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Gezielte Suche nach Erbgutfehlern in Krebszellen

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Die Grafik zeigt die Häufigkeit von Mutationen der untersuchten Gene in Relation zum Krebstyp, wie sie durch das entwickelte massenspektrometrische Verfahren gezeigt wird Quelle: Roman Thomas, Levi Garraway et.al.

21.02.2007  - 

Mit jährlich 400.000 neuen Fällen allein in Deutschland zählt Krebs zu den häufigsten Krankheiten der Welt. Seit Jahrzehnten versuchen Forscher den Ursachen der verschiedenen Krebsarten auf die Spur zu kommen und inzwischen gelten genetische Veränderungen in bestimmten Bereichen des Erbguts als ein wichtiges Erkennungsmerkmal. Welche Kombination dieser Onkogene oder welche einzelnen Mutationen im Einzelfall dann jedoch Auslöser der Krankheit sind, konnte bisher noch nicht eindeutig festgestellt werden – auch aufgrund mangelnder genauer diagnostischer Methoden. Roman Thomas von Max-Planck-Insitut für neurologische Forschung in Köln  hat nun gemeinsam mit Forschern vom Broad-Institut des Massachusetts Institute of Technology ein massenspektrometrisches Verfahren entwickelt, mit dem sich genetische Veränderungen für verschiedene Krebsarten feststellen lassen. Wie sie in Nature Genetics (Online-Ausgabe, 11.Februrar 2007) berichten, können damit erstmals eine Reihe von Mutationen in Tumorzellen schnell und sicher nachgewiesen werden, ohne auf kostspielige Genomsequenz-Methoden zurückgreifen zu müssen. Diese Erkenntnisse können langfristig die Entwicklung effektiver genetischer Krebsdiagnostika vorantreiben und damit nicht nur die Früherkennung verbessern, sondern auch den gezielteren Einsatz von Therapien ermöglichen.

Mittlerweile sind eine Reihe von Onkogenen bekannt, deren Mutation eng mit der Entstehung vieler Tumore verbunden ist, wie beispielsweise ErbB2 oder KIT. Trotz großer genetischer Mutationsscreenings – meist basierend auf großangelegten, teuren DNA-Sequenzierungen – konnten bisher jedoch kaum charakteristische Onkogen-Profile für bestimmte Krebsarten ermittelt werden, die die Diagnose und Behandlung von Krebspatienten erleichtern würden. Zu groß erschien bislang die Vielzahl  und Variabilität der Krebsarten, um genaue Aussagen über einen möglichen Zusammenhang zu treffen. Erschwerend kam hinzu, dass eine saubere Analyse individueller Patientenproben kaum möglich ist, weil sich hier gesunde und mutierte Zellen oft mischen.


Dieses Bild zeigt ein vollautomatisiertes DNA-Sequenzierungslabor.Lightbox-Link
Quelle: NIH, National Cancer Institute

Voll automatisiertes DNA-Sequenzierungslabor des Whitehead-Institute in Boston.
Quelle: NIH/ National Cancer Institute 



Eine kostengünstigere Alternative zu herkömmlichen DNA-Sequenzierungsmethoden, die sich zugleich als sensitiver herausstellte, hat nun der Kölner Wissenschaftler Roman Thomas am Max-Planck-Institut für neurologische Forschung gemeinsam mit amerikanischen Kollegen am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston entwickelt. Mit Hilfe eines massenspektrometrischen Verfahrens der Genotypisierung haben sie die Proben von 1000 Krebspatienten untersucht, die 17 verschiedene Krebsarten repräsentierten. Wie sie im Fachmagazin Nature Genetics (Online-Ausgabe, 11. Februar 2007) berichten, haben sie dabei 238 bekannte Mutationen von 17 Onkogenen verglichen und stellten fest, dass ca. 30% der Proben mindestens eine der untersuchten Mutationen trugen und 14 der 17 Onkogene mindestens einmal mutiert waren. Die Methode stellte sich zudem als so empfindlich heraus, dass die Wissenschaftler zusätzlich nicht nur bislang unbekannte Mutationen entdeckten, sondern auch  mehrere Erbgutveränderungen in derselben Probe nachweisen konnten. Bei den Proben eines Patienten, der am Weichteiltumor GIST leidet, fanden die Forscher beispielsweise gleich zwei Mutationen innerhalb des Onkogens KIT, von denen eine als Ursache für die Resistenz gegenüber dem Krebsmedikament Glivec identifiziert werden konnte. Tatsächlich wurde wegen dieser Mutation ein Versagen der Therapie bei diesem Patienten festgestellt.

