Schleimschicht (Film) eingebettet sind. Sie spielen in der Medizin eine bedeutende Rolle, denn vielfach sind Erreger innerhalb der Schleimschicht vor dem Zugriff des Immunsystems sowie der Wirkung von Antibiotika geschützt. Auch Karies entsteht in einem Biofilm auf den Zähnen: Diese Mikrobengemeinschaft ist eines der Untersuchungsobjekte, die ein interdisziplinärer Verbund aus verschiedenen Forschungseinrichtungen unter die Lupe nimmt. Erstmals wollen die Wissenschaftler aus Aachen, Magdeburg, Braunschweig diversen Biofilmen mit einer systembiologischen Betrachtung auf die Schliche kommen. Das Bundesministierum für Bildung und Forschung fördert das Projekt mit 1,9 Millionen Euro aus den Mitteln der Initiative "Medizinische Systembiologie" (MedSys).

Das Braunschweiger Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) koordiniert einen interdisziplinären Forschungsverbund, in dem erforscht werden soll, wie sich Biofilme bilden und wie sie sich verhindern lassen. Mit Karieserregern aus der Zahnplaque gehören die wohl schädlichsten Bewohner dieses Biofilms zu den Untersuchungsobjekten, erforscht werden sollen aber auch Ablagerungen, die bei Infektionskrankheiten auftreten.

Schon vorher haben sich Biologen mit Biofilmen beschäftigt, die Mitglieder des Verbunds rücken den Erregern aber nun erstmals mit einem systembiologischen Ansatz zu Leibe. Dabei wollen sie die Wirkungsmechanismen natürlicher Biofilm-Hemmstoffe untersuchen und deren Wirkung verbessern. „Mit diesem Ansatz verfolgen wir eine neue Strategie, um Karies- und Biofilmbildung zu vermeiden und Infektionskrankheiten, die in Kliniken heute ein zunehmendes Risiko darstellen, bereits im Keim zu ersticken“, sagt Irene Wagner-Döbler, Leiterin der Arbeitsgruppe Mikrobielle Kommunikation am HZI, die den Forschungsverbund zusammen mit dem Systembiologen An-Ping Zeng, TU Hamburg Harburg, koordiniert.

Medizinische Systembiologie

Von 2008 bis 2011 wird das BMBF voraussichtlich 18 Verbundvorhaben im Bereich der "Medizinischen Systembiologie" fördern. Insgesamt stehen 42 Millionen Euro bereit, um mit Hilfe fachübergreifender systembiologischer Ansätze komplexe Phänomene wie Alzheimer oder Biofilme zu erforschen.

Mehr Informationen beim Projektträger Jülich: hier klicken

Biofilme bestehen aus Massen von Mikroorganismen – zum Beispiel Bakterien – die in eine dünne Schleimschicht (Film) eingebettet sind. Sie spielen in der Medizin eine bedeutende Rolle, denn vielfach sind Erreger in der Schleimschicht vor dem Zugriff des Immunsystems sowie der Wirkung von Antibiotika geschützt. Wenn sich solche Biofilme an Kathetern, Implantaten und medizinischen Instrumenten festsetzen, entsteht eine Quelle für krankheitsauslösende Keime, die zu chronischen Infektionen bis hin zu einer tödlichen Blutvergiftung führen können.

Komplexe biologische Vorgänge am Rechner nachstellen

Die Systembiologie ist noch ein relativ junger Forschungszweig. Gemeinsam mit Mathematikern und Informatikern erstellen Biologen und Mediziner virtuelle Modelle am Rechner, um komplexe biologische Vorgänge in Zellen oder ganzen Organismen nachzustellen und vorherzusagen. Dabei werden etwa Stoffwechselvorgänge, die Interaktion von Eiweißen, Genen und anderen Biomolekülen in ihrem quantitativen Zusammenhang ganzheitlich betrachtet.

