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Falk Nimmerjahn: Süße Seiten von Antikörpern im Visier

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Falk Nimmerjahn ist Inhaber der Professur für Experimentelle Immunologie und Immuntherapie an der Uni Erlangen-Nürnberg. Quelle: privat

06.02.2009  - 

„Das Immunsystem ist unentbehrlich für das Überleben“, erklärt Falk Nimmerjahn. Es schützt uns Menschen vor Krankheitserregern und macht Übeltätern wie Bakterien, Viren, Pilzen und auch Parasiten den Garaus. Die tatkräftigen Helfer der Immunabwehr heißen Antikörper. Sie fahnden unermüdlich im Blut und Gewebe nach eingedrungenen Krankheitserregern und veranlassen ihre Zerstörung. „Katastrophale Folgen treten dann auf, wenn die Gesundheitspolizei körpereigene Zellen angreift und zerstört“, so der Professor für Experimentelle Immunologie und Immuntherapie an der Universität Erlangen. Die Folge: Autoimmunerkrankungen.



 

Antikörper sind von ihrer Struktur her Ypsilonförmige Eiweiße. Bislang haben die meisten Wissenschaftler dem Eiweiß-Rückgrat der Antikörper die größte Aufmerksamkeit geschenkt. Nimmerjahn interessiert sich nun für ihre süßen Seiten. „Die Zuckerseitenketten, die ebenso Bestandteil eines jeden Antikörpers sind, wurden bisher stiefmütterlich behandelt“, erklärt der 36jährige Professor. Exakt diese Zuckerreste, die bislang ein wissenschaftliches Schattendasein führten, nimmt der im oberfränkischen Kulmbach geborene Professor genau unter die Lupe. Mit großem Erfolg.

„Wir konnten erstmals zeigen, dass  bestimmte Zuckerreste eine wichtige Rolle bei Autoimmunerkrankungen spielen“, erklärt Nimmerjahn. Fehlen sie, dann entfalten körpereigene Antikörper ihr zerstörerisches Potenzial: Sie interagieren zum falschen Zeitpunkt mit einem – im Fachjargon als Fc-Rezeptor bezeichneten Molekül - und führen zu schweren Entzündungsreaktionen. Dieses molekulare Wechselspiel äußert sich letztendlich in Krankheiten wie dem Systemischen Lupus Erythematodes, Arthritis, Multiple Sklerose oder auch Rheuma.

Fehlende Zuckerketten als Ursache für Autoimmunkrankheiten

In gesunden Menschen hingegen sind diese Zuckerreste – vor allem Sialinsäure und Galaktose – in normalen Mengen vorhanden und unterdrücken die Entstehung von Autoimmunkrankheiten. Mit diesen  Forschungsergebnissen hat Nimmerjahn der Immunologie neue Türen geöffnet und wird dafür mit dem Paul-Ehrlich- und Ludwig Darmstädter-Nachwuchspreis 2009 ausgezeichnet. Der renommierte deutsche Forschungspreis ist mit 60.000 Euro dotiert.Gemeinsam mit seinen sieben Mitarbeitern ist Nimmerjahn nun bestrebt, die an der Maus erzielten Ergebnisse am Menschen zu verifizieren und für therapeutische Ansätze zu nutzen.

Stäbchenförmig dargestellte Zuckerseitenkette. Sie ist Teil eines jeden Antikörpermoleküls. Lightbox-Link
Stäbchenförmig dargestellte Zuckerseitenkette. Sie ist Teil eines jeden Antikörpermoleküls.Quelle: Falk Nimmerjahn / Peter Sondermann

„Ein großer Vorteil für meine derzeitigen Forschungsprojekte ist, dass ich ein Teil der medizinischen Fakultät bin“ erklärt Nimmerjahn. Die Forscher um Nimmerjahn untersuchen nun Blutproben von Patienten, die an Lupus und Arthritis erkrankt sind. „Wir schauen uns die Zuckerseitenketten vor- und nach Gabe von Medikamenten an“, erklärt der Immunologe. An Arthritis-Patienten hat sich seine Hypothese bereits bestätigt: Bei ihnen finden sich offenbar Antikörper mit wenig Sialinsäure. „Arzneimittel wiederum führen zur Wiederherstellung der intakten Zuckerseitenkette“, erklärt Nimmerjahn den aktuellen Stand seiner Forschung.

Neue Therapien für Autoimmunpatienten
Die Erkenntnisse der Erlanger Arbeitsgruppe werden zukünftig dafür genutzt, neue Möglichkeiten für die Therapie von Autoimmunkrankheiten zu entwickeln. Der seit 2007 durch das Bayerische Genomforschungsnetzwerk geförderte Wissenschaftler arbeitet eng mit verschiedenen Europäischen und Amerikanischen Forschergruppen zusammen, unter anderem mit der Gruppe um Professor Ravetch von der Rockefeller Universität in New York, an der Prof. Nimmerjahn eine Gastprofessur innehat. Gemeinsam möchten sie das komplexe Immunsystem genauer enträtseln, um wirksame Immuntherapien zu entwickeln.

„Das ist ein sehr kompliziertes Gebiet, da das Immunsystem nicht nur bei der Entstehung von Autoimmunerkrankungen eine Rolle spielt, sondern auch an der Entstehung von Krebs maßgeblich beteiligt ist,“ weiß der Experte. Nimmerjahns zukünftige Arbeiten fokussieren auch darauf, weitere Faktoren zu entschlüsseln, die an der Entstehung von Autoimmunkrankheiten beteiligt sind. „Wir möchten verstehen, welche Rolle die Genetik einnimmt und ob Umweltfaktoren, wie etwa die Infektion mit bestimmten Erregern, die Entstehung von Autoimmunkrankheiten beeinflussen“, erklärt der Professor.

 

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