Bessere Vorhersagemöglichkeiten sollen Krebstherapie verbessern

Aufgrund dieser positiven Resultate erhoffen sich die Max-Planck-Forscher nun langfristig bessere Diagnose- und Therapiemöglichkeiten für Krebspatienten.  „Umfassendere Mutationsanalysen können künftig vor Beginn der Tumorbehandlung individuelle Vorhersagen erlauben, auf welche Therapien ein Patient ansprechen wird“, hofft Roman Thomas, Erstautor der jetzt veröffentlichten Arbeit und Leiter einer Nachwuchsgruppe am Kölner MPI. Darüber hinaus können solche hochsensitiven Nachweismethoden langfristig die Entwicklung besserer Prognosemöglichkeiten vorantreiben, um zu erkennen, ob ein Patient an einer Krebserkrankung leidet oder nicht. Die jetzt durchgeführte Studie ist dabei eine Art Pilotprojekt, die das in den USA initiierte Forschungsprojekt „Cancer Genome Atlas“ vorbereiten helfen soll.

Diskussion um Krebsprognosetests: Welche Regeln sollen gelten?

Welche Schwierigkeiten genbasierte Krebsdiagnostika in der Anwendung haben, wurde jedoch erst jüngst am Beispiel eines Brustkrebs-Prognosetests der niederländischen Firma Agendia im Fachmagazin Science (Vol. 315, 15. Februar 2007) diskutiert. Dabei geht es vor allem darum, wie aufwändig eine Marktzulassung für solche Gentests sein muss. Während die Unternehmen und auch viele Patientenvertreter eine frühe Markteinführung aus Kostengründen für wesentlich erachten, fordern die Anwender in der Klinik einen sicheren Nachweis der tatsächlichen prognostischen Aussagekraft in klinischen Studien.

So ist in Europa eine Zulassung relativ einfach, weil lediglich eine CE-Zertifzierung für den entsprechenden DNA-Mikrochip nötig ist, die allerdings nur die technische Sicherheit und nicht den medizinischen Nutzen des Tests bescheinigt. Auf dieser Grundlage wird der Test der Niederländer bereits seit 2005 in Europa vertrieben. Nun hat ihn auch die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA zugelassen, allerdings erst, nachdem die Niederländer ihren Test mit den Ergebnissen von 300 Krebspatientinnen aus Europa validiert hatten und damit der zunehmenden Skepsis von Seiten der amerikanischen Ärzteschaft gegenüber der Flut an Prognosetests begegneten. Bislang bedurften diese Tests auch in Amerika  keiner Zulassung, sofern sie nur in dem Labor Verwendung fanden, indem sie auch entwickelt wurden – eine Regelung, die kaum zu kontrollieren ist. Aus diesem Grund hat die FDA nun einen Diskussionsprozess angestoßen, in dessen Rahmen  noch bis zum 5. März Stellungnahmen eingereicht werden können, welche Regeln künftig gelten sollen und welche Nachweise erforderlich sind. Die Probleme dabei sind auch ethischer Natur. „Wenn ich einem Patienten aufgrund eines schlechten Tests eine überlebenswichtige Therapie vorenthalte, dann ist das genauso schlecht als ob ich dem Patienten ein schlechtes Medikament gebe“, wird beispielsweise Daniel Hayes, ein Brustkrebsexperte an der Universität of Michigan in Science zitiert. Darüber hinaus ist unklar, wohin sich die Gendiagnostik-Möglichkeiten in der Krebsforschung überhaupt weiterentwickeln werden. So basieren viele mögliche Tests derzeit auf Faktoren, die einen Einfluss auf das Wachstum der Krebszellen haben, während viele neuere Studien auch anderen Genen eine Rolle zuschreiben, die bisher nur mit Entzündungskrankheiten in Beziehung gebracht wurden.

 

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