Mikroskopische Aufnahme eines lebenden Biofilms. Das Präparat zeigt einen Biofilm von der Oberfläche eines Stromatolithen aus dem alkalischen Salzsee Walker Lake (USA. Nevada). Der Biofilm (rosa gefärbt) wird von Cyanobakterien der Gattung Calothrix dominiert.Lightbox-Link
Mikroskopische Aufnahme eines lebenden Biofilms. Das Präparat zeigt einen Biofilm von der Oberfläche eines Stromatolithen aus dem alkalischen Salzsee Walker Lake (USA. Nevada). Der Biofilm (rosa gefärbt) wird von Cyanobakterien der Gattung Calothrix dominiert.Quelle: J. Reitner

Langfristig soll es den Wissenschaftlern dadurch mithilfe der Bioinformatik ermöglicht werden, bestimmte molekularbiologische Vorgänge in silico, also virtuell im Computermodell nachzuvollziehen und vorherzusagen. Dies verspricht nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht einen Fortschritt, sondern auch aus wirtschaftlicher Perspektive: Experimenten mit virtuellen Zellen könnten sowohl Zeit und Kosten sparen als auch die Zahl von Tierversuchen verringern.

Carolacton hemmt Karies auf natürlichem Wege

Im Verbundvorhaben wollen die Forscher nun als erstes die molekularen und stoffwechselphysiologischen Mechanismen untersuchen, mit denen der erst kürzlich entdeckte Biofilm-Hemmstoff Carolacton, das Stoffwechselprodukt eines Myxobakteriums, die Karies-Bildung hemmt. Später sollen die Studien auf andere medizinisch relevante Bakterien wie Streptokokken ausgeweitet werden. Ziel ist es, das Carolacton-Molekül in seiner Wirkung zu optimieren und an Implantate, Zahnfüllungen und andere in der Medizin verwendete Materialien zu koppeln, um eine Biofilm-Bildung zu verhindern und damit das Infektionsrisiko zu verringern. „Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit haben wir bessere Chancen, die Bildung von Karies und gefährlicher Infektionskrankheiten, wie sie heute im medizinischen Alltag in Kliniken zunehmend auftreten, zu bekämpfen“, sagt Zeng.

1,9 Millionen Euro aus den Mitteln für MedSys

In dem Verbund arbeiten neben Wissenschaftlern des HZI und der TUHH auch Forscher vom Universitätsklinikum Aachen, des Max-Planck-Instituts für komplexe technische Systeme in Magdeburg sowie der TU Braunschweig zusammen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert die Arbeiten im Rahmen der Initiative „Medizinische Systembiologie" (MedSys) mit einem Gesamtbetrag von 1,9 Millionen Euro.

MedSys versteht sich als Reaktion auf das zunehmend komplexer werdende Bild, das sich bei der Erforschung von neurodegenerativen Erkrankungen, multipler Sklerose, Krebs oder Diabetes einstellt. Allein durch Gen-, Eiweiß- und Stoffwechselanalysen sind derartig komplizierte Erkrankungen in ihrer Entstehung und in ihrem Verlauf nicht zufriedenstellend zu erfassen. Hierzu sind system-orientierte Ansätze erforderlich, die ein zusammenhängendes und besseres Bild der zugrundeliegenden Vorgänge ermöglichen.

Mehr Informationen

Die Systembiologie will ein Gesamtbild von den dynamischen Vorgängen des Lebens unter Einbeziehung sämtlicher Ebenen schaffen – vom Genom über das Proteom bis hin zur kompletten Zelle oder gar einem vollständigen Organismus. Das BMBF hat ein Informationsportal zur Systembiologie eingerichtet.

www.systembiologie.de

18 Projekte haben sich bis 2011 qualifiziert

MedSys will deshalb interdisziplinäre Verbundvorhaben fördern, in denen die Experten der klinischen Medizin, der Bioanalytik, Bioinformatik und der Mathematik zusammen an vielschichtigen Problemen arbeiten. Dabei kann es sich beispielsweise um die Vorhersage der Toxizität neuer Wirkstoffe, die Entwicklung neuer diagnostischer Marker unter Berücksichtigung der humanen Genomvariabilität oder um das tiefere Verständnis über die in genomweiten Assoziationsstudien entdeckten Krankheitsgene handeln.

MedSys ist im Jahr 2008 angelaufen. Die 18 Verbundvorhaben, die in die Initiative aufgenommen wurden, werden bis 2011 mit insgesamt 42 Millionen Euro gefördert. Dabei sieht sich "MedSys" in einer langen Tradition. Bereits frühzeitig hat das BMBF die Einführung des Forschungsansatzes der Systembiologie in die Lebenswissenschaften mit Fördermaßnahmen unterstützt. Beispiele sind die schon laufenden Initiativen HepatoSys, FORSYS, FORSYS-Partner und SysMO flankiert.

 

Förderbeispiele

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